Bergheim. Rechnen üben an Tablet und Co.: Die Grundschule Bergheim testet neue Medien im Unterricht. Hier zeigt sich, wie dringend der Digitalpakt ist.
Als Belohnung bunte Stempel am Pult der Lehrerin abholen, das war früher. Heute jubelt ein digitales Tierchen auf dem Bildschirm, wenn die Kinder der Grundschule Bergheim ihre Rechenaufgaben richtig gelöst haben. „Guck mal, ich hab das Schweinchen!“, ruft Mia und dreht das Tablet in ihrer Hand zu Sitznachbarin Lina.
Die Bergheimer Grundschule ist seit Neuestem Pilotschule. Hier soll Technik erprobt werden, die bei Bestehen des Tests in den kommenden Jahren auch Einzug in die Klassenräume der übrigen 17 Grundschulen im Arnsberger Stadtgebiet finden soll. Smart-TV, Beamer und Tablets gehören dazu.
Lehrerin hat Zugriff auf alle Geräte
Im jahrgangsübergreifenden Unterricht der ersten und zweiten Klasse nutzt Lehrerin Martina Kleinschmidt die Tablets, um den Schülern je nach Leistungsstand verschiedene Aufgaben zu geben. Sie nutzt verschiedene Apps für Mathe und Deutsch, lässt die Schüler für den Sachunterricht online recherchieren, Präsentationen vorbereiten und Filme drehen – zusätzlich zu den klassischen Unterrichtsmaterialien. „Durch die wechselnden Medien kommt eine ganz andere Motivation auf“, berichtet Kleinschmidt.
Prinzip heißt „Pädagogik vor Technik“
Der Rat der Stadt Arnsberg hat 2018 einen Medienentwicklungsplan für die Schulen verabschiedet.
Bis 2023 sollen die Schulen mit digitalen Medien ausgestattet und ans Glasfasernetz angeschlossen werden.
Die Ausstattung orientiert sich nach dem Motto „Pädagogik vor Technik“ am jeweiligen Medienkonzept einer Schule.
Und sie spare auch Zeit dadurch, dass sie auf einem zentralen Tablet sehen kann, welches Kind gerade an welcher Aufgabe arbeitet und welche Lösung eingegeben hat. Diese Zeit wiederum nutzt sie, um ihre Schüler individuell zu unterstützen.
Kinder lernen verantwortungsvollen Umgang mit Medien
Die Grundschule Bergheim will in Sachen digitaler Bildung gerne vorausgehen und arbeitet deshalb bereits freiwillig nach dem sogenannten Medienkompetenzrahmen, der künftig an allen nordrhein-westfälischen Schulen gelten soll. Darin ist festgelegt, zu welchen Bildungszielen die Medien eingesetzt werden sollen.
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Unter anderem geht es auch um die verantwortungsvolle und kritische Mediennutzung. Denn die Grundschüler sind im Umgang mit neuen Medien schnell fit, sollen aber auch über Datenschutz und Risiken im Internet Bescheid wissen. Kinder, die in ihrem Kinderzimmer ohne das Wissen eines Erwachsenen Youtube-Videos von sich ins Netz stellen – solche Fälle kennen die Pädagogen bereits. Deshalb wollen sie im Unterricht aufklären über die Nutzung von Medien, die in den Privathaushalten längst zum Alltag gehören.
Schulleiterin Anne Deimel betont aber auch deutlich: „Wir werden keine reine digitale Schule.“ Bücher, Stift und Papier, auch Fächer wie Kunst, Musik und Sport seien für die Lernentwicklung der Kinder aus neurowissenschaftlicher Sicht sehr wichtig. „Grundschüler brauchen das Gesamtpaket.“
Finanzielle Unterstützung für Projekt an der Grundschule Bergheim
Eine Herausforderung ist für die Schulen noch die Finanzierung der Technik und Software. Zusätzlich zur kontinuierlichen Unterstützung durch den Förderverein wird die Bergheimer Grundschule für das Medienprojekt mit 1400 Euro von der Bürgerstiftung und 1500 Euro von der Merz-Stiftung gefördert.
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Charlotte Merz ist vom Einsatz der digitalen Medien an der Grundschule in Bergheim überzeugt und fördert ihn daher gerne – sie kritisiert aber auch, dass es nicht Aufgabe der Schulleitungen sein dürfe, um Gelder für die nötige Ausstattung zu werben. Zeit und Kraft sollten stattdessen ganz in die pädagogische Arbeit fließen können, meint sie.
Zu diesem Zweck hat der Bund im vergangenen Jahr den sogenannten Digitalpakt verabschiedet. In der Stadtverwaltung wartet man nun auf die entsprechende Förderrichtlinie des Landes, die bestimmt, wie die Mittel auf die einzelnen Städte verteilt werden. „Wir hoffen, dass wir bis zum Ende des Jahres Klarheit haben und zu Beginn des neuen Jahres mit der Ausstattung der Schulen beginnen können“, sagt Esther von Kuczkowski vom Bildungsbüro der Stadt.