Hochsauerland. Ein Jahr nach Kriegsbeginn ist Frieden in der Ukraine nicht in Sicht. Sauerländer Militärexperte Patrick Sensburg über Lösungen des Konflikts.

Am 24. Februar 2022 überfielen russische Truppen das Nachbarland Ukraine. Seitdem sind tausende Menschen gestorben, noch viel mehr wurden verletzt, vertrieben oder sind geflüchtet. Der Sauerländer Militärexperte und Präsident des Reservistenverbandes, Professor Patrick Sensburg aus Brilon, ordnet zu dem traurigen Jahrestag das Geschehen aus Expertensicht ein.

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Ein Jahr nach Kriegsbeginn scheint eine Lösung für den Konflikt in weiter Ferne. Glauben Sie, es wird in nächster Zukunft möglich sein, ernsthafte Friedensgespräche zu führen?

Ich habe immer gesagt, dass der Krieg sehr lange dauern wird und dies gilt auch immer noch. Präsident Biden hat gerade in Warschau deutlich gemacht, dass Putin den Krieg jederzeit beenden kann, indem er seine Truppen aus der Ukraine abzieht. Er wird dies jedoch nicht machen, da ihm Menschenleben egal sind. Putin will in die Geschichte eingehen als der, der das russische Reich in den Grenzen der Sowjetunion wieder aufgebaut hat. Die schrittweise Übernahme von Belarus war schon lange vor dem Angriff auf die Ukraine erklärtes Ziel im Kreml. Die russische Nuklearwaffenstrategie macht zusätzlich deutlich, dass man sich auch Staaten, wie Estland, Lettland und Litauen wieder einverleiben will. Alles dies ist schon lange erklärtes Ziel von Putin – wir haben es nur nicht glauben wollen.

Wo steht der Krieg derzeit: Können Sie die aktuelle Lage einmal bewerten und einschätzen?

Der Krieg ist im Winter in einen Stellungskrieg übergegangen, in dem sich nicht viel bewegt auf beiden Seiten. Das Leid der Zivilbevölkerung ist unermesslich. Sobald es die Witterung zulässt, wird Russland versuchen mit neuen Soldaten und neuem Gerät wieder vorzustoßen. Die Ukraine wird mit modernerem westlichem Gerät, ungebrochenem Verteidigungswillen und besseren Ortskenntnissen russische Truppen von der Versorgung abschneiden und versuchen sie zurückzudrängen. Es entwickelt sich ein Krieg der westlichen Technologie gegen schlecht ausgebildete russische Truppen mit einer Ausrüstung, die zwar nicht schnell zur Neige gehen wird, aber qualitativ nicht an westliche Standards herankommt. Ergänzend sei angemerkt, dass selbst wenn wir ein schnelles zurückdrängen der russischen Truppen aus der Ukraine erleben werden, es auch in den kommenden Jahren eine explosive Grenze in Europa mit Russland geben wird. Nach diesem Krieg wird man sich nicht die Hände reichen und zum Alltag zurückkehren.

Nach der Panzerzusage ist fast im selben Moment die Forderung nach Kampfjets öffentlich geworden. Wie bewerten Sie die Forderungen und sollte Deutschland auf diese Forderung eingehen?

Dass die Ukraine alles fordert, was ihre Verteidigungskraft steigert, ist verständlich. In Anbetracht der fast täglichen Bombardierungen kann man den Druck verstehen, der auf der ukrainischen Führung lastet. Ich denke aber, dass Munition, Geschütze, der Schutz vor Luftangriffen und die Ausbildung ukrainischer Kräfte jetzt wichtiger ist. Je nachdem, wie der Krieg in den kommenden Wochen verläuft, kann auch über ganz andere Unterstützung nachgedacht werden. Die Lieferung von Kampfjets ist derzeit aber kein Thema.

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