Hochsauerlandkreis. Eine künstliche Intelligenz prophezeit, dass Bäckerjobs in Zukunft automatisiert werden können. Experten aus dem HSK widersprechen vehement.

Was bringt die Zukunft? Diese Frage wird sich in Zeiten, in denen sich gefühlt alles in rasendem Tempo entwickelt und verändert, tagtäglich gestellt. Der Wandel von ganzen Arbeitsbranchen ist zum größten Teil längst im Gange und betrifft auch zahlreiche Geschäfte im Hochsauerlandkreis. Eine künstliche Intelligenz, der Job-Futuromat, prognostiziert, dass das Bäckerhandwerk zukünftig in all seinen Tätigkeiten und Arbeitsschritten komplett automatisierbar sei. Fachleute aus dem HSK widersprechen dem vehement.

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Der Job-Futuromat sieht vor, dass ein Bäcker fünf Kerntätigkeiten durchführt: Die Arbeit nach Rezeptur, den Teig herstellen, die Herstellung und Verarbeitung der Roh- und Fertigmasse, die Ofenarbeit sowie das Backen. Laut der Beschreibung stellt die Künstliche Intelligenz Prognosen für die Zukunft verschiedener Arbeitsbranchen auf, um ihre Nutzer auf eventuelle Strukturveränderungen vorzubereiten. Für Bäckermeister Jörg Liese und den stellvertretenden Obermeister der Bäckerinnung Willi Happe sind die Prognosen, gelinde ausgedrückt, sehr realitätsfern. Beide wissen aber auch um die Entwicklungen am Arbeitsmarkt und blicken besorgt in die Zukunft.

Hingabe und Fingerspitzengefühl

„Das ist absolut irre. Wir arbeiten mit der Hand und müssen uns die Zutaten vorher und während des Backens genau anschauen. Man begegnet nicht jeden Tag Mehl mit der absolut selben Konsistenz und dementsprechend muss bei der Vorbereitung und während des Backens gehandelt werden. Deshalb kann keine Maschine einen Menschen ersetzen“, berichtet Jörg Liese, der selbst vier Bäckerfilialen im HSK betreibt. Für den Bäckermeister sind die Hingabe zum Beruf und Fingerspitzengefühl entscheidende Aspekte, die sich in Brot, Brötchen und Co. wiederfinden lassen. Man müsse sich auf seine Sinne und Erfahrung verlassen, um ein gutes Endprodukt zu erhalten.

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Willi Happe sieht es ganz ähnlich wie sein Handwerkskollege: „Keine Künstliche Intelligenz kann den Teig anpacken und spüren, ob er noch weiter geknetet werden muss. Man backt mit seinen Sinnen, das wird niemals ansatzweise von einer Maschine übernommen werden können.“ Brote und Brötchen, die zum größten Teil maschinell angefertigt werden, würden ihrer eigentlichen Bestimmung individuell auszusehen und zu schmecken nicht nachkommen. Die Wertschätzung für das qualitative Bäckerhandwerk sei nach und nach abhandengekommen.

Attraktiver Beruf

Beiden Fachleuten ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt natürlich nicht unbekannt. „Der Beruf an sich ist attraktiv, die Erwartungshaltungen entwickeln sich aber in eine besorgniserregende Richtung. Während andere Branchen von der Vier-Tage-Woche sprechen, muss ein Bäcker auch am Wochenende früh aufstehen“, so Liese. Vor 20 Jahren habe es im Hochsauerlandkreis noch 127 Bäckereien gegeben, die Anzahl sei inzwischen auf 36 geschrumpft. Die dünne Besiedlung der Mitte und des Ostkreises im HSK sei für immer weitere Wege für Backwaren mitverantwortlich.

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Langfristig prognostiziert der Betreiber von vier Bäckerfilialen seiner Handwerkskunst eine düstere Zukunft: „Kleine Bäckereien wird es in den kommenden Jahren immer häufiger treffen und sie werden schließen müssen. Damit geht jede Menge Vielfalt verloren. Dabei haben es die Leute auch selbst in der Hand die kleineren Bäckereien zu unterstützen.“ Die Agentur für Arbeit für Arbeit Meschede-Soest bestätigt auf Nachfrage, dass die Zahl der Beschäftigten in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung stetig rückläufig ist. Die gemeldeten Arbeitsstellen in der Kategorie „Verarbeitendes Gewerbe“ sind allein zwischen August 2022 und August 2023 um gut 23 Prozent zurückgegangen.