Marsberg-Essentho. Auch Dachdeckermeister Tim Heiße aus Marsberg-Essentho fehlt der Nachwuchs. Mit ungewöhnlichen Aktionen der Handwerker soll abgeholfen werden.

„Hallo, mein Name ist Tim Heiße. Ich bin Dachdeckermeister aus dem Sauerland. Was ich an dem Beruf so toll finde, ist einfach, dass wir viele verschiedene Baustellen haben, die auch mal herausfordernd sind, aber auch spannend, dass wir verschiedene Materialien haben, Bitum, Dachziegel, Schiefer. Und wie man das bearbeitet, das macht einfach Bock.“

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So stellt sich Tim Heiße in dem Video vor und wirbt für sein Handwerk. Mit ihm Handwerker aller Coleur aus der ganzen Bundesrepublik. Vor dem Video steht ein Plakat. Darauf sind die jeweiligen Handwerker in Arbeitskluft zu sehen. Die Plakate hängen in Bussen, in Jugendzentren, in Schulen. Per QR-Code öffnet sich das Plakat und wird lebendig. Über einen weiteren QR-Code wird man direkt zum Handwerksbetrieb geleitet und kann dort Kontakt aufnehmen.

Die Plakate sind ein Teil der bundesweiten Kampagne „Das Beste am Handwerk“. Dazu gehört auch ganz frisch ein dröhnendes Musikvideo zum eigens bearbeiteten Metal-Sond „Alles was ich will“. Dachdecker, Friseure, Bäcker oder Fotografen stehen gemeinsam vor der Kamera. Im Trockennebel posieren sie in ihrer jeweiligen Handwerkerkluft, tanzen, singen, setzen sich und ihre Werkzeuge in Szene.

Seit Jahren fehlt Nachwuchs

Musik-Video

Die Image-Kampagne der Kreishandwerkerschaft Nordwestmecklenburg startete Ende 2016. 2019 dehnte sie die Kampagne auf ganz Mecklenburg-Vorpommern aus und stellte die Weichen für eine bundesweite Interaktion. Seit knapp drei Jahren läuft ein Podcast, der junge Azubis im Arbeitsalltag und in ihrer Freizeit begleitet.

Das Musikvideo „Alles was ich will“, feierte auf Silvester um 21 Uhr seine Premiere live auf Instagram Hashtag: dasbesteamhandwerk. Alle Aktionen der Kreishandwerkerschaft Nordwestmecklenburg: www.das-beste-am-handwerk.de

Dahinter steckt die Kreishandwerkerschaft Nordwestmecklenburg-Wismar. Ziel des „einzigartigen Projektes“ ist es, Nachwuchs für die Innungen zu gewinnen, sagt Projektleiter Tobias Böse auf Nachfrage am WP-Telefon. Er hofft, dass dieses besondere Ausbildungsmarketing die junge Zielgruppe dazu bringt, selbst über einen Einstieg ins Handwerk und damit in die duale Berufsausbildung nachzudenken. In jedem Jahr gibt es zum Ausbildungsstart eine neue Kampagne. Mitmachen können Kreishandwerkerschaften, Innungen aber auch Innungsbetriebe.

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Vom Nachwuchsmangel kann auch Dachdeckermeister Tim Heiße ein Lied singen. Gemeinsam mit seinem Vater Michael führt er seinen Meisterbetrieb in Essentho. Zum Team gehören zwei Dachdeckergesellen und ein Zimmermann. Gerne würde er ausbilden. Aber seit Jahren hat sich nicht ein junger Mann oder Frau bei ihm um einen Ausbildungsplatz beworben. Für den jungen Dachdeckermeister ein Unding. Durch Zufall erfuhr er auf Instagram von der Image-Kampagne der Kreishandwerkerschaft Nordwestmecklenburg-Wismar. „Sie suchten Handwerker, die bereit waren bei einem Musikvideo mitzumachen“, erzählt er im Gespräch mit der WP.

Mit dem Plakat stellt Dachdeckermeister Tim Heiße sich und sein Handwerk vor. Mit Klick auf den QR-Code wird es lebendig.
Mit dem Plakat stellt Dachdeckermeister Tim Heiße sich und sein Handwerk vor. Mit Klick auf den QR-Code wird es lebendig. © Kreishandwerkerscahft | kreishandwerkerschaft

Tim Heiße war bereit und „gleich von der Idee überzeugt“. Er meldete sich. Mitte Dezember fuhr er für einen Tag zum Dreh nach Güstrow. So wie 30 andere Handwerker aus ganz Deutschland. Es hätten sich sogar 45 angemeldet, erzählt er weiter. Die weiteste Anreise hätte jemand aus München gehabt. Dabei waren weitere Dachdecker und Zimmerleute, aber auch Friseure, Bäcker, Maler oder Metallbauer.

Zum Videodreh war ein Studio durch Vorhänge komplett in Schwarz gehüllt. Laute Metalklänge hämmern aus den Musikboxen. Ein Friseurmeister greift zur Haarspraydose, die Feuer sprüht, andere Handwerker greifen zum Vorschlaghammer, Handkreissäge und Schlagbohrmaschine. „Ich bin das Handwerk, uuuh, ich kann alles was ich will. Alles, was ich will“, so der markige Refrain des umgetexteten Metal-Songs.

Video-Dreh in Güstrow

Tim Heiße ist begeistert. Er hat gerne mitgemacht. Für die richtige Kameraeinstellung sorgte ein professioneller Kameramann. „Alle haben alles gegeben, sind richtig aus sich rausgekommen und haben das Handwerk richtig perfekt präsentiert“, lobt Projektleiter Böse das Engagement der Teilnehmenden. Was in Tim Heiße noch lange nachhallen wird: Vor allem die Solidarität der Handwerker untereinander habe ihm gut getan, sagt er. „Es ist wichtig nicht gegeneinander zu arbeiten.“

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Mit der Kampagne „Das Beste am Handwerk“ will die Handwerkskammer Aufmerksamkeit schaffen. Das vermeintlich verstaubte Handwerk sei weit mehr als jahrhundertealte Tradition, wirbt Tim Heiße dafür. Es biete moderne Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und gute Aufstiegschancen.

„Ich weiß nicht, wer immer sagt, dass das Handwerk so ein schlechtes Image hat“, sagt Projektleiter Böse. Es gebe so viele junge Handwerker und Handwerkerinnen, die stolz sind auf ihren Beruf.

Die digitalen Social-Media-Kanäle zu nutzen, um vor allem junge Leute auf sich aufmerksam zu machen, hält Tim Heiße für sehr wichtig und eine richtig gute Idee. Er engagiert sich aber auch persönlich vor Ort. Bei der Ausbildungsmesse im Frühjahr in Marsberg war er dabei. Und er ist Mitglied im Gesellen-Prüfungsausschuss des Kreises.