Olsberg. Birgit Karnatz war schon Hauswirtschafterin, Kfz-Mechanikerin oder Gästeführerin in Norwegen. Jetzt führt sie eine Buchhandlung in Olsberg.
In ihrem 55 Jahre währenden Leben hat die in Hamburg geborene, dreifache Mutter schon viel gemacht. Birgit Karnatz ist eigentlich hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, hat aber auch schon mal eine Lehre als Kfz-Mechanikerin angefangen. Zuletzt war sie Tourist-Guide in Norwegen. Nun ist sie die Neue auf der Kommandobrücke der Olsberger Buchhandlung „Käpt‘n Book“. Bücher und Lesen - Birgit Karnatz ist selbst von Kindesbeinen an gern in die phantastischen Welten der Buchstaben abgetaucht. Auch mit ihren Kindern hat sie diese Passion geteilt. Dass sie irgendwann einmal selbst einen Buchladen führen würde, das war eigentlich nicht absehbar.
Lesen Sie auch: Winterberg: Tannenbaumverkäufer spricht über Preissteigerung
„Mein Mann ist bei der Bundeswehr beschäftigt. Daher gab es in unserem Leben viele Wohnortwechsel“, sagt die neue Buch-Kapitänin. In Oberbayern - zwischen Garmisch und Starnberg - arbeitet sie in einem Naturkostgeschäft, dem eine Buchhandlung angegliedert ist. Dort hat es ihr vor allem die Kinderbuchabteilung angetan. Später im Westerwald, wo sie hauptberuflich für die schulische Mittagsbetreuung in Neigungsgruppen zuständig ist, engagierte sie sich ehrenamtlich als sportliche Übungsleiterin und in der Gemeindebücherei. Deren Leitung übernimmt sie wenig später und „wuppt“ einen Komplett-Umzug in ein saniertes Gebäude. „Dort haben wir schon viel Leseförderung betrieben und Angebote für Kinder und Jugendliche geschaffen. Dann geht es nach Norwegen.
„Mein Mann hat dort bei der Nato gearbeitet und wir haben auf einer kleinen Insel bei Stavanger gelebt. Ich habe gesagt: Okay, dann nehme ich mir hier mal eine berufliche Auszeit. Es ist wunderbar dort. Die Stadt liegt am Meer und in nur einer Stunde ist man zum Skifahren in den Bergen.“ Aber es kommt dann doch anders. Ein Nachbar aus den USA verdient sich als Tourist-Guide ein Zubrot und spricht Birgit Karnatz an, ob das nicht auch etwas für sie wäre. „Ich war skeptisch. Zwar spreche ich Schulenglisch, aber kein Norwegisch. Ich bin dann doch auf das Angebot eingegangen, aber im ersten Jahr lief es sehr mau.“ Dann aber nimmt die Sache an Fahrt auf. „Es gibt viele Reisende, die quasi eine Mini-Kreuzfahrt machen, indem sie mit dem Bus auf die Fähre in Deutschland fahren, dort übernachten, nach Norwegen schippern und dann dort in acht Stunden eine Stippvisite machen. Wir sind die typischen Ziele angefahren - zum Beispiel an die Wiege der Wikinger. Dorthin, wo Norwegen typisch norwegisch ist. Aber dann kam Corona und das Reisen war erstmal vorbei.“
Tipps zum Lesen
Und was sind die aktuellen Lese-Tipps von Birgit Karnatz? „Das Buch ,Froststerne‘ von Anna Fleck ist ein Buch für Jugendliche, aber auch für Erwachsene und erzählt die Geschichte der Schneekönigin noch einmal auf andere Art. Sehr lesenswert finde ich auch ,Die Postkarte‘ von Anne Berest: Es geht um eine Postkarte mit Namen von Menschen, die in Auschwitz ermordet wurden.“
Lesen Sie auch: Kinos in Brilon und Winterberg gehören zur Spitzenklasse
Fünf Jahre dauert das Norwegen-Kapitel: Dann geht es im Spätsommer 2022 wieder zurück nach Deutschland nach „Erpel“. Birgit Karnatz: „Das liegt gegenüber von Remagen und heißt wirklich so. Ich habe lange überlegt, wie es mit mir beruflich weitergehen könnte. In Anbetracht des großen Fachkräftemangels gab es viele Möglichkeiten. Ich hätte eine Wohngruppe leiten können; aber das war mit Tag- und Nachtschichten verbunden und das wollte ich irgendwie nicht.“ Im Hinterkopf blitzt immer die Idee auf, eine eigene Buchhandlung zu eröffnen. „Ich wollte kein neues Geschäft aufmachen, sondern einen bestehenden, eingespielten Laden mit vorhandener Kundschaft übernehmen - am liebsten im Bonner oder Koblenzer Raum. Dann stieß ich in einem Börsen-Portal für Buchhandlungen auf das Geschäft in Olsberg, habe mit der Besitzerin Inke Hees Kontakt aufgenommen und der Laden gefiel mir so gut, dass ich „Ja!“ gesagt habe.
Lesen Sie auch: Hackerangriff im HSK: Es gibt keinen Kontakt zu den Erpressern
Für ihren Traum vom eigenen Buchgeschäft nimmt die 55-Jährige vieles in Kauf. „Mein Mann wohnt die Woche über mit meiner erwachsenen Tochter zusammen im Norden von Rheinland-Pfalz und ich bin hier im Sauerland. An Wochenenden pendele ich dann. Mit der Bahn sind das vier Stunden. Man muss schauen, wie sich das Ganze entwickelt. Mit Beginn der dunklen Jahreszeit muss ich sagen, dass ich die räumliche Trennung etwas unterschätzt habe. Aber mir macht die Arbeit mit den Menschen hier sehr viel Spaß.“
Auf ihrem 45 Quadratmeter großen „Schiffsdeck“ in Olsberg möchte sie ein Lotse bzw. Kapitän sein, der durch den großen Bücher-Ozean steuert und viele „Seeleute“ und Passagiere mitnimmt. Für den 24. November plant sie von 18 bis 20 Uhr einen Schmökerabend mit ein paar Käsehäppchen und Wein. Dabei möchte sie ihre Kunden noch besser kennenlernen. „Schiff ahoi!“