Brilon. 355 Bürgermeister und Landräte fordern in einem Brandbrief Hilfe vom Land, um die kommunale Handlungsfähigkeit zu retten. Brilon ist dabei.
Die Stadt Brilon befindet sich derzeit in einer guten finanziellen Lage. Gemessen an der Steuerkraft der Einwohner steht sie in Nordrhein-Westfalen an 13. Stelle.
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Die Gewerbesteuereinnahmen steigen seit Jahren kontinuierlich an und werden in diesem Jahr mit 42 Millionen Euro einen neuen Rekord erreichen. Zudem verfügt die Stadt über eine Ausgleichsrücklage von 28 Millionen Euro, die im Vergleich zu anderen Städten gut gefüllt ist.
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Trotz dieser positiven Entwicklungen sind die Aussichten für die Zukunft düster. Prognosen zufolge wird die Ausgleichsrücklage innerhalb von zwei Jahren aufgebraucht sein. Dies bedeutet, dass die Stadt bis 2027 ihr Eigenkapital um 34 Millionen Euro reduzieren muss. Bürgermeister Dr. Christof Bartsch äußerte sich besorgt über diese Entwicklung und präsentierte den Ratsmitgliedern am vergangenen Donnerstag, den 21. September, den Haushaltsplan.
Aussichten sind nicht gut
Obwohl noch keine konkreten Maßnahmen zur Haushaltssicherung ergriffen wurden, sind die Aussichten alles andere als positiv. Kämmerer Franz Heers berichtet von stagnierenden Einnahmen und steigenden Ausgaben, wie beispielsweise einer Erhöhung der Kreisumlage um 8,76 Millionen Euro. Im Gegensatz zu den Vorjahren geht die Stadt nicht davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Jahren verbessern wird. Die Kämmerei spricht von völlig neuen Herausforderungen. Eine Steuererhöhung wird derzeit nicht in Betracht gezogen. Eine Senkung der Steuern kann sich die Stadt jedoch ebenfalls nicht leisten.
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Aus diesem Grund haben sich 355 Bürgermeister und Landräte in Nordrhein-Westfalen zu einem Brandbrief an Ministerpräsident Hendrik Wüst zusammengeschlossen und fordern mehr Unterstützung vom Land. 40 Prozent der Städte erwarten im nächsten Jahr in die Haushaltssicherung zu geraten. Ein Grund dafür ist die unzureichende Zuweisung, die die tatsächlichen Kosten nicht deckt. Die Kommunen sehen sich mit einer Vielzahl von Belastungen konfrontiert: Die Steuereinnahmen stagnieren, die Zuweisungen von Bund und Land werden gekürzt und die Kosten für Personal, Sachaufwendungen und Geflüchtete steigen.
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Zudem werden neue Aufgaben wie der Rechtsanspruch auf Ganztag ohne ausreichende Finanzierung übertragen.„Es sieht derzeit nicht gut aus“, sagte Dr. Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW. Er befürchtet, dass bis 2024 mindestens vier von zehn Kommunen in die Haushaltssicherung gehen müssen und ihre Ausgaben drastisch reduzieren müssen. Dies hätte spürbare Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger. Die Grundsteuer B müsste erhöht und freiwillige Leistungen wie Bäder oder soziale Hilfen gestrichen werden. „Das wäre jetzt das völlig falsche Signal“, erklärte Ruthemeyer.
Vertrauen in die Politik erodiert
Die Kommunalpolitiker aus Nordrhein-Westfalen befürchten, dass solche Maßnahmen das Vertrauen in Staat und Demokratie weiter untergraben würden. Sie appellieren daher an das Land und den Ministerpräsidenten, ein Sofortprogramm zur Rettung der kommunalen Handlungsfähigkeit zu unterstützen. „Wir stehen hier vor völlig neuen Herausforderungen“, so Ruthemeyer.