Hüsten. NRW-Gesundheitsministerium spricht von sechs Babys mit Hand-Fehlbildungen im Karolinenhospital Hüsten vom 1. Januar 2017 bis Ende August 2019.
Das Klinikum Hochsauerland revidierte gegenüber unserer Zeitung die auf Nachfrage gemachten Angaben zu den Zahlen der Fälle von Geburten von Kindern mit Fehlbildungen an Händen und Fingern in den Jahren 2018 und 2019. „Wir hatten einige Fälle“, sagt Dr. Peter Lütkes, Leiter des Medizincontrollings im Klinikum. Konkretere Angaben dürfe das Krankenhaus aus datenrechtlichen Gründen nicht machen, wenn die Fallzahl fünf oder weniger betrage.
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Das Gesundheitsministerium des Landes NRW nannte auf Nachfrage unserer Zeitung allerdings fünf Fälle sowie einen weiteren in 2017. Diese Zahlen wurden gerade erst bei einer aktuellen Abfrage in allen Kliniken erhoben. Vor einigen Tagen hatte das Klinikum Hochsauerland von null Fällen gesprochen, stellte nun aber fest, dass zwischenzeitlich eine erweiterte Auswertung unter Einbeziehung zusätzlicher Diagnosegruppen sowie einer Erweiterung des untersuchten Zeitraumes erstellt worden sei. Die ursprüngliche Antwort sei auf die Sicht der Geburtshilfe fokussiert gewesen.
Wenige Fehlbildungen registriert
„Auf dieser Basis können wir bestätigen, dass es im Karolinen-Hospital in Hüsten nach unserer Einschätzung keine auffällige Häufung von definierten Fehlbildungen gegeben hat“, teilt Sprecher Richard Bornkeßel mit. Nicht zutreffend sei jedoch, „dass es in dem gesamten untersuchten Zeitraum von mehreren Jahren überhaupt keine Fehlbildungen gegeben hat“. Im gesamten Auswertungszeitraum hätten auch im Karolinen-Hospital Hüsten „wenige Kinder das Licht der Welt erblickt, die von unterschiedlichen Fehlbildungen der oberen Extremität betroffen waren“.
Fehlbildungen
„Fehlbildungen aufgrund von Anlagestörungen sind naturgemäß nicht behandelbar“, sagt Dr. Norbert Peters, Chef der Geburtshilfe im Klinikum Hochsauerland.
Anders verhalte es sich beim sogenannten Amnionstrangsyndrom: aus bisher ungeklärter Ursache kommt es zu Einreißungen der inneren Eihaut und der Ausbildung von fibroseartigen Strängen, die dann zum Abschnüren und Absterben von Gliedmaßen führen können.
Solche Komplikationen sind sehr selten, können aber, wenn durch Ultraschall erkannt, mittels fetalchirurgischer Maßnahmen während der Schwangerschaft therapiert werden.
Die Erkennung solcher fetaler Disorganisationen ist abhängig vom Ausmaß der Fehlbildung (z.B. ganzer Arm, Hand oder einzelne Finger), von der Qualität des Ultraschallgerätes, von den Untersuchungsbedingungen (z.B. starkes Übergewicht) und von der Expertise des Untersuchers.
Das Gesundheitsministerium nennt konkret einen Fall in 2017, zwei in 2018 und drei im bisherigen Jahr 2019. „Diese waren jeweils individuell unterschiedlich ausgeprägt und reichten von unterschiedlichen Anlagestörungen bis zu chromosomal bedingten Fehlbildungen“. Eine über Maßen Besorgnis erregende Auffälligkeit sieht Dr. Peter Lütkes nicht. Im Zeitraum von Anfang 2017 bis zum Ende August 2019 wurden im Klinikum Hochsauerland 4175 Kinder geboren. „Rein statistisch ist zudem davon auszugehen, dass von 1000 Neugeborenen etwa ein bis zwei Kinder Fehlbildungen dieser Art aufweisen können“, so Dr. Lütkes, „wir gehen daher davon aus, dass es in Arnsberg keine über das zu erwartende Maß hinausgehende Häufung solcher Veränderungen gab und die hier aufgetretenen Veränderungen auf die normale Prävalenz für diese Fehlbildungen zurückzuführen sind“.
Klinikum entschuldigt sich
Dass in ersten Angaben gegenüber unserer Zeitung von null Fällen gesprochen wurde, hatte betroffene Eltern von Kindern, die mit Fehlbildungen im Karolinen-Hospital geboren wurden, irritiert. „Dies bitten wir zu entschuldigen“, teilt das Klinikum mit, nachdem es von unserer Zeitung damit konfrontiert worden ist. Sofort war das Klinikum um Aufklärung bemüht.
Unterschiede zwischen den Kliniken
Die vom Land NRW erhobenen Zahlen weisen Unterschiede zwischen den Kliniken auf, die auf Zufälle, aber vor allem auf Geburtenzahlen zurückzuführen seien. Fakt ist, dass kein Krankenhaus im Regierungsbezirk Arnsberg für den von der Bezirksregierung Arnsberg abgefragten Zeitraum wie das Klinikum Hochsauerland sechs Fälle (bei 4175 Geburten) - und davon drei gleich in 2019 bei bisher 1018 Geburten bis Ende August - vermelden musste.
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Das St. Marien-Krankenhaus Siegen zählte fünf Fälle bei 3113 Geburten, das Evangelische Krankenhaus Lippstadt drei Fälle bei 3626.