Brilon. Menschen, die stark übergewichtig sind, finden in Brilon Hilfe. Eine Expertin erklärt, worauf es ankommt und sagt: „Nach der OP ist alles anders.“

Ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland ist laut RKI adipös, also stark übergewichtig. Auch durch die Corona-Pandemie und mit den Wintermonaten ist dieses Risiko für die Gesundheit eine Herausforderung und nicht zu unterschätzen. Im Maria-Hilf Krankenhaus Brilon finden betroffene Patientinnen und Patienten Hilfe im Adipositas-Zentrum, das sich gerade im Aufbau befindet. Beratung, Betreuung und Behandlung stehen dabei an erster Stelle. Diagnostik, Behandlung und chirurgische Maßnahmen sowie Therapien ohne Operation bieten Dr. Martin Pronadl und sein Team an.

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Eigene Erfahrungen

Seit einigen Wochen ist Sarah Wiese Fachkoordinatorin für das Adipositas-Zentrum des Briloner Krankenhauses. Wie sie zu dieser Stelle kam, ist eng mit ihrer eigenen Patientengeschichte verknüpft. „Eigentlich wollte ich immer Hebamme werden“, erinnert sich die 43-jährige Olsbergerin. „Aber ich liebe meinen Beruf! Ich bin irgendwie so da rein reingerutscht. Ich habe eine medizinische Ausbildung, deswegen war der Schritt nicht so groß. In erster Linie war ich vorher auch Patientin und wurde 2016 selbst operiert. 65 Kilo habe ich verloren. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens und das Gleiche erlebe ich auch bei den Patienten.“

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Bodymaß-Index

Ab einem Bodymaß-Index (BMI) von 25 gelten Menschen als übergewichtig, ab einem von 30 als adipös. „Zu uns kommen Patienten ab einem BMI von 35. Viele haben zudem adipositas-assoziierte Erkrankungen, wie Diabetes oder Bluthochdruck“, erklärt Sarah Wiese. „Die meisten Patienten haben auch schon eine Diätkarriere hinter sich, aber ab einem bestimmten Punkt schafft man es einfach nicht mehr alleine abzunehmen.“

Der typische Ablauf bei der Arbeit der Fachkoordinatorin: „Die Patienten rufen mich in der Regel an und besuchen uns dann kurze Zeit später erst einmal für ein Beratungsgespräch.“ Danach folge die Behandlung im Krankenhaus in Brilon mit Hilfe eines multimodalen Therapiekonzepts. „Damit die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden, müssen immer sechs Monate vor der Beantragung eingeplant werden, um die verschiedenen Unterlagen vorzubereiten. Außerdem braucht es neben einem Besuch beim Hausarzt auch ein psychologisches Gutachten, Bewegungstherapie, eine Ernährungsberatung und die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe.“ Im August 2016 hatte Wiese angefangen die Selbsthilfegruppe zu leiten, seit diesem Sommer hat sie die Leitung an Julia Becker abgegeben, selbst auch Adipositas-Patientin.

Wichtig: Verhalten ändern

„Nach der OP ist alles anders“, sagt Sarah Wiese. Auch deswegen sei die lebenslange Nachsorge, die das Adipositas-Zentrum garantiert, sehr wichtig. Alle Patienten blieben auch nach der Operation Teil der Selbsthilfegruppe Adipositas, um sich weiterhin mit anderen auszutauschen. Dabei sei egal, ob man den operativen Weg wähle oder es anders schaffe, so die Fachkoordinatorin. „In der Regel muss man ja sein ganzes Verhalten verändern, sowie seine Ernährung und Portionsgrößen umstellen. Bei diesen und weiteren Fragen, stehen wir den Patienten bei.“ Das Schönste im Beruf ist für sie, „wenn die Patienten nach ihrer OP glücklich sind.“

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Hat sie den Eindruck, dass es mehr adipöse Menschen durch die Corona-Jahre gibt? „Wer hat durch die Pandemie und die Lockdowns nicht zugenommen?“, fragt Sarah Wiese und lacht, wird aber schnell wieder ernst. „Ja, das könnte tatsächlich sein. Aber wenn die Patienten mich anrufen, spreche ich ja weniger über genaue Auslöser oder Zeitpunkte.“ Einen Punkt möchte sie betonen: „Alle, die zu uns kommen, müssen wissen: Hier wird niemand ausgelacht, in eine Schublade gesteckt oder belächelt. Hier werden die Patienten an die Hand genommen“, sagt Sarah Wiese. „Ich weiß ja, wie es ist und kann mich in die Patienten hineinversetzten. Ich saß auch einmal auf der anderen Seite der Beratung.“

Der erste Kontakt ist per E-Mail, Anruf oder auch über WhatsApp möglich. Erreichbar ist Sarah Wiese unter 02961/780-1361 oder über . Die Selbsthilfegruppe trifft sich jeden ungeraden Montag um 18.30 Uhr im großen Konferenzraum des Krankenhauses Maria-Hilf Brilon. Ein Onlinemeeting ist außerdem an den geraden Montagen um 18.30 Uhr geplant. Die Gruppe wird neben Julia Becker durch Adipositas-Experten bei Bedarf ergänzt.