Bruchhausen. Weg vom Handy, raus aus dem Alltag und ein Abenteuer in der Natur erleben. Das ist das Anliegen von Bärbel und Thomas Breit in ihrem Naturcamp.
Sowohl Kinder als auch Erwachsene verbringen sehr viel Zeit vor dem Bildschirm und sind sehr wenig in der Natur unterwegs. Nicht umsonst war Smombie Jugendwort des Jahres 2015. Für Bärbel und Thomas Breit war klar: „Das Abenteuer für die Kinder muss her.“ Und zwar nicht ein virtuelles daheim, sondern ein reales. „Wir wollen der Gegenpart zum PC sein. Hier sollen die Kinder ein richtiges Abenteuer erleben“, so Thomas Breit. Die beiden Natur- und Heilpädagogen haben schon seit Jahren mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Kombiniert mit ihrer Leidenschaft für Abenteuer in der Natur, entstand vor gut vier Jahren das Compass Naturcamp. Jedes Jahr denken sie sich ein neues Motto aus wie „Wikinger“, „1001 Nacht“ oder vergangenes Jahr „Australien“. Dort haben sie unter anderem ein Buschtelefon gebaut und die Besucher konnten Klimazonen erriechen. Der Start im Jahr 2020 war aber gar nicht so leicht, denn genau zu dieser Zeit begann die Corona-Pandemie und der Lockdown. Obwohl die Workshops im Freien stattfinden, durfte das Ehepaar Breit keine Besucher empfangen.
Kreativität der Kinder anregen
Das Gelände bietet alles, was man braucht, um Kindern und Erwachsenen die Natur näherzubringen. Am Teich steht ein Beobachtungsposten, wo man Fischreiher, Kormorane, Zugvögel, Krebse und Teichmuscheln in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten kann. „Wir bauen mit den Kindern auch Holzrahmen, durch die man durchschauen kann, um die Tiere besser beobachten zu können“, erklärt Thomas Breit. Also ein Fernrohr nur für nah anstatt weit. Aber kann man das nicht alles auch zu Hause nachmachen? Ja, und genau das ist auch das Ziel, finden die beiden Naturpädagogen. Sie wollen die Fantasie und Kreativität anregen, damit man auch daheim Dinge basteln kann, anstatt ein Computerspiel zu spielen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Kinder auch an Kleinigkeiten, wie einen Ball oder einen Lesewurm, die sie selbst hergestellt haben, sehr erfreuen. „Einen Lesewurm braucht man nicht fürs Handy. Vielleicht fangen die Kinder ja dann auch wieder an, in ihrer Freizeit mehr zu lesen“, meint Bärbel Breit.
Ein Programm steht für die Besuchergruppen zwar fest, es entwickelt sich jedoch auch durch die Interessen der Kinder. „Ein Projekt mit einer Kindergartengruppe ist geplatzt, da wir gerade kleine Frösche am Teich hatten“, erinnert sich Bärbel Breit. Der Unterricht in den Schulen sei oft sehr theoretisch, was aber nicht sein muss. Tierschutz, Naturschutz oder biologische Prozesse wie vom Laich zum Frosch oder das Bauen eines Wasserfilters können im Naturcamp praktisch erkundet werden. Das Ehepaar Breit arbeitet eng mit der Naturschule HSK zusammen, aber Kooperationen mit mehr Kindergärten, Schulen, Fördervereinen und Berufsschulen sollen hoffentlich bald folgen.
Mama und Papa können ja cool sein
Aber die Zielgruppe sind nicht ausschließlich Kinder. Es sei auch besonders schön, wenn Elternteile mit ihren Kindern zusammen das Naturcamp besuchen. „Sie begegnen sich nochmal auf eine andere Weise und die Kinder stellen oft fest: Mama und Papa sind ja cool“, berichtet Thomas Breit von seinen Erfahrungen. Es sei einfach schön zu sehen, wie Eltern und Kind als Team agieren würden. Für Kinder und Jugendliche sei es auch eine motivierende Erfahrung, etwas zu können, was Erwachsene nicht können. Besonders in Erinnerung geblieben ist den Pädagogen ein Kind, das beim ersten Versuch einen Ton aus dem Nebelhorn herausbekam, während viele Erwachsene es vergeblich versuchten.
Auch Jugendliche seien für die Natur zu begeistern. Wenn sie vor Herausforderungen wie Feuerbohren gestellt werden, würden sie nicht so schnell aufgeben und sich ganz auf das Projekt einlassen. „Einige Eltern und Lehrer haben gefragt: Was sind die Kinder bei euch so ruhig?“, erzählt Bärbel Breit mit einem Schmunzeln. Ein Feuer mit einem Feuerstein oder nur durch Reibung anzuzünden ist eben doch spannender als Candy Crush.
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Trollmarkt zum Jahresabschluss
Am Ende des Jahres gibt es immer einen Trollmarkt im Compass Naturcamp. Waldtrolle sind ein großes Aushängeschild, die auch oft von den Kindern aus Holz und Federn gebastelt werden. „Die Waldtrolle beschützen die Natur“. Auf dem Markt werden viele kleine Dinge verkauft, die aus natürlichen Materialien hergestellt wurden. „Besonders im Moment haben die Leute durch die Inflation nicht viel Geld. Die Dinge auf dem Markt soll sich aber jeder erlauben können“, sagt Bärbel Breit. Nur für die Materialkosten sollen Kosten anfallen. Und Material bekommt das Ehepaar oft auch geschenkt. „Oft hängt auch Holz oder Pappe an unserer Tür. Wir denken dann, irgendwas fällt uns schon dazu ein“, erzählt die Pädagogin. Recycling wird bei ihnen großgeschrieben und oft lassen sie ihrer Kreativität einfach freien Lauf. Die beiden haben sogar schon einen kleinen Flipper aus einer Holzplatte, Eisstielen, Nägeln, Gummibändern und Wolle gebastelt.
Die Jurte: Natürlichste Form der Wohnkultur
Ein zweites Abenteuer, dass das Naturcamp zu bieten hat, ist eine Übernachtung in der Jurte. „Die Jurte ist die natürlichste Form der Wohnkultur des Menschen“, sagt Thomas Breit. Das Ehepaar konnte schon Gäste aus aller Welt in der Jurte empfangen. „Wir hatten schon Gäste aus Saudi-Arabien, Belgien und Amerika“, erzählen sie. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihnen die Meeresbiologen aus Saudi-Arabien. Sie haben Verwandte in Deutschland besucht und dafür einmal in Bruchhausen genächtigt. Die Besucher hätten immer sehr interessante Geschichten zu erzählen, wieso sie herkommen würden. Zwei Jurten seien jedoch genug, findet das Ehepaar Breit. Sonst könne man sich gar nicht mit den Gästen unterhalten, was ihnen sehr wichtig ist. Aber auch in Bruchhausen selbst und der näheren Umgebung hat sich das Angebot bereits herumgesprochen. Auch Ehepaare, die zum Hochzeitstag einmal etwas Besonderes unternehmen, aber trotzdem in der Nähe der Kinder bleiben wollen, hätten schon in der Jurte übernachtet.