Brilon.
„Ladies und Gentlemen, Eure Lordschaft! Erlauben Sie mir, meiner Hochachtung und überschwänglichen Freude in aller Form Ausdruck zu verleihen: Was die Theatergruppe ,Maulaffenfeil’ auf der Bühne präsentiert hat, verdient den königlichen Ritterschlag Ihrer Majestät!“ So oder ähnlich müsste es klingen, wollte man very britische Worte aus dem neuesten Theaterstück der Briloner Laienspielschar wählen. Oder kurz gesagt: „Der weiße Wolfgang vom Rösslsee“ ist ein absoluter Brüller!
So viel vorweg: Die Zuschauer der ersten beiden (von insgesamt fünf ausverkauften) Aufführungen wissen nun endlich, was der Schotte unter dem Rock trägt. Insofern erfüllt die von Stefan Scharfenbaum und Matthias Kappe geschriebene Krimi-Komödie sogar noch einen gewissen Bildungsauftrag. Aber mal ganz im Ernst: Das fast dreistündige Stück ist gut gemachter Klamauk, der mit viel Liebe und technischer Raffinesse intelligent in Szene gesetzt wurde.
„Uns plagen große Sorgen, deshalb bitten wir sie, uns zu ermorden – aber bitte Flecken auf den Teppichen vermeiden“. So heuern Lord Poldebird von Pommeroy und seine Gemahlin Lady Petunia per Chiffre einen Killer an. Sie haben allen Grund dazu. Jahrelang hatte die Herstellung elektrischer Stühle den beiden ein gutes Auskommen gesichert: Der Elektromat 2000 – blitzschnell im Aufbau und ruck, zuck im Abgang - war in good old England ein Renner. Doch weil ein gewisser R. Loos von der BBL (British Burger List) die Hinrichtung per Elektrostuhl verhindern will, droht den beiden der Ruin. Der Freitod per Auftragsmord scheint der einzige Ausweg zu sein. Doch just als der Killer bestellt ist, beschert Nichte Miss Mini Pony einen unerwarteten Geldsegen. Aber kann man eine Killerbuchung stornieren?
Die Story ist eher nebensächlich. Die ganze Geschichte steht und fällt mit den völlig überzeichneten Figuren, Wortspielereien, Anlehnungen an die guten alten schwarz-weiß Krimis der 60-er Jahre, Lokalkolorit und mit starken Dialogen („Was meinen Sie, ob wir My Ladys Cellulitis bei der Versicherung als kapitalen Hagelschaden melden können?“ oder „Darling, habe ich zu wenig Busen in dem Kleid? Nö, zwei Stück sind schon o.k.!“).
Krimi-Klamauk
Der Lord Poldebird ist eine Paraderolle für Komiktalent Matthias Kappe, der stark an Loriots Opa Hoppenstedt erinnert. Martina Papenbrock gibt eine herrlich schräge englische Lady, an der so mancher Edgar-Wallace-Regisseur seine Freude gehabt hätte. Apropos schräg: Regisseur, Mit-Autor und Schauspieler Stefan Scharfenbaum ist der „Schief-Insektor“ John Marple. Lieber Schief Inspektor, das Publikum zieht bei soviel Schirm, Charme und Melone vor Hochachtung den Hut! Wenn auch einen undankbaren Job bei den Lords, dafür aber eine dankbare Rolle hat Bernd Becker als schwarzer Butler „Ritt-Schatt“. Prima gemacht! Ebenso gefallen Reinhard Becker als vermeintlicher Killer „Harry Schmierläpp“ und seine Freundin Miss Mini Pony (Melanie Hentschel) sowie Christiane Stumpe in der kleinen Rolle der Grandma Hoppentown.
Nicht live auf der Bühne, aber trotzdem dabei sind Bürgermeister Franz Schrewe, Schützenmajor Hans-Werner Beule, Propst Dr. Reinhard Richter und Küchenchef Andreas Piorek. Durch einen genialen technischen Trick fungieren die Vier als Erzähler, die via Film-Einspieler von der Großbildleinwand ins Geschehen eingreifen. Überhaupt gebührt Christoph Kappe und Florian Schreckenberg ein dickes Lob. Sie haben die Einspieler gedreht und sind auch für die herrlichen Außenaufnahmen im Stil von „Väter der Klamotte“ verantwortlich. U.a. begleiten sie die Lords im alten Ford auf ihrem Weg zur Tischlerei Schladoth und zu Stein Krämer. Sarg und Grabstein wollen schließlich vor dem Killer ausgesucht werden.
Ach ja, die Sache mit dem Schottenrock müssen wir noch klären. Schotte Matthias trägt Tigerbuxe unten drunter. Schräg!