Wetterexperte gibt keine Entwarnung: Lage bleibt angespannt
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Medebach/Winterberg/Hallenberg. Besonders der Raum Medebach ist durch die Überschwemmungen betroffen, aber auch in Züschen hat sich die Hochwasserlage heftig entwickelt.
Eine unruhige Nacht zum Heiligabend haben viele Züscher verbracht, die im Dorfkern entlang von Ahre, Sonneborn und Nuhne wohnen, oder die ihren Nachbarn tatkräftig zu Hilfe geeilt sind. Ab dem Abend stieg das Wasser um bis zu 10 Zentimeter die Stunde, bis es die anliegenden Grundstücke und einige kleinere Brücken überflutete. Bei anderen Bewohnern liefen die Keller aufgrund des hohen Grundwasserspiegels voll. Die Feuerwehr war bis tief in die Nacht im Einsatz. Auf Heiligabend selbst hat sich die Lage etwas entspannt, das Wasser steht zwar noch sehr hoch, verläuft aber wieder in den jeweiligen Bachbetten. Einige Kilometer flussabwärts hat sich die Nuhne bei Hallenberg in einen tosenden Strom verwandelt und fließt in den langezogenenen Wiesen des Nuhnetals teilweise zehnmal so breit wie normal. Aus den Berghängen sprudelt Wasser, Bäume fallen um, weil das Erdreich so aufgeschwemmt ist. An den Grundstücken entlang von Nuhne und Weife hat sich die Lage jedoch aktuell etwas entspannt.
Aktuelle Fotos zur Hochwasserlage in Züschen und Hallenberg
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Winterberg: Zahlreiche Einsätze im Stadtgebiet
Bereits gegen 11 Uhr wurden am 23. Dezember die ersten Einsatzkräfte zu einem vollgelaufenen Keller in Siedlinghausen alarmiert. Betroffene Bürgerinnen und Bürger meldeten in der Folge der Leitstelle in Meschede weitere Schadensorte. Neben Einsatzstellen in Niedersfeld stellte sich schnell heraus, dass der Einsatzschwerpunkt in Züschen lag. Permanente Regenfälle ließen die Pegelstände in den Flüssen stetig ansteigen und überfluteten angrenzende Bereiche. Aus dem gesamten Stadtgebiet wurden Einsatzkräfte alarmiert, um die Einheit in Züschen zu unterstützen.
Mehr als 2500 Sandsäcke gefüllt
Um die Wassermassen eingrenzen zu können, mussten Böschungen mit Sandsäcken erhöht werden. Hierfür wurde auch das THW hinzugezogen, die mehr als 2.000 Sandsäcke nach Winterberg brachten. Insgesamt wurden mehr als 2.500 Säcke kräftezehrend durch die Einsatzkräfte per Hand mit Sand gefüllt. Diese wurden dann mit Unterstützung des THW zu den verschiedenen Einsatzstellen im Stadtgebiet gebracht. Durch den großflächigen Einsatz von Sandsäcken konnten tiefergelegene Bereiche weitestgehend gesichert werden. Die Flussläufe wurden hierbei regelmäßig kontrolliert und Durchlässe von angeschwemmtem Unrat befreit. Ein Augenmerk lag auch auf der Kontrolle von Brücken, die vereinzelt bereits überflutet waren. An vielen Stellen mussten Pumpen zur Entlastung von den Wassermengen oder zum Auspumpen von überfluteten Kellern eingesetzt werden.
Überflutung
Eine weitere Einsatzstelle befand sich in Hildfeld. Ein am Ortsrand befindlicher See konnte das Regenwasser nicht mehr fassen und ist in den Abendstunden in einen Bach übergelaufen. Der im Ort gelegene Kanal war anschließend nicht mehr in der Lage, dieses und weiteres Oberflächenwasser aufzunehmen. Durch das Überlaufen des Kanals drohten tiefer gelegene Gebäude und Garagen sowie das in der Nähe befindliche Feuerwehrhaus überflutet zu werden. Mit Hilfe von mehreren Pumpen wurde Wasser die gesamte Nacht hindurch in einen tiefer gelegenen Teil des Baches umgepumpt. Überschwemmungen konnten hierdurch vermieden werden.
180 Einsatzkräfte an 30 Einsatzstellen
Insgesamt waren über den gesamten Zeitraum mehr als 180 Einsatzkräfte eingebunden. Hierbei wurden über 30 Einsatzstellen abgearbeitet. Neben Sicherungsmaßnahmen und dem auspumpen von vollgelaufenen Kellern mussten auch umgestürzte Bäume entfernt werden. Gleichzeitig wurde eine Reserve als Grundschutz gebildet, um bei weiteren Schadensereignissen schnellstmöglich reagieren zu können. Am Morgen des 24. Dezember stand für viele Einheiten noch die Reinigung von Gerätschaften und die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft an.
Auch in Oberschledorn, das am stärksten vom Hochwasser betroffen war, ist es momentan ruhiger geworden. Durch den 800 Meter langen Bypass, mit dem der Wasserförderzug und das THW Korbach das Wasser aus der Wilden Aar am Dorf vorbeigeleitet haben, sind die Pegelstände erst einmal gesunken. Die Pumpen sind abgebaut, die Leitungen liegen jedoch weiterhin, so dass bei erneutem Hochwasser schnell reagiert werden kann.
Banger Blick aufs Wetter
Jetzt gehen in vielen Orten im Südkreis minütlich bange Blicke in Richtung Regenradar. Julian Pape vom Wetterportal Sauerland meldet noch keine Entwarnung, sondern weiterhin heftige Regenfälle bis in den ersten Feiertag hinein: „Bis zu 150 Liter sind in den vergangenen Tagen bereits gefallen, bis zu 50 Liter können bis zum Morgen des zweiten Feiertags noch dazu kommen. Die Lage bleibt also angespannt.“ Die Böden seien grundlegend durchfeuchtet, die Trockenheit aus den vergangenen Jahren beendet, so Pape: „Das Jahr 2023 ist in NRW das niederschlagsreichste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881.“ Erst ab dem zweiten Weihnachtstag sollen die Niederschläge deutlich nachlassen. Ein Züscher sagt: „Wir wünschen uns dieses Jahr gegenseitig nicht schöne, sondern´trockene Weihnachten´!“
Im Raum Medebach hatte sich die Hochwasserlage am Samstag (23. Dezember) im Laufe des Tages ziemlich zugespitzt. Ein Krisenstab war eingerichtet worden, da sich die Situation in einigen Orten dramatisch entwickelt hatte. In Oberschledorn musste eine Familie aus ihrem Haus gerettet werden. 20 Haushalte waren mehrere Stunden ohne Strom.
Feuerwehr die ganze Nacht im Einsatz
Die Feuerwehr in Oberschledorn war die ganze Nacht zu Heiligabend im Einsatz, um die Wassermassen der über Ufer getretenen Wilden Aar zu bändigen. Mit einer aus Olpe herbeigeschafften Hochleistungspumpe und dem Wasserförderzug Ost des Hochsauerlandkreises konnte ab spätabends ein Teil des Wassers schon in Höhe des Sägewerks Becker abgepumpt und am Ortsrand in den Hallebach umgeleitet werden, so dass sich die Hochwasser-Stände in der Dorfmitte entspannten. Auch das THW Korbach war mit Pumpen zur Unterstützung nach Oberschledorn gekommen. Gemeinsam werden aktuell 11.000 Liter pro Stunde aus der Wilden Aar abgepumpt, insgesamt ist der Pegel durch diese Maßnahme um 30 bis 40 Zentimeter gesunken. Nachdem am Samstagnachmittag einige Sicherungskästen in Oberschledorn unter Wasser gestanden hatten und für knapp 20 Häuser deshalb der Strom abgestellt werden musste, klappte die Energieversorgung ab ca. 3 Uhr nachts wieder.
In der Kernstadt mussten bis in den Abend hinein entlang des Medebachs mehrere Keller ausgepumpt werden. Der Krisenstab im Feuerwehrhaus konnte über Nacht aufgelöst werden, die Wehrleitung, Bürgermeister Thomas Grosche und das Ordnungsamt kamen am frühen Sonntagmorgen wieder zusammen. Das DRK Medebach sorgte für Verpflegung für rund 50 Feuerwehrleute im Einsatz und hat am Heiligabend-Morgen seinen Dienst schon wieder aufgenommen. Aktuell sind 20 Feuerwehrleute in Oberschledorn sowie sechs Kameraden vom Wasserlöschzug im Einsatz, dazu kommen fünf THW- und sieben DRK-Kräfte. Viele freiwillige Helfer unterstützten die Anwohner mit der Befüllung von Sandsäcken und beim Aufräumen. Die Schadenshöhe ist noch nicht abzusehen.
Überschwemmungen auch in Hallenberg
Auch in Hallenberg mussten mehrere Keller ausgepumpt und zudem umgefallene Bäume von den Straßen beseitigt werden. Der Marienpark ist überflutet und gesperrt, ebenso Fußwege entlang der Nuhne. Der Rewe-Parkplatz stand zeitweise unter Wasser. In Züschen war ein Einsatzschwerpunkt der Feuerwehr Winterberg, da sich auch dort die Lage durch Überschwemmungen zusehends verschlimmert hatte. Die Feuerwehr warnt eindringlich davor, zu nah an Bäche oder Flüsse heranzugehen, weil die Uferränder stark aufgeweicht und die Wassermassen gefährlich reißend sind. Die Städte weisen zusätzlich darauf hin, die Sperrungen unbedingt zu respektieren.
Fotos zur dramatischen Hochwasserlage im Raum Medebach
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