Hochsauerlandkreis. Erst wurden Sanitärbetriebe mit Aufträgen überrannt, jetzt bangen sie vor der Flaute. Kreishandwerker Ingomar Schennen erklärt die Lage
Das umstrittene Heizungsgesetz, oder richtiger die neue Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), ist zum Jahresbeginn in Deutschland in Kraft getreten. Doch viele Fragen bleiben offen, viele Details sind ungeklärt. Für die Handwerksbetriebe im Bereich Sanitär, Heizung und Klima (SHK) im Hochsauerlandkreis ist die Situation nach wie vor belastend, wie Ingomar Schennen, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hochsauerland, erklärt.
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Mit der langwierigen und kontroversen Diskussion um das Heizungsgesetz und einem ambivalenten Kurs hat die Regierung bei Handwerkern, Bürgern und der Industrie im vergangenen Jahr für große Verunsicherung gesorgt. Die Gesetzesreform sieht vor, dass Heizungen, die in Neubaugebieten eingebaut werden, bis zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dazu zählen neben Wärmepumpen unter anderem auch Hybridheizungen, Solarthermie-Systeme oder Biomasseheizungen. Für andere Gebäude gelten unterschiedliche Übergangsfristen, das Ziel ist jedoch, dass ab 2045 in Deutschland ausschließlich CO2-neutral geheizt wird. Bestehende Gas- und Ölheizungen müssen bis 2040 schrittweise auf den Betrieb bis zu 60 Prozent mit klimaneutraler Energie umgestellt werden.
Wie ist die Stimmung in den Heizungsbau-Betrieben?
Dabei seien die Auftragsbücher voll, mit den Lieferungen der Anlagen kämen die Hersteller kaum hinterher. Das beobachtet Ingomar Schennen derzeit bei vielen Betrieben: „Im Moment ist die Stimmung bei den Handwerksbetrieben noch relativ gut, weil der Auftragsbestand noch vorhanden ist.“ Doch handle es sich dabei immer noch um die Aufträge aus dem vergangenen Jahr, die abgearbeitet werden. Damals sei die Nachfrage nach Wärmepumpen, insbesondere aber nach konventioneller Heiztechnik, plötzlich erheblich gestiegen. Das liege an der ursprünglichen Fassung des Gebäudeenergiegesetzes, wo es hieß, dass die konventionellen Gas- und Ölheizungen ab 2024 nicht mehr verbaut werden dürften, so der Experte: „Das hat bei den Kunden eine gewisse Panikreaktion ausgelöst. Die haben die Handwerksbetriebe überrannt.“ Wie sich die Nachfrageentwicklung gestalten werde, sobald die alten Aufträge abgearbeitet seien, könne man jedoch nicht abschätzen. Dahingehend gebe es viel Verunsicherung bei Sanitär- und Heizungsbauern: „Wir sind gerade an einem Punkt, wo die Auftragsbücher noch rund elf Wochen gefüllt sind.“ Jedoch werde sich die Auftragslage zur Mitte dieses Jahres hin deutlich eintrüben, schätzt Ingomar Schennen. Insbesondere bei Wärmepumpen sei die Nachfrage schon deutlich zurückgegangen. Deshalb sei beim Blick auf die Zukunft auch branchenweit Verunsicherung zu spüren: „Weil man nicht so richtig weiß, wie sich die Situation entwickelt.“
Wärmepumpe oder Gasheizung - Was sagen die Kunden?
Auch bei den Kunden sei die Unsicherheit weiterhin groß, ein konsequenter Beratungsweg für die Fachbetriebe quasi unmöglich. „Auch wenn das Gesetz verabschiedet ist, bleiben viele Fragen offen.“ Niemand könne abschätzen, wie sich Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Rohstoffpreise und die CO2-Besteuerung oder die Strompreise oder die kommunale Fernwärmeplanung entwickeln werden, so Ingomar Schennen: „Das ist ein erheblicher Unsicherheitsfaktor.“ Die Frage danach, wie wirtschaftlich es in Zukunft sein wird, eine konventionelle Gasheizung zu betreiben, könne ein Heizungsbauer derzeit einfach nicht beantworten. „Niemand hat eine Glaskugel, man weiß nicht, wie sich die Zukunft gestalten wird. Aber der Kunde erwartet ja eine Beratung.“ Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft sieht die gesamte SHK- Branche mit einer völlig neuen, herausfordernden Situation konfrontiert: „Der Heizungsmarkt hat ja im Grunde immer gut funktioniert. Durch die politischen Entscheidungen wurde der ganze Markt aber einmal auf links gezogen.“
Mit welchen Schwierigkeiten müssen wir zukünftig rechnen?
Mit welchen Schwierigkeiten man in Hinblick auf die Wärmepumpen in Zukunft rechnen müsse, sei schwer vorherzusagen. „In Deutschland war das Thema Wärmepumpe bisher kein Massenphänomen“, erklärt Ingomar Schennen. „Aber die Technologie ist ja nicht neu.“ Im Rahmen ihrer personellen Ressourcen sei eine Wartung und Reparatur der Geräte durch die Handwerksbetriebe sichergestellt. In Hinblick auf den Renteneintritt vieler Fachkräfte aus der Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren sei hier vor allem die Nachwuchsfrage von Bedeutung. Auch wenn die Zahlen von Auszubildenden in der Branche seit einigen Jahren wieder ansteigen, gebe es laut Ingomar Schennen weiterhin großen Bedarf: „Ich hoffe, dass sich dieser Trend verstetigt. Natürlich könnten es noch mehr Auszubildende sein.“ Mit Blick auf die Energiewende sei die Branche und vor allem der Beruf als Anlagenmechaniker absolut zukunftssicher und auch unverzichtbar für Politik und Gesellschaft: „Das Handwerk ist eine der wichtigsten Stellschrauben in der Klimapolitik. Die Handwerker sind diejenigen, die die Energiewende vor Ort in die Tat umsetzen.“