Sexting ist auch im Sauerland weit verbreitet. HSK-Kriminalhauptkommissarin Julia Henneböle erklärt, was erlaubt ist und wo Gefahren lauern.

Hochsauerlandkreis. Sexting bezeichnet das Versenden und Erstellen von erotischen Fotos, Videos und Nachrichten über Mail oder Messenger. Jugendliche beginnen sich mit ihrer Sexualität auseinander zu setzen und testen auf diese Art und Weise gerne mal ihre Grenzen aus – ob in der Partnerschaft oder nur als Flirt. Es besteht jedoch das Risiko, dass solche Nacktbilder immer weiterverbreitet und somit missbraucht werden. Julia Henneböle ist Kriminalhauptkommissarin für Kriminalprävention und Opferschutz bei der Polizei im Hochsauerlandkreis. Im Interview verrät sie, wann Sexting bei Jugendlichen strafbar ist und wie Eltern ihre Kinder vor dem Versenden solcher Bilder schützen können.

Wann ist Sexting bei Jugendlichen erlaubt und wann strafbar?

Julia Henneböle: Grundsätzlich ist Sexting, wenn es beide Beteiligten wollen und alt genug sind, erlaubt. Kinder unter 14 Jahren sind jedoch noch zu jung: Sie unterliegen einer Schutzaltersgrenze, bei der ihnen die Selbstbestimmung abgesprochen wird. Eine Freiwilligkeit ist hier also nicht ausschlaggebend. Bei jeglicher Kontaktaufnahme zu einem Kind mit sexualisierten Inhalten, sei es durch Schrift oder Bild, handelt es sich um sexuellen Missbrauch von Kindern. Wenn unter 14-Jährige von sich selbst erotische Bildaufnahmen herstellen, so liegt auch hier Kinderpornografie vor.

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Zwischen 14 und 18 Jahren sind Jugendliche aus Sicht des Staats zwar grundsätzlich alt genug, um Nachrichten mit sexualisiertem Inhalt auszutauschen, allerdings können sie sich mit Bildern schnell strafbar machen. Aufnahmen sexueller Handlungen oder der Intimbereiche unter 18-Jähriger erfüllen den Tatbestand der Jugendpornografie - auch unter Einverständnis ist die Herstellung und Verbreitung verboten. Erwachsene müssen hingegen aufpassen, wenn ihr Partner noch minderjährig ist: Wer Personen U-18 Pornografie zukommen lässt, macht sich damit strafbar.

IEn junger Mann hält ein Smartphone, auf dem ein erotisches Foto einer jungen erwachsenen Frau zu sehen ist. Auf vielen Handys kursieren Intimfotos,
IEn junger Mann hält ein Smartphone, auf dem ein erotisches Foto einer jungen erwachsenen Frau zu sehen ist. Auf vielen Handys kursieren Intimfotos, © dpa | Julian Stratenschulte

Wie oft bekommt die Polizei im Hochsauerlandkreis mit unerlaubtem Sexting in Berührung?

Es gibt keinen eigenen Straftatbestand Sexting und somit auch keine eigene Kriminalstatistik dazu für den HSK. Wenn man jedoch die Statistik in Bezug auf Kinderpornografie nimmt, so lassen sich einige Rückschlüsse ziehen: In NRW gab es über 11.000 Verfahren und 40% der Täter waren unter 18 Jahre alt. Viele dieser Verfahren können ihren Ursprung im Sexting haben. Die Dunkelziffer in diesem Bereich dürfte wie bei allen Sexualstraftaten jedoch noch deutlich höher liegen. Der Klassiker ist, wenn ein zuvor verliebtes junges Paar sich trennt. Dann werden freizügige Bilder und Videos oft peinlich, aus Wut oder Rache nicht gelöscht und vielleicht sogar im Klassenchat verbreitet. Die verletzte Person geht dann immer häufiger zur Polizei und stellt bei uns Strafanzeige.

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Worauf sollten Jugendliche beim Sexting achten und was können ihre Eltern dagegen tun?

Aus Eigenschutz gilt: Finger weg von Nacktaufnahmen! Einmal versendet kann man so ein Bild nicht mehr „einfangen“. Es kann einen noch Jahre später einholen und der Freund oder die Freundin kann nächste Woche schon in einem ganz anderen Beziehungsstatus stehen. Damit macht man sich verletzlich und angreifbar.

Eltern sollten sich selbst informieren und Verständnis für dieses wichtige Thema zeigen! Mit strengen Regeln und Zeigefingern erreicht man nichts. Grundsätzlich muss klar sein, dass Sexualität das Thema Nr. 1 bei vielen Jugendlichen ist. Eltern sollten ganz klar aufklären, was passieren kann, wenn man als Kind oder Jugendlicher von sich Nacktbilder verschickt oder von anderen weiterleitet. Schnell ist man Beschuldigter einer Sexualstraftat. Der Besitz von Kinderpornografie ist ein Verbrechenstatbestand und wird ins polizeiliche Führungszeugnis eingetragen. Damit wird ein Jugendlicher vermutlich kein Fußballtrainer mehr, da immer mehr Vereine sinnvollerweise erweiterte Führungszeugnisse anfragen.

Was können Jugendliche und ihre Eltern tun, wenn es zu spät ist und die Nacktbilder der Minderjährigen ohne Einverständnis verbreitet wurden?

Viele der Beratungsstellen im HSK haben speziell geschulte Pädagogen, die sich auf Sexualprävention oder sexuelle Gewalt spezialisiert haben. Hier finden Betroffene kompetente Ansprechpartner, um mit der Situation gut umzugehen. Durch eine Strafanzeige bei der Polizei wird verbotenes Sexting bekannt: Diese kann sowohl online als auch an jeder Polizeiwache aufgenommen werden. Betroffene sollten keinen Chat vorschnell löschen, er kann noch zur Beweisführung dienen! Aus der Auswertung von Handys ergeben sich Hinweise auf strafbares Sexting.

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Welche Maßnahmen ergreift die Polizei, um unerlaubtes Sexting zu verhindern?

Die Polizei im HSK hat letztes Jahr eine feste Präventionsbeamtin für Sexualdelikte ernannt. Zum Thema Sexting werden auf Wunsch gezielte Vortragsangebote für Eltern rund um sexualisierte Gewalt im digitalen Raum angeboten. Es wird im Vortrag ausführlich erklärt, was für Fälle vorkommen, wie schnell Kinder und Jugendliche ohne kriminelle Energie plötzlich in dieser Thematik landen und was man für Vorsichtsmaßnahmen treffen kann. Ziel ist es hierbei nicht, den Kindern und Jugendlichen das Internet zu verbieten! Soziale Medien sind heutzutage Jugendkultur. Auf der Internetseite der Polizei HSK, unter Kriminalprävention, kann man sich im Vorfeld bereits zu allen Themen ausführlich einlesen. Dort sind auch Flyer und weiterführende Links, sowie die Kontaktdaten der Beamtin zu finden.