Bergheim. In der ZDF-Sendung von Markus Lanz vertritt Lehrerin Anne Deimel ihre Positionen. Die Kollegen der Grundschule Bergheim fiebern daheim mit.
Berufliches und Gewerkschaftliches hält sie immer strikt getrennt voneinander: Anne Deimel, die Leiterin der St.-Josef-Grundschule auf Bergheim ist auch stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung in NRW. Im Zweiten Deutschen Fernsehen hatte die Lehrerin jetzt bei Markus Lanz im Talk ihren großen Auftritt.
Sie konnte die aus VBE-Sicht wichtigen Botschaften in Sachen Grundschule darstellen. Fürsprache erhielt sie im Anschluss aus der ganzen Republik. Unsere Zeitung sprach mit ihr über den Weg ins Fernsehen und das, was für Schule weiter wichtig ist.
Leiterin der Grundschule Bergheim
Anne Deimel ist 53 Jahre alt und verheiratet.
Seit November 2017 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in Nordrhein-Westfalen mit Schwerpunkt Schul- und Bildungspolitik.
Anne Deimel leitet die städtische katholische Bekenntnisgrundschule St. Josef auf Bergheim.
Wie haben Sie es eigentlich in die Show von Markus Lanz geschafft?
Anne Deimel Die Einladung zum Talk bei Herrn Lanz ist über die Pressestelle des VBE gelaufen. Nach der Bertelsmann-Studie, die das Fehlen von deutlich mehr Lehrkräften als ursprünglich angenommen publiziert hatte, war das ein wichtiges Thema. Über eine Anfrage der Redaktion an den VBE bin ich von dort gefragt worden, ob ich das übernehmen wolle. Als VBE-Mitglied darf ich darüber sprechen, ansonsten achte ich auf strikte Trennung von schulischen und gewerkschaftspolitischen Themen.
Haben Sie sich auf den Auftritt speziell vorbereitet?
Von der Produktionsfirma der Sendung gab es klare Vorgaben bezüglich der Kleidung: Keine Karos und ein helles Oberteil, damit es auch freundlich aussieht. Ansonsten wurde ich vom Team gut begleitet, alles war vorbereitet. Eine Woche vorher war ich schon zum Vorgespräch in Hamburg und wurde dazu von der Redaktion begleitet. Was den Inhalt der Aussagen angeht: Ich lebe den VBE und seine Positionen. Da gibt es klare Beschlüsse und ein Zukunftsprogramm, hinter denen ich stehe. Zudem waren mir die anderen Teilnehmer des Gesprächskreises bekannt.
Wie ist der Auftritt im Fernsehen bei Ihnen persönlich angekommen?
In meiner Funktion beim VBE habe ich schon einige Interviews und Stellungnahmen im Deutschlandfunk oder der Lokalzeit gegeben. Bei Markus Lanz soll es 1,5 bis 2 Millionen Zuschauer geben, das ist schon eine andere Hausnummer. Zu Beginn war ich noch etwas nervös. Es ist aber ganz gut gelaufen, und ich habe viele Rückmeldungen zu meinem offensichtlich authentischen Auftritt bekommen. Trotz der Fragen in der Runde war es noch möglich, das Gespräch selber mitzugestalten. Ich hatte auch stets im Blick, welche Botschaften zum Thema ich aussenden wollte.
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Und – welches sind die zentralen Botschaften für Sie?
Generell geht es um die Bedeutung der Grundschule und ihre Schlüsselfunktion: Grundschule ist der einzige Zeitraum, wo alle Kinder aus der Gesellschaft zu uns kommen. Das bedeutet auch eine Riesenchance: Neben den fachlichen Dingen wird hier auch die Sozialkompetenz entwickelt. Kinder müssen lernen, zuhören zu können. Und es ist auch eine Bereicherung zu lernen, wie man Konflikte löst – ein wichtiger Beitrag für die Demokratie. Die Grundschule ist die Basis des Bildungssystems in Deutschland und wir brauchen gut ausgebildete Kinder und Jugendliche. Nach dem Klassenlehrer-Prinzip werden in dieser Schulform alle Kinder unterrichtet. Dafür sind gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer nötig.
Gut ausgebildete Lehrer – was ist Ihnen konkret wichtig?
Guten Unterricht muss man lernen, Lehrkräfte brauchen mehr als eine hohe Fachkompetenz. Für die Kinder ist es wichtig, dass sie ein gutes Gefühl bei ihrem Lehrer haben. Schließlich sollen sich die Kinder über die Grundschule hinweg zu starken Persönlichkeiten entwickeln. Wir brauchen die Seiteneinsteiger, für sie muss es aber eine Vorqualifizierung und eine dann begleitende Qualifizierung geben. Das bedeutet auch für die mit Studium ausgebildeten Lehrer mehr Arbeit und eine höhere Belastung. Grundschule kann nicht jeder! Wir müssen den Seiteneinsteigern passende Perspektiven aufzeigen.
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Welche Perspektiven gibt es aus der Sicht des VBE?
Die Situation an den Grundschulen ist schwierig: Es gibt viele Kinder und einen großen Lehrkräftemangel, das bedeutet wenig individuelle Förderung. Es geht darum die Ressourcen richtig zu verteilen, hinsichtlich der Finanzierung sind die Grundschulen derzeit das Schlusslicht unter allen Schulen. Wir müssen auch insgesamt den Lehrerberuf aufwerten, einheitliche Bezahlung aller Lehrkräfte sollte über das gleiche Einstiegsgehalt laufen. Wichtig ist auch die Wertschätzung des Berufs in der Gesellschaft. Zudem setzen wir uns für ein Zwei-Pädagogen-System in den Klassen ein, um der Verschiedenheit der Kinder auch gerecht werden zu können. Dazu müssen wir auch die sozialpädagogischen Fachkräfte aufstocken. Es muss mehr Studienplätze für das Grundschullehramt geben.
Gab es nach der Sendung noch irgendwelche Reaktionen?
Oh ja, ich habe Rückmeldungen wirklich aus ganz Deutschland bekommen. Viele haben sich die Mühe gemacht, die E-Mail-Adresse zu recherchieren und sich dann für die Offenheit zum Thema bedankt. Meine Familie hat mich noch in der Nacht direkt angerufen. Sehr gefreut habe ich mich, dass mein ehemaliger Schulrat Dieter Schwermer angerufen hat. Positive Rückmeldungen gab es zudem seitens der Bezirksregierung wie auch der Stadt. Mit den Kollegen meiner Schule gemeinsam konnte ich mich über den Erfolg freuen, alle waren neugierig und wollten alles erfahren. Als ich mir selber die Sendung angeschaut habe, habe ich mich sehr authentisch gefühlt.