Brilon. Ihr Garten ist eine Oase für Insekten, Vögel und Mauswiesel. Sie teilen ihre Erfahrungen und Ratschläge mit anderen Interessierten.
Was für ein Ausblick hier oben am Poppenberg. Der Regen der letzten Tage hat den Staub aus der Luft gewaschen. In der Ferne sieht man den Buttenberg. Hier haben Katharina Wiese und ihr Freund Steve ein Paradies für sich und ihre Familie geschaffen. Keines für die Hochglanzmagazine, sondern eine Oase für Insekten, Vögel, Mauswiesel & Co.
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In diesem Jahr wurde er mit der Kategorie Silber ausgezeichnet. 2018 begann ihre Reise: Katharina Wiese und ihr Freund suchten ein geeignetes Nest für ihre Familie und fanden es am Poppenberg. Dort stand noch ein alter Bungalow, der nun einem Niedrigenergiehaus weichen musste. „Wir heizen unser Haus ausschließlich über eine Holzheizung und Photovoltaik“, erklärt die gelernte Industriekauffrau, die mittlerweile zusammen mit ihrer Mutter ein Bettenfachgeschäft in Brilon betreibt.
Ort für Tiere und Menschen
Was fehlte, war ein Garten. Nicht irgendein Garten, sondern ein Naturgarten sollte es sein. Ein Ort, an dem sich Tiere und Menschen gleichermaßen wohlfühlen. Wiese ist nicht vom Fach, das würde sie auch nicht von sich behaupten. Im Gegenteil, sie legt Wert auf die Feststellung, dass sich eigentlich jeder das Wissen für eine tierfreundliche Gartenumgebung selbst aneignen kann. Sie sei auch gerne dabei behilflich. Also vertiefte sie sich in die Bücher. Informierte sich über die unterschiedlichen Bedürfnisse von Insekten, Vögeln und Säugetiere und fing an zu planen. Im Sommer 2019 folgte der erste Spatenstich.
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„Ein Garten ist immer in Bewegung und verändert sich mit der Zeit“. Sie sagt das auch, weil sie selbst eher ungeduldig ist: „Ich nutze Ansaaten, kaufe aber auch gerne heimische Wildstauden im Topf- das geht dann doch etwas schneller“, so Wiese. Manchmal sei das Endergebnis auch völlig unerwartet. „Scheitern gehört hier einfach auch dazu“, sagt die 37-Jährige und will damit anderen Menschen Mut machen, die glauben, sie hätten keinen grünen Daumen. Auch wenn es auf den ersten Blick ein bisschen chaotisch aussieht, jede Ecke in ihrem Garten erfüllt einen Zweck. So steht im Vorgarten eine große Steinpyramide, indem es sich ein Mauswiesel gemütlich gemacht hat. Auch das war so eigentlich nicht geplant: „Ich hatte gehofft, dass dort vielleicht ein paar Eidechsen ihren Unterschlupf finden“, so Wiese. Nun ist es also ein kleines Raubtier geworden.
Regionale Saatmischungen
Aus dem Garten hinter dem Haus hört man schon von weitem das Summen der Insekten, die sich auf das Wildblumenbuffet stürzen. Wichtig sei hier, dass man auch geeignetes Ausgangsmaterial findet: „Die Wildblumenmischungen aus den Baumärkten sind oft einjährig, gebietsfremd und haben weder Pollen noch Nektar, sehen schön aus, aber sind eigentlich gar nicht so gut geeignet für die heimischen Insekten“. Sie empfiehlt spezielle regionale Saatmischungen, von Pflanzen, die auf die Bodenbeschaffenheit des Sauerlands angepasst sind. Sie verrät, wie man mit Pflanzen auch gezielt Insekten und Vögel anlocken kann: „Zitronenfalter brauchen den Faulbaum als Nahrungsgrundlage für ihre Raupen, Distelfinken freuen sich über Kaden Karden“, erklärt Wiese.
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Überall finden sich in dem Garten kleine Inseln oder Flächen, die alle ihren ganz eigenen Zweck erfüllen. Wer darin jedoch Ordnung sucht, wird enttäuscht, denn hier handelt es sich nicht um einen durchgeplanten Garten mit akkurat gestutztem Rasen, sondern hier wächst und sprießt es teilweise in alle Richtungen: „Die Natur ist eigentlich mein stärkster Verbündeter“, sagt Wiese. Und so hilft die Natur im Pflanzenbeet nach, auf dem in trauter Dreisamkeit Bohnen, Mais und Kürbisse gedeihen: „Die Bohnen versorgen den Boden mit Stickstoff über ihre Wurzeln und nutzen die Maispflanzen als Rankhilfe. Der Mais und der Kürbis profitieren von dem verbesserten Boden. Der Kürbis hält die Feuchtigkeit in der Erde, indem er sie mit seinen Blättern beschattet“, so Wiese.
Mit Silber ausgezeichnet
Insgesamt war das Gartenkonzept für die Juroren der Stiftung „Tausende Gärten, Tausende Arten“ so überzeugend, dass sie den Garten der Familie Wiese mit „Silber“ bewerteten. Dabei nahmen sich die Tester vier Stunden Zeit, um den Garten zu beurteilen. Dabei geht es um Aspekte wie Artenvielfalt und die Verwendung vieler verschiedener heimischer Wildpflanzen. Ausschlusskriterien sind das Nutzen von Torf, chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel bzw. Gifte jeder Art. Bei Katharina Wiese fehlte noch das Einbinden von Wasser in Form eines Teiches und ein begrüntes Carportdach für das Erreichen von Gold. Am Ende konnte der Garten die Jury trotzdem überzeugen und darf sich nun mit der silbernen Auszeichnung schmücken. Dabei könnten aber nicht nur Menschen mit Garten zur Artenvielfalt beitragen, sondern auch Balkonbesitzer in der Stadt: „Am Ende geht es darum, den Insekten Nahrung zur Verfügung zu stellen. Ich nenne das ganz gerne Lebensinseln, als einzelne Stationen, auf denen die Tiere Unterschlupf und Nahrung finden können. Viele Wildstauden wachsen wunderbar auch im Topf ohne viel Gießen“. Das wäre doch schonmal ein guter Anfang, findet Wiese.