Brilon. Briloner Luca Welticke (21) hat einen typischen Frauenberuf: Erzieher. Er erklärt seine Entscheidung und sagt, wieso Männer in Kitas wichtig sind

Luca Welticke (21) hatte bisher an seinem Arbeitsplatz nur einen männlichen Arbeitskollegen. Überhaupt. Denn Luca Welticke arbeitet als Erzieher in der Kindertagesstätte Lummerland der AWO in Brilon – und ist als Mann eher eine Kuriosität in einem von Frauen dominierten Beruf, dem der Kindererzieher.

Fachabitur in Olsberg, danach in die Kita nach Brilon

„Am schönsten ist es eigentlich, zu beobachten, wie die Kinder sich entwickeln, wie man sie unterstützen kann“, sagt Luca Welticke. Schon in der neunten Klasse, nach seinem ersten Praktikum in einer Kita, war ihm klar, dass er in einer Kita arbeiten möchte. „Das hat mir einfach Spaß gemacht“, sagt er. Er macht sein Fachabitur in Olsberg im Bereich Gesundheit und Soziales, anschließend eine Ausbildung die zwei Jahre andauert und nicht nur schulische, sondern auch praktische Elemente hatte. Ab Sommer diesen Jahres ist er mit seinem Anerkennungsjahr fertig, das er derzeit im Lummerland absolviert. Was danach kommt, weiß er noch nicht genau, aber er will unbedingt weiterhin mit Kindern arbeiten.

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„Für meinen Freundeskreis war das ganze erst etwas ungewöhnlich. Die Reaktionen waren durchweg gut, aber wer mich kennenlernt denkt nicht als erstes daran, dass ich Kindererzieher bin“, sagt er und grinst. Viele spiegeln ihm aber, dass sie es richtig gut finden, dass ein Mann als Kindererzieher arbeitet, insbesondere auch die Eltern der Kinder, die er betreut. „Viele finden, dass es für die Kinder wichtig ist, eine männliche Bezugsperson zu haben. Oft fehlt daheim der Papa, weil er in der klassischen Rollenverteilung einfach mehr arbeitet. So ist es schön, wenn das Kind nicht nur von Frauen umgeben ist“, sagt Luca Welticke. Die Kinder würden ihn ohnehin direkt sehr offen als Spielpartner aufnehmen und akzeptieren. Luca Welticke lacht: „Es ist eher so, dass sie einfach irgendwann vor mir stehen, mich ansehen und sagen: Und du bist also ein Mann! Wie eine Feststellung. Danach ist das Thema dann für die Kleinen abgehakt.“ Seine Kolleginnen behandeln ihn wie jedes andere Teammitglied. „Außer, dass ich oft dafür zuständig bin, die schweren Sachen zu tragen“, sagt er. Manchmal wünscht er sich schon einen männlichen Arbeitskollegen, er findet es aber nicht schlimm, keinen im Team zu haben. Zwischen ihm und seinem Team herrsche gute Stimmung.

Als Mann in einer Frauendomäne: Vorbild für andere Männer?

Dass er als Mann in einer Frauendomäne vorangeht, vielleicht sogar Vorbild für andere Männer sein kann, darüber denkt er nicht nach. „Das kommt ohnehin immer mehr, in meiner Klasse waren ein Viertel der Schüler Männer.“ Er glaubt daran, dass das in Zukunft nur noch mehr werden.

Luca Weltickes Tag beginnt früh. Er kommt vor den Kindern in der Kit an, macht die Gruppe fertig, saugt, macht sauber, stellt die Stühle vom Tisch. Dann muss das Frühstück gemacht, Brot geholt werden. Dann werden die Kinder in Empfang genommen – und es kommt zu dem einen Moment, den er als einziges an seinem Beruf als schwierig empfindet: Der Trennungsschmerz. „Mir fällt nicht viel schwer an unserem Beruf, selbst an den Lärmpegel gewöhnt man sich mit der Zeit. Aber wenn ein Kind weint, weil es sich nicht von seinen Eltern trennen kann, dann weiß ich auch manchmal nicht weiter.“

Tage sind abwechslungsreich – und doch fehlt es an Wertschätzung durch Politik

Seine Tage sind abwechslungsreich. Nach dem Morgenkreis wird gespielt, ein Bastelangebot gemacht oder nach draußen gegangen. „Wir sprechen uns morgens ab, jeder hat seine Ideen, was man den Kindern anbieten kann“, erklärt er. Nach dem Mittagessen werde der Snack vorbereitet, gespielt. „Der Alltag ist aber nicht alles, wir bereiten das Elterncafé vor, Weihnachtsmärkte oder andere Angebote, die sich auch an Eltern richten.“ Gerade diese Organisation hinter den Kulissen sei oft Arbeit im Verborgenen. „Zur Organisation kommen dann Kollegen, die krank oder im Urlaub sind und schon wird es knapp.“ Er wünscht sich, dass der Beruf des Erziehers mehr Wertschätzung erhält, auch und insbesondere durch die Politik.

Ein verbesserter Personalschlüssel und staatliche Förderungen seien ein Anfang, wie er sagt. „Unser Beruf ist eine Berufung, den macht man nicht, um viel Geld zu verdienen, sondern weil er einem Spaß macht.“