Winterberg. „Aktuell kann ich nicht sagen, wie wir das alles bezahlen sollen“, sagt Winterbergs Bürgermeister. Die Finanzen der Stadt stehen unter Druck.

Herausforderungen wie Digitalisierung, Bildung und die Energiewende werden immer drängender. Die Stadtsäckel der Kommunen aber immer dünner. „Die Stadt Winterberg ist sicher eine der wenigen Kommunen, die aufgrund der Pandemie erhebliche finanzielle Einbußen erlitten hat, die auch nicht ausgeglichen wurden. Daher steht die Stadt Winterberg, trotz der schnellen Erholung des touristischen Marktes und der kommunalen Einnahmen aus diesem Sektor, weiter vor großen Herausforderungen“, sagt die Pressesprecherin der Stadt, Rabea Kappen. Die Krisen der vergangenen Jahre habe Spuren in den Haushalten hinterlassen. Hinzu kämen die vielen Herausforderungen der nächsten Jahre.

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Bürgermeister Michael Beckmann
Bürgermeister Michael Beckmann © Stadt Winterberg

Erhebliche Investitionen bei der Bildung

Gerade im Bildungsbereich seien erhebliche Investitionen erforderlich, um die von Bund und Land ausgesprochene Ganztagesgarantie, beginnend ab Klasse 1, ab dem August 2026 und die Rückkehr von G8 auf G9 überhaupt räumlich abbilden zu können. Die Auswirkungen dieser Entscheidungen treffe auf eine Gebäudeinfrastruktur, die bereits heute „keine Spielräume für neue Klassen zulässt“, sagt Kappen. Vor solchen Entscheidungen würde es, laut Verwaltung, Sinn machen, wenn Bund und die Länder erstmal in die Städte „hineinhören“, um zu erfragen, ob die Städte überhaupt personell und finanziell in der Lage sind, solche Ansprüche umzusetzen.

Die Krisenjahre 2020 und 2021 hätten „viele Bremsspuren“ in den öffentlichen Kassen hinterlassen, zumal gerade Winterberg vom Tourismus lebe. So brach die Gewerbesteuer in den Jahren 2020 und 2021 massiv ein und habe sich erst im vergangenen Jahr auf das Vorkrisenniveau erholt. Zu der Bewältigung der Multikrisen wie Pandemie, Energiekrise oder auch die Flüchtlingssituation kämen jetzt auch notwendigen Investitionen in Bildung, in den Feuerschutz oder die Infrastruktur wie Brücken oder Straßen hinzu. Das führe zu einem planerischen Anstieg der Verschuldung auf annähernd 50 Millionen Euro. Die damit verbundenen Zinsaufwendungen verdoppeln sich von 2023 bis zum Jahr 2026 in Folge des ansteigenden Zinsniveaus auf 1,2 Millionen Euro.

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Sehr hohe Pro-Kopf-Verschuldung

„Allerdings sind gerade die Investitionen in die Bildung, also die Zukunft unserer Kinder, oder den Feuerschutz, also in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, unumgänglich.“ Zusätzlich zu dieser Neuverschuldung belasten die Altschulden den städtischen Haushalt von Jahr zu Jahr. Ausweislich des Jahresabschlusses zum 31. Dezember vergangenen Jahres belaufen sich die Verbindlichkeiten aus Krediten für Investitionen auf rund 32,8 Millionen Euro. Dies entspreche einer Pro-Kopf-Verschuldung von 2.639 Euro. Durch die Altschulden, also die Schulden aus der Vergangenheit, ist die Stadt Winterberg eine Stadt mit einer sehr hohen Pro-Kopf-Verschuldung in NRW.

Mit dieser Verschuldung waren Zinsaufwendungen im Jahr 2021 in Höhe von rund 595.000 Euro verbunden. Viele der Investitionen müssten aufgrund der Zeitpläne von Bund und Land zeitig umgesetzt werden. „Das stellt uns vor eine riesige Herausforderung. Aktuell kann ich nicht sagen, wie wir das alles bezahlen sollen. Hier sind wir auf die finanzielle Unterstützung von Bund und Land angewiesen, um all diese Aufgaben bewältigen zu können, ohne die eigene Handlungsfähigkeit für unsere eignen kommunalen Aufgaben nicht zu verlieren“, sagt Bürgermeister Michael Beckmann. Man brauche dringend die von Bund und Land angekündigte Lösung für die Altschulden. Allerdings müssten sich diese dann auch zu einer künftigen auskömmlichen Finanzierung der Städte und Gemeinde bekennen, denn die Altschuldenlösung heile, laut Beckmann, nur die nicht auskömmliche Finanzierung der Vergangenheit, nicht die der Zukunft.

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Positiver Blick

Man könne heute nicht sagen, ob die Bürgerinnen und Bürger die kommunalen Herausforderungen finanziell spüren werden. Das Ziel bleibe aber weiterhin, dass man diese Herausforderungen ohne Steuererhöhungen meistern könne. „Bei allen kommunalen Investitionen, zum Beispiel in Immobilien, denken wir das Thema Klimaschutz immer mit. Allerdings fällt es uns aktuell aufgrund der unsicheren Rechtslage, zum Beispiel bei dem Gebäudeenergiegesetz, schwer, zu entscheiden, welche Energiequellen in kommunale Gebäude eingebaut werden sollten“, sagt Bürgermeister Beckmann. Aufgrund der aktuellen Situation drohe außerdem ein finanzielles Problem bei der Klimatransformation, vor dem auch die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi-Köhler Geib. Beckmann betont, dass diese Sorge berechtigt sei.

Trotzdem blicke er positiv nach vorne. „Worauf wir uns in unserer Stadt immer verlassen können, ist das große Engagement der Bürgerinnen und Bürger, um die Energiewende voranzutreiben. Denn eines ist auch klar: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie lokal gelingt,“ so Michael Beckmann.