Hochsauerlandkreis. Der Trinkwasser-Pro-Kopf-Verbrauch im Hochsauerland ist höchst unterschiedlich. Es gibt aber eine Stadt am Rande Sauerlands, die alles toppt.

Hahn aufdrehen, Dusche läuft – Wasser ist in unseren Breitengraden immer verfügbar und eine Selbstverständlichkeit. Selbst in trockenen Sommermonaten gab es noch keine wirklichen Engpässe. Dennoch sollte jeder von uns sparsam mit dem kostbaren Gut umgehen. Die Pro-Kopf-Verbräuche fallen in den sechs Altkreis-Kommunen durchaus unterschiedlich hoch aus. Die Spanne liegt zwischen 152 und 96 Litern. Und vor allem touristisch geprägte Regionen haben einen höheren Verbrauch als andere.

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Die Obere Wasserbehörde des Regierungspräsidiums Kassel hat unlängst eine Bilanz für 2022 veröffentlicht. Demnach wurde in der Touristen-Hochburg Willingen (1,04 Mio. Übernachtungen pro Jahr) mit 256 Litern am Tag das mit großem Abstand meiste Wasser pro Einwohnerin und Einwohner verbraucht. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Wasserverbrauch lag in Nord-Ost-Hessen bei 120 Litern pro Tag (2021: 115 Liter). Zu beachten ist hierbei allerdings, so die Behörde, dass beim Pro-Kopf-Verbrauch statistisch der Gesamtbedarf der Kommune auf die dort lebenden Einwohnerinnen und Einwohner umgelegt wurde. Dabei wurden z.B. Berufspendlerinnen, Schüler und Touristinnen bei der Einwohnerzahl nicht erfasst. Das rückt die 256 Liter allerdings in ein ganz anderes Licht. Dennoch: Auch regional gab es beim Pro-Kopf-Verbrauch Abweichungen: Im Landkreis Waldeck-Frankenberg war er mit 129 Litern am höchsten, in der Stadt Kassel mit 89 Litern am niedrigsten.

Stadt Winterberg tut sich schwer

Die Stadt Winterberg tut sich schwer, eine Zahl für den Pro-Kopf-Verbrauch zu nennen. Denn auch in der Urlauber-Region Winterberg mit 1,2 Millionen Übernachtungen und etwa 1,9 Millionen Tagesgästen wird sicherlich häufiger am Wasserhahn gedreht als anderswo. „Die Berechnung ist sehr differenziert zu betrachten und absolut nicht wissenschaftlich. Wir haben keine Betriebe herausgerechnet, aber dafür die Zweitwohnungsbesitzer in die Zahl der Einwohner mit eingerechnet und kommen dann auf etwa 152 Liter pro Einwohner und Tag“, so die Sprecherin der Stadt, Rabea Kappen.

1,2 Milliarde Kubik Trinkwasser für NRW

Für die öffentliche Wasserversorgung in NRW werden jährlich circa 1,2 Milliarde Kubikmeter Trinkwasser gewonnen. Der überwiegende Teil davon, rund 1,07 Milliarde, wird privaten Haushalten, kommunalen Einrichtungen, Kleingewerbe (z.B. Bäckereien, Metzgereien, Arztpraxen) und sonstigen gewerblichen Unternehmungen bereitgestellt. Ein Blick nach Brilon: Dort ist die Schmala-Talsperre bei Brilon-Wald mit einem Fassungsvermögen von 0,109 Millionen Kubik eine der Hauptwasserquellen. Der Stausee erstreckt sich über eine Länge von 400 Metern und ist 80 Meter breit.

In NRW sind 98,7 Prozent der Bevölkerung an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Landesweit, so eine Statistik von IT NRW, wurden 2019 im Schnitt 138,4 Liter pro Kopf verbraucht, der Hochsauerlandkreis liegt mit 137,2 Litern im Durchschnitt. Der Kreis Olpe kommt nur auf 121,6 Liter, Dortmund auf 145.

Der Begriff „Trinkwasser“ umfasst alles Wasser, das zum Trinken, zum Kochen, zur Zubereitung von Speisen und Getränken oder zu folgenden anderen häuslichen Zwecken bestimmt ist: Körperpflege und -reinigung, Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln
in Berührung kommen, Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen.

Trinkwasser ist auch alles Wasser, das in einem Lebensmittelbetrieb verwendet wird für die Herstellung, Behandlung, Konservierung oder zum Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die für den menschlichen Gebrauch bestimmt sind. Auf Grund seiner Verwendung werden an Trinkwasser hohe Qualitätsanforderungen hinsichtlich der chemischen und mikrobiologischen Beschaffenheit gestellt.

Rund 47 Prozent des Trinkwassers werden in NRW aus Grundwasser und 2 Prozent aus Quellwasser gewonnen. Quellwasser (natürlich zutage tretendes Grundwasser) wird in Nordrhein-Westfalen überwiegend in den Festgesteinsgebieten im Weserberglandes, des Sieger- und Sauerlandes und der Eifel für die Trinkwassergewinnung genutzt.

In NRW werden rund 17 Prozent aus Talsperren und rund 1 Prozent aus Flusswasser für die Trinkwassergewinnung bereitgestellt.

Insgesamt 30 Talsperren und Vorsperren des Landes werden für die unmittelbare Trinkwasserversorgung genutzt. Diese besonders geschützten Trinkwassertalsperren befinden sich überwiegend in den Festgesteinsregionen der Eifel, Bergisches Landes, Sauerland und Siegerland. (Quelle LANUV)

Medebach zählt mittlerweile jährlich deutlich über 900.000 Übernachtungen, so Wirtschaftsförderer Michael Aufmhof. Rechnet er neben den Zahlen von IT NRW noch die Übernachtungen von Betrieben unter zehn Betten hinzu, „sind wir Richtung eine Million Übernachtungen unterwegs sind. Im Verhältnis Einwohner zu Gästen sind wir damit die Nummer 1 in NRW.“

Den Vergleich von Kassel mit Willingen halte ich aufgrund der extrem unterschiedlichen Anzahl an Hauptwohnsitzen bei vermutlich annähernd gleichen touristischen Zahlen für sehr bedenklich.
André Grebe - Leiter der Stadtwerke Medebach

André Grebe, Leiter der Stadtwerke Medebach, hält nicht viel von der Meldung aus Kassel, die seiner Meinung nach den falschen Eindruck hinterlässt, dass Touristen allgemein Wasserverschwender seien. „Traue keiner Statistik, die man nicht selber gefälscht hat“, meint Grebe augenzwinkernd mit Blick auf die Zahlen aus Willingen. Er macht eine sehr anschauliche Berechnung auf, die die Zahlen für Medebach in einem sehr transparenten Licht erscheinen lassen. In 2022 wurden dort von den Stadtwerken insgesamt 582.757 Kubik Trinkwasser verkauft. Ende des Berechnungsjahres weist IT.NRW für Medebach 8.101 Hauptwohnsitze aus. Entsprechend beträgt der rechnerische Verbrauch pro Hauptwohnsitz rund 72 Kubik pro Jahr bzw. 197 Liter am Tag. Grebe: „Tendenziell ist auch hier ein höherer Verbrauch durch die touristische Nutzung erkennbar. Man muss jedoch beachten: Je größer der Unterschied zwischen der Anzahl der ,normalen Einwohner‘ und der Anzahl der Touristen ist, desto größer wird der Pro-Kopf-Verbrauch. Den Vergleich von Kassel mit Willingen halte ich aufgrund der extrem unterschiedlichen Anzahl an Hauptwohnsitzen bei vermutlich annähernd gleichen touristischen Zahlen für sehr bedenklich.“

Im Verbrauch ist auch das Schwimmbad im CenterParc enthalten

Für Medebach hat er daher den touristischen Verbrauch sowie die größten gewerblichen und landwirtschaftlichen Verbraucher sowie sonstige Lieferungen aus der genannten Summe herausgerechnet. Demnach verbleibt für die Medebacher Bürger/innen (einschließlich Kleingewerbe) ein Restverbrauch von 373.228 Kubik, also umgerechnet 126 Liter je Einwohner am Tag. Die Statistiker von IT NRW weisen für Medebach rund 893.000 Übernachtungen aus. Auf das Jahr gesehen, wären dies rund 2.447 Einwohner am Tag, wodurch sich ein Verbrauch von 172 Liter am Tag je „touristischen Einwohner“ ergibt. In dem Verbrauch ist aber auch das Schwimmbad im CenterParc enthalten. Dieses trägt durch technisch bedingte Spülungen und durch den naturgemäß vorhandenen Tagestourismus (welcher nicht in den Übernachtungszahlen enthalten ist) natürlich zum Verbrauch bei.“

„Wir liegen etwa bei 126 Litern pro Kopf und Tag. Das ist auch relativ konstant, wenn ich mir die Bilanz rückblickend anschaue; ganz leicht rückläufig ist der durchschnittliche Verbrauch in den letzten Jahren“, so Christoph Höing von den Stadtwerken Brilon. Der tägliche Pro-Kopf-Trinkwasserverbrauch in Hallenberg liegt bei 101,3 Litern, in Marsberg werden pro Einwohner und Tag durchschnittlich 96 Liter Trinkwasser verbraucht und Olsberg kommt auf 119 Liter.