Brilon. Brilonerin Sabrina Lange klingelt Lüttke Fastnacht 2023 mit ihren Kindern an 20 Türen. Keiner öffnet. Sie sagt, wie traurig sie das macht.
Eine alte, beliebte Tradition schläft in Brilon ein: Lüttke Fastnacht. Der Tag, an dem Kinder nach der Schule in ihren Karneval-Kostümen losziehen, an Türen klingeln und singen, um eine kleine Süßigkeit zu verdienen. Seit Ewig ein Brauch in Brilon. Allerdings scheinen die Briloner immer weniger Wert darauf zu legen, diese Tradition zu erhalten. Brilonerin Sabrina Lange, Mutter von drei Kindern, hat im letzten Jahr an Weiberfastnacht mit ihren Kindern keine schöne Erfahrung gemacht. Ganz im Gegenteil.
Schon seit Tagen ist Lüttke Fastnacht etwas, worauf sie sich freuen
„Wir haben uns im letzten Jahr mit einer Freundin und ihren Kindern verabredet. Wir haben uns verkleidet und wollten in ihrer Nachbarschaft an den Türen klingeln“, erzählt Sabrina Lange. Sie sind zu sechst, die beiden Mütter und die vier Jungs. Gemeinsam ziehen sie los, die Kinder sind aufgeregt. Schon seit Tagen ist Lüttke Fastnacht etwas, worauf sie sich freuen. Das Lied, „Ich bin ein kleiner König“, kennen sie auswendig. Sie klingeln an der ersten Tür. Niemand öffnet. Auch hinter der zweiten und dritten Tür bleibt es still. Zwanzig Türen laufen die Kinder mit ihren Müttern ab, mal tut sich nichts. Mal wackelt die Gardine, jemand schaut aus dem Fenster. Geöffnet wird an keiner der zwanzig Türen in dem Briloner Wohngebiet. „Die Kinder waren einfach enttäuscht“, sagt Sabrina Lange. Immer wieder sagen sie, dass vielleicht jetzt jemand aufmacht. Sie klingeln. Fehlanzeige.
Kurzentschlossen setzen die beiden Mütter ihre Kinder ins Auto und fahren in die Innenstadt. Ihre Hoffnung, dass die Läden und Geschäfte in der Bahnhofstraße Süßigkeiten haben, zerschlägt sich schnell. Sie ziehen von Geschäft zu Geschäft, aber die Händler haben keine Süßigkeiten. Mal bekommen die Kinder einen Werbeballon, mal gar nichts. Meistens hören sie: „Ach, wir sind gar nicht vorbereitet.“ Nach zwei Stunden haben die Kinder drei Lutscher.
Sie selbst ist damals mit einem, von ihrem Vater gebastelten Holzschwert losgezogen
„Mir geht es nicht darum, dass die Kinder unbedingt Süßigkeiten bekommen müssen. Auch nicht um das Geld. Mir geht es darum, dass Kinder einfach ihre Kostüme zeigen wollen, ein bisschen Karneval-Stimmung. Und dass die Türen einfach zubleiben, wenn die Kinder davor stehen. Das ist Schade. Die Tradition, die ich noch aus meiner Kindheit kenne, stirbt“, sagt Sabrina Lange. Sie selbst ist damals mit einem, von ihrem Vater gebastelten Holzschwert losgezogen, als sie noch ein Kind war. „Die Briloner waren damals alle vorbereitet. Nach der Schule sind wir schon durch die Bahnhofstraße gelaufen und mussten unsere Taschen Zuhause erst einmal auskippen, so viel Süßigkeiten hatten wir.“ Danach zogen sie noch einmal los. „An den Türen hieß es immer, wir sollen bloß das richtige Lied singen.“ Damals sangen sie Lüttke Lüttke Fastnacht. „Ich hatte danach immer einige große Mettwürstchen über meinem Holzschwert hängen“, erinnert sie sich und lacht.
Doch niemand öffnet im letzten Jahr die Tür.
Während Corona schien die Tradition einen Wandel durchzumachen. Wegen der Kontaktbeschränkungen wurden zwar die Türen geschmückt, aber die Süßigkeiten in einem Korb vor die Tür gestellt. „Das war auch sehr schön. Die Dörfer machen das heute auch noch, nur in Brilon scheint keiner mehr bei der Tradition mitzumachen. Es ist schade, dass sie hinten rüber fällt. Viele hier beschweren sich, dass in Brilon nichts los ist. Aber wenn sie selbst gefragt oder gefordert werden, dann sind sie eingerostet.“
Lesen Sie auch:
- Blitzer im HSK: Hier drohen Autofahrern hohe Bußgelder
- Brand an Wohngebäude an B7: Löschzug Marsberg rettet Tiere
- Demo in Brilon: Über 1000 Menschen demonstrieren gegen AfD
- Vorwürfe gegen Maria Hilf: Jetzt spricht der Geschäftsführer
- Wichtig für Eltern: Kinder-Notfalldienst im HSK ändert Abläufe
Dabei wollten ihre Kinder nur ihr Kostüm präsentieren, das auswendig gelernte Lied singen. Doch niemand öffnet im letzten Jahr die Tür. Dennoch will Sabrina Lange dieses Jahr wieder los. „Wir versuchen es dieses Mal in einem anderen Wohngebiet, bei uns in der Nachbarschaft. Vielleicht wird dann eher geöffnet und die Leute sind besser vorbereitet.“