Hochsauerland. . Die Pesa-Züge mussten im HSK von der Schiene genommen werden. Der Fahrgastverband ist genervt. Bei der Bahn regiert das Prinzip Hoffnung.
Bei den Dampflokomotiven sorgte damals Dampf für Druck im Kessel. Ordentlich unter Dampf dürfte vermutlich zurzeit auch die Deutsche Bahn stehen. Die seit langem angekündigten neuen Pesa-Züge, die seit Ende März auch im HSK gefahren sind, mussten jetzt erstmal wieder von der Schiene genommen wurden. Der Grund: Zugausfälle durch technische Probleme und damit verbunden Verspätungen auf den heimischen Linien. Ist zeitlicher Druck aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen der Grund für die Pannenserie?
Zwei Arten von Pesa-Zügen im Sauerland unterwegs
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„Man muss generell zwischen zwei Arten unterscheiden. Es gibt die kleineren Zweiteiler, die z.B. im Hönnetal verkehren und seit Herbst problemlos laufen. Und dann gibt es die größeren, die Dreiteiler, die z.B. auf der Strecke Dortmund – Winterberg unterwegs sind. Und mit denen gibt es die Schwierigkeiten“, erklärt Uli Beele, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). 50 dieser neuen Züge habe die DB angeschafft, 26 kleine und 24 große.
Die Bahn erklärt das Gegenteil: „Auch bei den zweiteiligen Zügen haben wir Probleme“, sagt ein Bahnsprecher. Im Hönnetal machen die Pesa-Link-Züge schon seit der Einführung im Herbst Probleme. Auch dort scheitert häufig das Kuppeln und Entkuppeln der Wagen. Das Software-Problem tritt allerdings etwas seltener auf, weil es bei den kürzeren Einheiten nur eine statt zwei Verbindungen gibt.
Gewährleistungsansprüche beim Hersteller
Die Bahn mache jetzt erstmal die Gewährleistungsansprüche beim Hersteller geltend und er hoffe, dass es sich – wie schon häufiger bei Neufahrzeugen – um behebbare Kinderkrankheiten handle, so Beele.
Das sagt die Bahn zur NWL-Kritik
Die Deutsche Bahn erklärt: „Als Betreiber des Sauerland-Netzes sind wir uns unserer Verantwortung gegenüber unseren Fahrgästen und unseres Bestellers bewusst und arbeiten mit Hochdruck daran, den von uns geforderten hohen Qualitätsstandard in vollem Umfang auf die Schiene zu bringen. Als zuverlässiger Vertragspartner stehen wir dazu im offenen und konstruktiven Austausch mit dem NWL. Seitens PESA erwarten wir die schnellstmögliche und dauerhafte Behebung bestehender technische Probleme. Als Auftraggeber des Fahrzeugherstellers begleiten und unterstützen wir auch diesen Prozess in enger Abstimmung. Bis wir diesen Zustand hergestellt haben setzen wir neben PESA- auch Altfahrzeuge ein und entschuldigen uns bei unseren Fahrgästen für die Komforteinschränkungen.“
Die Bahn habe seiner Einschätzung nach unter großem Zeitdruck gestanden. Das ganze Projekt hinkte zwei Jahre hinterher, die Bahn habe sich verpflichtet, die Einführung der neuen Züge definitiv bis Ende März 2019 einzuhalten. Beele: „Sonst wäre der Vertrag geplatzt.“ Dieser Zeitdruck sei vermutlich auch an den Hersteller weitergegeben worden. Sind denn die Züge nicht 1:1 auf Strecke getestet worden? „Eigentlich schon, aber ich vermute – und es ist nur eine Vermutung – dass aufgrund des Druckes vielleicht beim Eisenbahnbundesamt nicht ganz so gründlich getestet worden ist“, so Beele.
Pro Bahn: Das Schlimmste, was eintreten konnte
Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“ NRW, spricht von einer „Pleiten, Pech und Pannen“-Serie. „Das was jetzt eingetreten ist, dass Züge stehen bleiben und Fahrgäste sehen müssen, wie sie weiterkommen, ist das Schlimmste, was eintreten konnte.“ Die Dieselproblematik und die Sichtweise „Diesel als Auslaufmodell“ habe dazu geführt, dass die Bahn die Pesa-Verträge abgeschlossen habe, ohne eine Null-Nummer der Modelle gesehen zu haben. Einige große Hersteller hätten sich schon ganz von Diesel verabschiedet. „Dass die Bahn daher wieder auf die alten Fahrzeuge zurückgreift, scheint mir die einzige vertretbare Lösung zu ein.“
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Andere Antriebsmöglichkeiten als Diesel scheinen für das Sauerland nicht ganz unproblematisch zu sein. „Beele: Das liegt daran, dass es dort keine durchgehenden Oberleitungen gibt.“ Für die jetzt angeschafften Züge rechnet er mit einer Laufzeit von auf jeden Fall bis Mitte der 20er Jahre. „Selbst wenn der Vertrag mit der Bahn noch komplett platzen würde“, wovon Beele nicht ausgeht, müsse sehr genau überlegt werden, welchen alternativen Antriebsmöglichkeiten es für das Sauerland gibt.
Gemischter Betrieb von Pesa- und Zügen älterer Bauart
Ein Sprecher der Bahn betont unterdessen, dass die Pesa-Fahrzeuge neuesten Standards und allen geltenden Normen und verkehrsvertraglichen Anforderungen entsprechen. Der Hersteller arbeite mit Hochdruck und in enger Abstimmung mit DB Regio daran, „eine dauerhafte und störungsfreie Zuverlässigkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten“. Durch den bedarfsweisen Einsatz von Ersatzfahrzeugen werde ein gemischter Betrieb von Pesa- und Zügen älterer Bauart auch in nächster Zeit unvermeidbar sein. Auf diese Weise erfülle die DB Regio den geltenden Fahrplan mit den vorgegebenen Kapazitäten bis die aktuell auftretenden Störungen vollständig behoben seien.
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