Korbach. . Drei Frauen hatten sich in einem Haus am Edersee verabredet, um sich gemeinsam das Leben zu nehmen. Es sieht so aus, als hätten sie sich erst kurz vorher in einem Forum im Internet kennengelernt. Es wäre nicht das erste online vereinbarte Todes-Rendezvous, aber Experten sehen auch kein neues Phänomen der Internet-Zeit.
Sie hatten sich verabredet, als hätten sie ein schönes Wochenende in einem Haus am See im Sinn. Doch geplant war ganz anderes: Drei Frauen, die offenbar erst kurz zuvor im Internet in Kontakt gekommen waren, haben sich in einer Blockhütte am Edersee gemeinsam das Leben genommen. Um niemand anderen zu gefährden, brachten sie an der Badezimmer-Tür sogar noch einen Hinweis an, der vor ausströmendem Kohlenmonoxid warnte.
Ihre Mietzeit war abgelaufen
Es ist später Mittwochnachmittag, als sich der Betreiber des Campingplatzes im nordhessischen Vöhl-Herzhausen aufmacht, nach den drei Frauen zu sehen. Ihre Mietzeit ist längst abgelaufen, verabschiedet jedoch haben sie sich nicht. Die Warnung, die er dann an der Tür in der Hütte entdeckt, lässt Furchtbares erahnen. Wenig später dringen Feuerwehrmänner mit Atemschutz in das Badezimmer ein, finden die leblosen Körper.
„Die Frauen haben seitenlange Abschiedsbriefe hinterlassen, die eindeutig für Selbstmord sprechen. Trotzdem untersuchen wir die Umstände, denn theoretisch ist es natürlich möglich, dass eine der Frauen zum Selbstmord genötigt wurde“, sagt Volker König, Sprecher der Korbacher Polizei.
In sozialem Netzwerk kennengelernt
Es gebe Hinweise darauf, dass sich die Frauen, eine 49-Jährige aus Frankfurt/Oder, eine 44-Jährige aus Kassel und eine 23-Jährige aus Potsdam kurz zuvor in einem sozialen Netzwerk im Internet kennengelernt haben. Nähere Angaben wollte der Polizeisprecher dazu nicht machen, nur so viel: Es gebe im Netz zahlreiche Foren, in denen man sich sogar Anleitungen zum Suizid holen könne.
Das erste im Netz verabredete Todes-Rendezvous wurde zur Jahrtausendwende bekannt, als sich Daniel, ein 24-jähriger norwegischer Computer-Freak, mit der 17-jährigen Eva, einer Österreicherin, traf, um mit ihr in Norwegen von einer Klippe in den Abgrund zu springen. Doch die damals befürchtete Welle von Suiziden blieb glücklicherweise aus. Auch in Deutschland liegt die Selbstmordrate heute bei unter 10.000 pro Jahr, niedriger als noch vor Jahren. „Tatsächlich hat es durch das Internet keine Zunahme von Suiziden gegeben. Die Foren im Internet bieten vielmehr auch die Chance, in der Anonymität über Probleme zu sprechen, Druck abzulassen“, sagt Michael Witte, der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.
Das Lied vom traurigen Sonntag
Verabredungen zum Selbstmord seien kein Phänomen des Internet-Zeitalters. „Schon der Dramatiker Heinrich von Kleist und Henriette Vogel planten 1811 ihren gemeinsamen Tod“, erklärt Witte. Auch Wellen von Selbstmorden hat es bereits in früheren Jahrhunderten gegeben. So sprechen Psychologen vom Werther-Effekt, weil es 1774, nach dem Erscheinen von Goethes „Die Leiden des jungen Werther“, viele Suizide gegeben haben soll.
Ähnlich wie Goethes Roman versetzte 1933 auch das „Lied vom traurigen Sonntag“ des ungarischen Pianisten Rezso Seress in solch melancholische Stimmung, dass europaweit Menschen ihrem Leben ein Ende setzten.
Im Fall der drei Frauen vom Edersee schließt die Polizei übrigens jeden esotherischen Hintergrund aus, sie seien wohl „psychisch krank“ gewesen.