Die Ersterwähnung der „villa brylon“ stammt vom 4. Juni 973. Weitere Notizen gab es erst um 1180. Das erste Briloner Jahrhundert in Wort und Bild

Brilon. Wann Brilon genau entstand, wie es aussah, welche Größe der Ort vor dem Jahr 1220 hatte und wie viele Menschen hier lebten, darüber gibt es keine sicheren Aufzeichnungen, erklärte Museumsleiter Carsten Schlömer. „Einziges Dokument ist die Ersterwähnung einer „villa brylon“ vom 4. Juni 973, in der Kaiser Otto II. dem Erzstift Magdeburg die Besitzungen zusprach.“ Vermutlich bestand die Ursiedlung aus einem kleinen Weiler und ein paar Höfen. Dort, wo heute die Hubertuskapelle ist.

200 Jahre im Schatten der Geschichte

Dann ging Brilon erst einmal 200 Jahre im Schatten der Geschichte verloren. Erst 1180 wurde das Herzogtum Westfalen den Kölner Erzbischöfen übergeben. Um seine Grenzen zu sichern, zog Erzischof Engelbert I. von Berg 1217 bis 1220 durch das Sauerland um zu sehen, welche strategisch wichtigen Orte seine Herrschaft stützen konnten. Er erkannte das wirtschaftliche Potenzial von Brilon mit stark entwickeltem Bergbau und Forstwirtschaft, denn hier gab es schon vorher ein aktives Wirtschaftsleben. Alles fing mit dem Bleibergbau an, er war der Grund für die Menschen, sich hier anzusiedeln. Ohne den Bergbau, Eisen und Blei wäre die Stadt, wie sie heute ist, undenkbar. Seit dem 11. Jahrhundert fanden sich auch Spuren einer Montanwirtschaft. Holz war die Grundlage für die schnell entstehenden Köhlereien. Engelbert konnte sicher sein, dass bei den Ressourcen um Brilon herum, dieser Ort schnell wachsen würde. Er wählte Brilon als wichtigste Stadt für eine Stadtrechtsverleihung im Jahr 1220. Damit begann die Reise ins Goldene Jahrhundert.

Mittelalterliche Mönche nutzen Pergament-Handschriften um Bücher einzubinden und zu stabilisieren
Mittelalterliche Mönche nutzen Pergament-Handschriften um Bücher einzubinden und zu stabilisieren © Monika Wiegelmann
Bleischlacke mit dem Bleibergbau fing in Brilon das Wirschaftsleben an 
Bleischlacke mit dem Bleibergbau fing in Brilon das Wirschaftsleben an  © Monika Wiegelmann
Mitte rechts an der Bleischlacke liegt die Bleisiedlung Brilon
Mitte rechts an der Bleischlacke liegt die Bleisiedlung Brilon © Monika Wiegelmann | Monika Wiegelmann
Brilon war strategisch wichtig für Erzbischof Engelbert und bekam die Stadrechtsverleihung
Brilon war strategisch wichtig für Erzbischof Engelbert und bekam die Stadrechtsverleihung © Monika Wiegelmann | Monika Wiegelmann

Engelberts Kalkül war einfach: privilegierte er einen Ort und räumte den Bürgerschaften Rechte ein, konnte er sicher sein, dass sie ihn als Landesfürsten anerkannten und loyal nach seinen Gesetzen lebten. Orte wie Alme wurden vermieden, denn da saßen Adelige und die ließen sich nichts wegnehmen. Mit der Stadtrechtsverleihung durfte sich ein Magistrat, der Stadtrat bilden, dem es erlaubt war, Statuten aufzusetzen und politische Entscheidungen zu treffen – wie eine Justiz, die Gründung von Gilden und Zünften und das Abhalten von Märkten. Der Magistrat konnte politische Entscheidungen treffen und Brilon bekam ein Justizgericht. Die Stadtmauer entstand und die Stadt wurde in vier Quartale eingeteilt, so konnte man Steuern der Bevölkerung besser einteilen. Wie viele Menschen im Mittelalter in Brilon lebten, kann niemand sagen. Erst aus den Schätzungslisten im Jahr 1484 kannte man zumindest die Steuerzahler der Quartale.

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Die gigantischsten Spuren dieser Zeit sind die Propsteikirche und das Rathaus. Landesherren protzten gerne mit großen Denkmälern und die Propsteikirche wurde schon kurz nach Engelberts Besuch geplant. Leider erlebte er die Fertigstellung nicht mehr, er wurde 1225 von einem Verwandten umgebracht. Das zweite Monument war das Rathaus, ein Gildehaus für Waren der Händler. Zwei lange Hallen dienten Briloner Zünften als Umschlagplatz für hier hergestellte Produkte aus Eisen, Holz, Tuche, Landwirtschaft sowie der Handwerker. Man öffnete die Stadttore für Händler aus Korbach, Soest und den umliegenden Ortschaften.

Nur Männer waren vollwertige Mitglieder

Wann war ein Mensch ein Bürger? In den Statuten wurde auch das Bürgerrecht geregelt und festgelegt, wann ein Mensch ein Bürger war. Nur männliche Personen galten nach Zahlung eines Bürgergeldes als vollwertiges Mitglied der Bürgerschaft. Für den Hausbau innerhalb der Stadtmauern musste man Vollbürger sein. Frauen galten noch als vom Mann abhängig und ihm unterordnet. Sie waren rechtlich nicht selbständig. Nur durch Heirat oder direkte Verwandschaft galten sie als Bürgerin.

Warum haben wir heute mit Huberta ein inoffizielles Wappentier? Der Esel findet sich noch heute überall im Stadtbild, als Statue oder in den Straßennamen. Auch lebendige Esel gibt es noch zahlreiche in Brilon und das Museum Haus Hövener hat gerade erst drei junge Grautiere angeschafft, etwa für Stadtführungen. Dass die Hubertas sich so in Brilon etabliert haben, liegt an der Kaufmannschaft und den Gilden, die sich im Mittelalter bildeten. Damals schlossen sich Handelsleute zusammen, um Waren zu anderen westfälischen Städten zu bringen. Das war in Gemeinschaften effizienter und sicherer. Esel galten als die wichtigsten Transporttiere. Sie waren trittsicher, genügsam und pflegeleichter als Ochsen oder Pferde. Auch andere Städte wie Rüthen erkannten den Wert dieser Nutztiere.

Die drei Säulen des wirtschaftlichen Aufschwungs im Blütejahrhundert: „Eisen – Holz – Erde machten Brilon zu einer der „Hauptstädte“ im Herzogtum Westfalen. Aber auch die Herstellung von Tüchern aus Wolle und die Gerberei waren ein Produktionszweig. Holz verwendeten neu entstandene Zünfte wie Dachdecker und Zimmerer. Mehrmals erlaubten die Erzbischöfe den Bürgern, Wälder für den Hausbau zu nutzen. Aber Brilon verfügte im Mittelalter über weniger Wälder als heute und Förster oder Aufforstungen gab es nicht. Der Gedanke an Nachhaltigkeit kam unseren Vorfahren erst im 16. Jahrhundert, als die „Urwälder“ des Sauerlands nur noch in Teilen existierten. Bauern oder Handwerkern war im Mittelalter die Jagd nicht erlaubt. Briloner waren eine Ausnahme. Vermutlich jagte man nur für den eigenen Bedarf, denn die Bevölkerung innerhalb der Stadtmauern wuchs so stark, dass die Nahrungsversorgung auf den kargen Böden hier immer schlechter wurde. Man nutzte deshalb die gerodeten Wälder als Ackerbauflächen. Eine weitere Besonderheit war hier war das Bierbrauen aus Wasser, Gerste und Hopfen. Dieses Bier war kein reines Genussmittel, aber durch die Nährstoffe und den geringen Alkoholanteil wurde es zum wichtigem Nahrungsmittel.Quellen: Heimatbund Museum Haus Hövener