Willingen/Medebach. Aus VIVA Willingen wird VIVA Medebach. Die Partyschlagerfans haben bei der letzten Auflage in Hessen eine klare und deutliche Meinung dazu:

Das Stimmungsbarometer im Partybus zeigt an diesem Samstagmorgen steil nach oben. Bereits seit den frühen Morgenstunden tingelt der Doppeldecker von Herford aus über Paderborn und Soest. Ziel: das Partyschlagerfestival VIVA Willingen. Ein letztes Mal findet das heute dort statt. Denn weil der hessische Ort keine Lust mehr auf sein traditionelles Partyimage hat, wurden die Veranstalter gezwungen, sich mit Medebach eine neue Location zu suchen.

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Gelassene Atmosphäre an Board

Die Atmosphäre an Bord ist ausgelassen und fröhlich. Aus den Musikboxen scheppern Ballermann-Hits von Ikke Hüftgold, Mickie Krause und Mia Julia. Weinflaschen werden geöffnet, kleine Partyklopfer verteilt und Bierflaschen zum Prosten in die Luft gehoben. Besonders die Freundinnen Carmen und Juliane aus Bad Driburg sind voll dabei und singen kräftig mit. Beide sind quasi Veteraninnen der Veranstaltung und haben den Termin des Events immer fest in ihrem Kalender eingetragen. Die Vorfreude auf ein letztes Mal VIVA Willingen ist groß und trotzdem sind beide über den Umzug nach Medebach traurig. „Natürlich werden wir nächstes Jahr nach Medebach fahren, obwohl wir die Entscheidung der Willinger nicht wirklich gut finden“, sagt Juliane und Carmen nickt: „Hauptsache es geht weiter. Immerhin fahren wir schon seit zehn Jahren dahin“, sagt sie.

Eine Sitzreihe weiter bringt sich eine fünfköpfige, weibliche Partygruppe aus Lippstadt in Stimmung. Frederike (27), Kristina (27), Leonie (25), Monti (28) und Ash (28) prosten sich mit ihrem mitgebrachten Likör und süßen Wein aus Pappbechern zu. Die Vorfreude auf den Tag ist groß. Dass Willingen zukünftig seinen Ruf aufpolieren und sein Ballermannimage abstreifen möchte, können die Fünf nicht wirklich nachvollziehen. „Die Entscheidung ist doch scheiße. Man kann doch nicht so ein friedliches Festival verbieten, wenn gleichzeitig weiterhin Junggesellenabschiede und Fußballvereine jedes Wochenende trotzdem nach Willingen zum Saufen fahren“, sagt Frederike. Zum neuen Veranstaltungsort fällt den Mädels auch herzlich wenig ein. „Wo liegt dieses Medebach noch einmal? Das sagt mir so gar nichts“, ruft eine aus der Partytruppe und alle lachen.

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Festival-Gelände am Sauerlandstern

Auf dem Festivalgelände geht es bereits gegen Mittag trotz brütender Hitze und knallender Sonne so richtig ab. Das Event der Partyschlagerkünstler hat der doch recht skurril wirkende Schäfer Heinrich eröffnet. Langsam füllt sich die Wiese vor dem berühmten Hotel Sauerland-Stern. Die Berge rundherum sorgen für eine einmalige Atmosphäre. Das Partyvolk trägt zu Feier des Tages T-Shirts mit Aufschriften wie „Wenn ich betrunken bin, bring mich zu Kristina“ oder Werbung für den „Bierkönig“ und das „Oberbayern“ auf Mallorca. Das Publikum ist bunt gemischt. Mehr Frauen als Männer. Die Preise sind für eine Veranstaltung in so einer Größenordnung recht moderat. Vier Euro kostet ein Bier und trotz steigendem Alkoholpegel ist die Stimmung friedlich.

Mittlerweile hat Partysänger Stefan Stürmer die riesige Bühne betreten. Der Weggang aus Willingen beschäftige ihn, gibt er zu. „Da kriege ich einen Wolf. Ich bin hier groß geworden“, schmettert er ins Mikro. Trotzdem: auch er verspricht, dass man sich in Medebach wiedersieht - so wie eigentlich alle Künstler von Mickie Krause, über Anna-Maria Zimmer und Ikke Hüftgold.

„Schade, Willingen bietet so eine tolle Kulisse und ist bestimmt schöner als Medebach“, sagt Maik aus Rhede, der gemeinsam mit seinen Freunden Simone, André und Ann-Katrin an einem Stehtisch im Außenbereich der VIP-Zone steht. Zwar sind die Vier erst das erste Mal bei VIVA Willingen, doch das ganze Ambiente sei einfach „klasse“, sagt Simone. Ann-Katrin lässt ihren Blick über das gesamte Gelände schweifen und grinst zufrieden. „Aber eigentlich ist uns die Entscheidung heute und hier egal. Wir sind nur da, um zu feiern.“

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Frenzy Blitz freut sich auf Medebach

Im VIP-Zelt schreitet derweil Schlagersängerin Frenzy Blitz durch den Raum. Einige VIP-Gäste wollen Selfies mit der Frau, die jede Woche auf Mallorca und ansonsten im gesamten Jahr auch auf vielen anderen Partygroßveranstaltungen wie den Olé-Events auftritt. „Ich bin das erste Mal hier. Es ist hier einfach supergeil“, sagt sie und bringt sich für das Reporterbild professionell in Pose. „Ich kenne Medebach zwar nicht, aber dort wird es bestimmt so geil wie hier auch. Es kommt nur auf die richtigen Leute an“, sagt sie und verschwindet wieder, um sich auf ihren Auftritt vorzubereiten.

Auf der Bühne ist es nun Zeit für Anna-Maria Zimmermann. Ihre Songs wie „1000 Träume weit“ und „Himmelblauen Augen“ singt sie live. Die Fans sind begeistert. Denn nicht jeder der Künstler hier schmettert seine Lieder ohne technische Unterstützung. Auch Zimmermann spricht das Thema Umzug nach Medebach an. Ihr Ansatz: Praktisch. „Dann zieht die Karawane halt weiter“, ruft sie und erntet Applaus und Gejohle.

Weniger euphorisch ist dagegen die Schmallenberger Partytruppe, die ihre Bierchen in Ruhe an einem Stehtisch im VIP-Zelt zu sich nehmen. Nattan (26), Bernd (26) und Philipp (29) sind Stammgäste und bereits das fünfte Mal hier. Für Phillip ist die Sache klar: „Willingen ist besser“, sagt er und die anderen stimmen ihm mit einem Kopfnicken zu. Nattan legt den Kopf in den Nacken und überlegt kurz: „In Medebach sind die ganz andere Besucher und Touristen gewohnt. Die Bevölkerung dort ist bestimmt nicht so scharf auf die Veranstaltung“, sagt er.

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Draußen setzt die Dämmerung ein und die Sonne verschwindet langsam hinter den Bergen. Ein letztes Mal noch bittet Headliner Mia Julia den Veranstalter Horst Schröder unter Applaus auf die Bühne. Und während die letzten, aber intensiven Sonnenstrahlen das Schlussfeuerwerk fast verschlucken, wächst bei vielen Schlagerfans auf dem Nachhauseweg die Erkenntnis: „Das kann es noch nicht gewesen sein. Nächstes Jahr sehen wir uns in Medebach.“ Doch wie es dann werden wird, steht noch in den (Schlager-) Sternen.