Brilons Caritaschef Heinz-Georg Eirund warnt vor dramatischen Folgen nach Sozial-Kürzungen. Der Zusammenhalt der Gesellschaft drohe zu kippen.
Brilon. Mit Blick auf den Bundeshaushaltsentwurf 2024 und den aktuellen wie zukünftigen Herausforderungen war jetzt Dirk Wiese, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, der Gesprächseinladung der Caritas Brilon gefolgt. Im Fokus des Austauschs stand die Sicherung von Hilfsangeboten für Menschen in Not, Alter, mit Behinderungen und Erkrankungen sowie für Familien. „Es droht die Schließung von Einrichtungen und Diensten, wenn diese nicht kurz- und mittelfristig auskömmlich finanziert werden“, sagte Heinz-Georg Eirund, Vorstand Caritasverband Brilon.
Haushaltsentwurf sieht massive Kürzungen in der sozialen Absicherung vor
Die geplanten Haushaltskürzungen mit Verweis auf die Schuldenbremse betreffen auch sehr viele soziale Angebote und Hilfen für Menschen in Not. „Zeitgleich sind immer mehr Menschen von Armut betroffen, die Unterstützung bei der Caritas suchen“, sagte Caritas-Vorstand Eirund. Die Liste der Fehlstellen sei leider lang – daraus nur ein Auszug: zu wenig Fach- und Arbeitskräfte, fehlende Kindergarten- und Altenheimplätze, Aufnahmestopps in der ambulanten Pflege, Insolvenzen von kleineren Trägern, Mangel an bezahlbarem Wohnraum. „Es ist eine Zeit, in der Menschen aus allen Schichten existenzielle Ängste und Sorgen haben. Trotzdem sieht der Haushaltsentwurf massive Kürzungen in der sozialen Absicherung vor“, kritisierte Vorstand Eirund. „Menschen resignieren, verlieren das Vertrauen in Politik, Kirche und Institutionen, kündigen die Solidarität auf, fühlen sich ungesehen, abgehängt, alleingelassen,“ so Eirund.
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Konkretisiert wurden bei dem Arbeitsgespräch die Probleme an vier Beispielen aus den insgesamt 64 Diensten und Einrichtungen des Caritasverbandes Brilon, deren Angebote täglich 5.000 Menschen erreichen. So betreffen etwa die Sparmaßnahmen bei Krankenhäusern auch den Krankenhaussozialdienst in Brilon, wo Stellenumfänge gekürzt werden müssten. Ebenso verhindere die massive Kürzung der Bauförderungen bei Präventions- und Rehabilitationseinrichtungen die notwendigen Modernisierungsvorhaben der Mutter-Kind-Klinik Talitha in Bad Wildungen. Allein bei den Mutter-Vater-Kind-Kliniken soll die Förderungshöhe von Baumaßnahmen im kommenden Jahr von 6 Millionen auf Null Euro gestrichen werden. Aufgrund der explodierenden Baukosten liegt auch das in Medebach geplante Quartiersprojekt auf Eis: Dort sollte in Kooperation zwischen Kommune, der Sparkassengenossenschaft und der Caritas Brilon ein Quartier entstehen, bei dem sozialer Wohnraum und Dienstleistungen der Gesundheitshilfe im nachbarschaftlichen Duett gebaut werden. Dazu gehörte auch eine Caritas-Senioren-WG. „Aber die Miete wäre für Senioren unter den aktuellen Bedingungen kaum bezahlbar“, bilanzierte Vorstand Eirund.
Besorgnis wie auf Irritation bei der Caritas
Enorm gespart werden, soll auch bei der Migrationsberatung. Sie wird im aktuellen Haushalt noch mit 81,5 Millionen Euro gefördert und soll im nächsten Jahr um 24 Millionen Euro gekürzt werden. Eine Maßnahme, die bei der Caritas sowohl auf Besorgnis wie auf Irritation stößt. So sind im vergangenen Jahr 2,7 Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichten nach Deutschland gekommen – darunter allein 1,2 Millionen, die vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine flüchten mussten. „Es ist die höchste Zahl seit Beginn der statistischen Aufzeichnung im Jahr 1950. Trotz Steigung, soll gespart werden. Wie passt das zusammen“, fragte Vorstand Eirund. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese sicherte zu, sich in den anstehenden Haushaltsberatungen für die Interessen der Caritas einzusetzen.
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Einig waren sich Dirk Wiese und die Vertreter der Caritas Brilon darin, dass sie die Einführung eines sozialen Pflichtjahres begrüßen würden. „Trotz der Option des Pflichtjahres müssen wir die angestrebten Kürzungen bei den Freiwilligendiensten nochmals beraten“, betonte Dirk Wiese, der sich zum Abschluss des Arbeitsgesprächs für das Engagement der Caritas für die Menschen vor Ort bedankte.