Arnsberg. . Die Arnsberger Grafen trugen im Mittelalter den Ehrentitel „Vorfechter zwischen Rhein und Weser für das heilige römische Reich“.

  • Schon hessischer Landesherr sucht nach Grafengruft
  • 1803 Blechkapsel mit drei menschlichen Schädeln gefunden
  • Forschung relativiert Brudermord

Erhärten sich die Indizien und es handelt sich tatsächlich um die Gruft des Klostergründers Heinrich I., wäre dies wahrlich eine Sensation. Denn die Arnsberger Grafen - letzter in der stolzen Reihe war der noch heute gefeierte Gottfried IV. - waren ein mächtiges Geschlecht und trugen den Ehrentitel „Vorfechter zwischen Rhein und Weser für das heilige römische Reich“.

Aus letzterem Grund war bereits 1803 nach Auflösung des Klosters im Zuge der Säkularisation schon einmal in Wedinghausen nach dem Grafengrab gesucht worden. Auf Weisung des neuen hessischen Landesherrn Ludewig X. von Hessen-Darmstadt.

Ludewig X. sucht das Grafenschwert

Unter dem Holzverbau im Vordergrund liegt mit großer Sicherheit wohl das Grab Heinrich I., Gründer des Klosters Wedinghausen. Im Hintergrund die Grafenkapelle.
Unter dem Holzverbau im Vordergrund liegt mit großer Sicherheit wohl das Grab Heinrich I., Gründer des Klosters Wedinghausen. Im Hintergrund die Grafenkapelle. © Wolfgang Becker

Der hoffte nämlich auf diesem Weg, das legendäre Schwert der „Vorfechter des heiligen römischen Reiches“ zu finden und sich so im mittelalterlichen Glanz der Arnsberger Grafen zu sonnen.

Entdeckt wurde jedoch nur eine ausgemauerte Grabstätte mit Verzierungen, keine belegte Gruft. Von einem Schwert aber keine Spur.

1803 Blechkapsel mit drei Schädeln entdeckt

Allerdings halten alte Aufzeichnungen die Aussagen von Grabungszeugen fest. Diese berichten darin, dass bei der Suche eine Blechkapsel mit drei menschlichen Schädeln zu Tage gefördert worden war.

Die Kapsel samt Schädel ruht heute in dem ebenfalls 1803 aus der Grafenkapelle in die Propsteikirche verlegten Hochgrab des Grafen Heinrich II. und dessen Ehefrau Ermengard.

Hochgrab wurde erst um 1330 errichtet

Die Grafenkapelle als kleiner Anbau zum Tal hin hatte Graf Konrad von Rietberg 1274 für seine Eltern, Graf Heinrich II. von Arnsberg und Gräfin Ermengard, gestiftet.

Deren Hochgrab wurde dagegen erst um 1330 angelegt. Auf diese Zeit deuten jedenfalls Typ und das für den Grabbau verwendet Material hin.

Endgültiger Platz an der Propstei-Nordwand

Das Hochgrab Heinrich II. und dessen Ehefrau Ermengardis wurde in den 1980er Jahren - damals noch an der Südseite der Propsteikirche - im Rahmen von Renovierungsarbeiten geöffnet. In dem leeren Grab ein beschädigter Sarkophag und die Blechkapsel mit den drei Schädeln.
Das Hochgrab Heinrich II. und dessen Ehefrau Ermengardis wurde in den 1980er Jahren - damals noch an der Südseite der Propsteikirche - im Rahmen von Renovierungsarbeiten geöffnet. In dem leeren Grab ein beschädigter Sarkophag und die Blechkapsel mit den drei Schädeln. © Wolfgang Becker

Das Hochgrab wurde dann im Lauf der Jahre in der Klosterkirche immer wieder an andere Standorte verlegt, bis es schließlich seinen endgültigen Platz an der vorderen Nordwand der Propsteikirche fand.

Darüber befindet sich auch die Grabplatte der Gruft von Heinrich II. und dessen Ehefrau, die bei Wegnahme des Hochgrabs aus der Grafenkapelle entdeckt worden war.

Heinrich I. stiftet Kloster aus Sühnegründen

Aber zu Heinrich I.: Der Arnsberger Graf hatte 1170/73 aus Sühne in Wedinghausen ein Kloster gestiftet und den Abt von Marienweerd bei Utrecht gebeten, Prämonstratenser-Mönche nach Arnsberg zu senden.

Grund für die Sühne war der Tod seines jüngeren Bruders Friedrich. Diesen hatte Heinrich I. wegen eines Erbstreits kurzerhand eingekerkert, um so von diesem Zugeständnisse zu erzwingen. Doch Friedrich verstarb 1165 während der Gefangenschaft.

Nach „Brudermord“ die Arnsberger Burg zerstört

Dieser „Brudermord“, eine selbst im brutalen Mittelalter unvorstellbare Freveltat, ließ Heinrich „den Löwen“, den Bischof von Köln sowie der Arnsberger Grafschaft benachbarte Bischöfe die Burg Arnsberg belagern und zerstören. Doch Heinrich I. konnte entkommen. Er schaffte es aber, seine Herrschaft zu behaupten.

Heinrich I. trägt seit dem Tod des jüngeren Bruders Friedrich bis heute den wenig schönen Beinamen „Brudermörder“. Obwohl er diesen nicht mit eigener Hand umgebracht oder hat verhungern lassen.

Neuere Forschung relativiert den „Brudermord“

Vielmehr geht die heutige Forschung davon aus, dass der Bruder an den Folgen einer Erkrankung bzw. der Haft verstorben ist. Auch ein Selbstmord kann nicht ausgeschlossen werden. Die Quellenlage dazu jedenfalls ist äußerst dürftig.

Gleichwohl: Ohne dessen Tod in Heinrichs Kerker würde es das Kloster Wedinghausen wohl nie gegeben haben.

Heinrich I. setzt seine gewalttätige Politik fort

Ende mit Gottfried IV.

Die Grafschaft Arnsberg entstand im 11. Jahrhundert durch Übersiedlung der Grafen von Werl nach Arnsberg.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Werler ihren Herrschaftsbereich, der zeitweise von der Nordsee bis zum Sauerland reichte, weitgehend verloren.

Auch als der Schwerpunkt der Grafschaft nach Arnsberg verlagert wurde, war Territorium von der Bedrohung benachbarter starker Territorien (u. a. Grafschaft Mark, Erzbistum Köln) gekennzeichnet.

Mit dem Tod des kinderlosen Graf Gottfried IV. 1371 starben die Arnsberger Grafen aus.

An der gewalttätigen Politik Heinrichs änderte übrigens der Tod des Bruders und die damit verbundenen politische Folgen zunächst wenig:

1172 ließ Graf Heinrich I. kurzerhand seinen für ihn aufmüpfigen Schwiegersohn gefangen nehmen, weil dieser Ansprüche erhob.

Erst nachdem der Schwiegersohn versprochen hatte, außer der Mitgift nichts mehr zu fordern, kam er frei.

Graf stirbt am 4. Juni 1200 im Kloster Wedinghausen

Für diesen übersteigerten Machtanspruch spricht auch, dass sich Heinrich in einer Urkunde von 1175 als „von Gottes Gnaden Graf zu Arnsberg“ bezeichnete. Allerdings ein in dieser Zeit nicht ganz unübliches, wohl der Eitelkeit geschuldetes Verfahren.

Später trat Heinrich als Laienbruder in das Kloster Wedinghausen ein und er verstarb dort am 4. Juni 1200.