Brilon. Er ist 70 Jahre, hatte eine Praxis in Dortmund und könnte Rentner sein. Doch Dr. Wilhelm Redenbach entscheidet sich für einen Neustart in Brilon.

Darauf hat fast ganz Brilon gewartet: Mit Dr. Wilhelm Redenbach eröffnet am 2. Oktober ein neuer Hausarzt seine Praxis in den ehemaligen Räumlichkeiten von Dr. Bäuerlein an der Keffelker Straße 4.

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Er füllt damit die große Lücke, die der beliebte Hausarzt Michael Reiß nach seinem Tod hinterlassen hat. Er ist 70 Jahre alt, hat eine erfolgreiche Praxis in Dortmund geführt und könnte längst in Rente sein. Doch Dr. Wilhelm Redenbach hat sich für einen Neuanfang entschieden. Geboren in Brilon, hat er eine bemerkenswerte Reise hinter sich. Nach seinem Abitur 1973 am alten Petrinum, tauschte er die Schulbank gegen die Pflegestation und arbeitete als Krankenpflegerhelfer in Bigge. Die Bundeswehr lockte ihn für zwei Jahre, doch die Universität Münster zog stärker. Dort absolvierte er sein Studium in der Regelstudienzeit von zwölf Semestern und wurde der erste Akademiker seiner Familie. Sein Vater Fridolin war Lkw-Fahrer.

Sohn gab den entscheidenden Anstoß

Dr. Redenbachs medizinische Karriere begann in einer Klinik in Wuppertal, bevor er nach Dortmund wechselte: „Ich hatte damals einen Studienfreund, den ich schon aus Brilon kannte. Weil es seinerzeit eine Ärzteschwemme gab, war es tatsächlich schwierig, eine Stelle zu finden. Mein Freund konnte mir da aber weiterhelfen.“ Dort spezialisierte er sich als Internist und Hausarzt.

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32 Jahre lang behandelte er Patienten in seiner eigenen Praxis in Dortmund. Dort lernte er seine Frau Petra kennen, die ihn auch heute noch als Praxismanagerin unterstützt und als Diabetologie-Beraterin und Heilpraktikerin ebenfalls im medizinischen Bereich tätig ist. Ein Foto von ihr ziert seinen Schreibtisch, obwohl sie oft in denselben Räumlichkeiten arbeiten. Ein Traum von einem Haus im Sauerland begleitete ihn schon während seiner Zeit in Dortmund. Diesen Traum erfüllte er sich in Grevenstein. Nun folgt er mit seiner Praxis. Sein Sohn Phillip gab ihm den entscheidenden Anstoß. In Dortmund störte ihn das zunehmende Anspruchsdenken der Patienten. Im Sauerland hingegen empfingen ihn Stadt und Einwohner mit offenen Armen.

Die zuständige Mitarbeiterin von der Kassenärztlichen-Vereinigung-Westfalen-Lippe (KVWL) habe sogar gesagt: „Was, Sie kommen wirklich nach Brilon? Das muss ich sofort meinen Kollegen erzählen.“ Ein weiterer Indikator für den Hausarztmangel in Brilon.

Redenbach legt großen Wert auf Menschlichkeit

Er selbst hat Brilon noch ganz anders in Erinnerung: „Die ganzen großen Industriegebäude gab es damals noch nicht.“ Die Stadt habe eine ganz beeindruckende Entwicklung gemacht, findet der Arzt. Obwohl er bereits 70-Jahre alt ist, brennt sein Herz weiterhin für seinen Beruf: „Ich will nicht in Rente gehen, um dann am Fenster zu stehen und die Falschparker anzuzeigen.“ Auch seine Frau sei eine „absolute Arbeitsbiene“ und mit Herz bei der Sache. Herzlichkeit scheint bei Dr. Redenbach ohnehin ein großes Thema zu sein. Er legt viel Wert auf einen menschlichen und individuellen Umgang mit seinen Patienten: „Als Arzt komme ich ja auch sehr nah an die Patienten heran, da muss man halt auch in der Lage sein, etwas Nähe zuzulassen, auch menschliche Nähe.“

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Die 155 Quadratmeter große Praxis hat er sowohl neu möbliert als auch neue Diagnostikgeräte angeschafft. Die Praxis, in der ihn auch seine beiden Töchter unterstützen, ist komplett papierlos. Aber nicht nur die Praxis ist neu, sondern auch die Patienten. Er hat den Patientenstamm seines Vorgängers an diesem Standort nicht übernommen, sondern startet noch mal bei Null. Vielleicht eine Chance für viele Briloner, doch noch einen Hausarzt vor Ort zu finden. Aber Dr. Redenbach ist realistisch: „Ich kann das Feuer nicht alleine löschen.“ Er überlegt, die Praxis zu einem Schwerpunktzentrum für Diabetologie auszubauen: „Ich will aber erst einmal abwarten, was auf uns zukommt“, so Redenbach abschließend. Achso: Die neuen Patienten dürfen sich übrigens auch auf einen tierischen Mitarbeiter freuen. Der kuschelbedürftige Hund Bill ist immer auf der Suche nach Streicheleinheiten.