Dortmund/Winterberg/Unna/Brilon/Arnsberg. Beim überraschenden BVB-Sieg in der Champions League gegen den Málaga FC gab es nicht nur auf spanischer Seite Fan-Pech. Auch BVB-Anhänger ärgerten sich nach dem Spiel schwarz. Weil sie die entscheidenden Tore nicht mehr mitbekommen haben. Busfahrer Hilmi Gashi aus dem Sauerland, zum Beispiel, gehört dazu.

Zwei Tore in 69 Sekunden. Zwei Tore für das Borussen-Herz. Zwei Tore, die Busfahrer Hilmi Gashi nicht mehr mitbekommen hat. In der 82. Minute hatte der Winterberger seinen Sitzplatz in der Dortmunder Arena verlassen. Nach dem Treffer zum 2:1 für den Málaga FC. „Ich war nervlich am Ende“, sagt der 34-Jährige am Tag danach. „Ich habe noch nie eine Entscheidung so bereut.“

Gashi fährt Mitglieder des Borussia-Dortmund-Fanclubs „BVB HSK Fans“ zu jedem Heimspiel. Am Dienstagabend nahm der Busfahrer im Block 37 Platz. 20 Minuten vor Schluss wechselte er auf die nahe Südtribüne, auf der er noch freie Plätze erspäht hatte. „Ich wollte ganz nah dran sein“, sagt er. Mitten unter den treuen Fans. Dort, wo die Helden der Nachspielzeit und „vor allem Jürgen Klopp“ nach dem Schlusspfiff Rambazamba machten. Hilmi Gashi hätte es live und in Farbe aus nächster Nähe miterlebt. Wenn da nicht die 82. Minute gewesen wäre.

Siegtreffer ganz allein im Bus vor dem Stadion bejubelt

Am Bus angekommen, hatte der 34-Jährige das Radio angeschaltet. Pünktlich zum 2:2-Ausgleich. Den Siegtreffer bejubelte der Winterberger ganz für sich allein. Im Bus, in dem er nicht miterleben konnte, „wie das Stadion brannte“.

„Schade“, sagt Gashi. „Und doch: Es war ein großes Erlebnis. Champions League ist schon etwas anderes als Bundesliga.“ Die Jubelgesänge im Bus wird er nicht so schnell vergessen. Um 23.10 Uhr startete er den Bus der Firma Rettler in Richtung Hochsauerland, über Velmede, Brilon und Olsberg kamen die letzten der freudetrunkenen Fußball-Festgesellschaft um kurz vor 2 Uhr in Winterberg an. Um 6 Uhr klingelte bereits der ­Wecker für den Landschaftsgärtner und Busfahrer.

Theo Busch wurde bereits um halb 6 aus den schönsten schwarz-gelben Träumen gerissen. Der Zusteller bei der Deutschen Post, Vorsitzender des Fanclubs „BVB HSK Fans“, war gegen halb 3 daheim in Altenfeld und hat sich noch schnell die Tore im Fernsehen angeschaut („ich habe mir das Spiel aufnehmen lassen“). In der Nachspielzeit war der 56-Jährige mit Sitzplatz auf der Osttribüne dem „Herzkasper ziemlich nahe“, erzählt er.

Die entscheidenden Tore verpasst, um den Zug zu erwischen 

Eine Bemerkung, die man bei aller Freude durchaus ernst nehmen muss. Am 30. März 2012, so erzählt er, hat er eine Stunde bei Sanitätern im Dortmunder Stadion verbracht - sein Kreislauf war beim 4:4 gegen den VfB Stuttgart zusammengebrochen. „Auch so ein Nervenspiel“, sagt er. Am Dienstagabend ging alles gut. Busch wird die Szenen nach dem Schlusspfiff nicht vergessen: „Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen. Es sind viele Tränen vor Glück geflossen.“

Davon bekam der 48-Jährige Fußball-Fan nichts mit, der das Spiel in einer Kneipe in Unna verfolgt hatte. Bis zur 87. Minute. Weil sein Zug ins Münsterland abends nur jede Stunde fährt, hatte er sich zum Bahnhof aufgemacht. Der Zug hatte Verspätung, beim Warten hörte er ein hupendes Auto. Ein einziges. „Darin müssen Spanier sitzen“, dachte er und traute am nächsten Morgen seinen Augen nicht: Die Zeitung berichtete vom Triumph in allerletzter Sekunde. Augenblicke, die man nie vergisst. Julia Bexten hat dies auf der Facebook-Seite unserer Redaktion Arnsberg so formuliert: „Dieser Moment gehört einzig und alleine den wahren Fans, die bis zur letzten Minute an ihre Mannschaft glauben und sie unterstützen.“

Fans feiern BVB-Sieg

Alexander Feruga erlebte am Mittwochmorgen eine Überraschung: Sein Sohn hatte den Frühstückstisch schwarz-gelb gedeckt.
Alexander Feruga erlebte am Mittwochmorgen eine Überraschung: Sein Sohn hatte den Frühstückstisch schwarz-gelb gedeckt. © Scoopshot / Alexander Feruga
Viele Fans kamen im Trikot zur Arbeit.
Viele Fans kamen im Trikot zur Arbeit. © Scoopshot / Falk Nerwitzki
Auch Stromberg feierte mit.
Auch Stromberg feierte mit. © Scoopshot / Matthias Roßkamp
Bäckereien verzierten zur Feier des Tages ihre Leckereien.
Bäckereien verzierten zur Feier des Tages ihre Leckereien. © Scoopshot / Christopher Hardt
Ob der Hund auch BVB- oder nur Wurst-Fan ist?
Ob der Hund auch BVB- oder nur Wurst-Fan ist? © Scoopshot
"Wir feiern den Sieg standesgemäß mit einer BVB-Banane", schreibt Scoopshooter Exilius. "Wie man gestern gesehen hat macht Malaga-Eis langsam und unsportlich." © Scoopshot / EXILIUS
Walter B. hat sogar eine Collage gebastelt.
Walter B. hat sogar eine Collage gebastelt. © Scoopshot / Walter B.
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Ob der WDR2-Musikredakteur auch ein wahrer Fan ist? Den Eindruck erhielt ein Briloner, der beim Radeln auf dem Heimtrainer Radio hörte. Nachdem Reporterin Sabine Töpperwien nach dem 1:2 vom „Abgrund“ sprach, wurde der Hit „Pflaster“ von „Ich und ich“ aufgelegt. Darin heißt es: „Ich hatte schon längst keine Hoffnung mehr. Doch jemand hat dich geschickt, von irgendwo her. Du hast mich gefunden, in der letzten Sekunde.“ - In der Nachspielzeit. In der Hilmi Gashi ganz allein in seinem Bus saß. Er hat seine Lehren gezogen: „In Zukunft werde ich immer bis zum Schluss bleiben. Auch wenn eine Stunde nachgespielt wird.“