Hochsauerland. Mit der Hitze steigt der Wasserverbrauch. Nach trockenen Sommern haben sich die Speicher kaum erholt. Ist eine Dürre wie in Italien hier möglich?
Kommt die große Hitze bis ins Sauerland? Und wie ist es um die Trinkwasserversorgung bestellt? „Ja, es wird warm. Aber wie es aussieht, verschiebt sich die Welle um ein paar Tage nach hinten. Erst Dienstag und Mittwoch nächster Woche werden wir die 30 bis 35 Grad auch bei uns erleben. Man muss abwarten, wie es sich danach entwickelt“, sagt Julian Pape vom Wetterportal Sauerland.
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Appell an die Bürger/innen
Er denkt dabei mit etwas Sorge an drei extrem trockene Sommer, nach denen es im Erdreich in bis zu 1,80 Meter Tiefe staubtrocken war. „Momentan sieht es dort noch relativ moderat aus. Der Sommer 2021 hat die Situation etwas entspannt. Aber der Natur und der Landschaft wird man die hohen Temperaturen der nächsten Tage schnell ansehen. Es wird alles fahler.“
Angst davor, dass der Wasserhahn nur noch tröpfelt oder dass - wie in Regionen Italiens - das Wasser flaschenweise an die Haushalte geliefert wird, muss in unseren Breitengraden vorläufig niemand haben. Trotzdem sollte man mit dem Gut Wasser sparsam umgehen. „Die ersten Hitzetage haben gezeigt: Im Trinkwassernetz Medebach war der Bär los. An den Tagen mit tropischen Nächten stieg der Wasserverbrauch weit über das normale Maß hinaus. Auch wenn es nicht zu Versorgungsengpässen gekommen ist, sollte man im Hochsommer den Bogen nicht überspannen. Daher unsere Bitte an alle Kundinnen und Kunden: Schaltet die Rasensprenger an den kommenden Hitzetagen ab. Ihr tut der Umwelt damit etwas Gutes. Ein grüner Rasen im Hochsommer ist zwar schön anzusehen, vergeudet aber - sofern er aus dem Trinkwassernetz bewässert wird - unser Lebensmittel Nummer 1. Und dafür ist das Gut mittlerweile eindeutig zu schade.“
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Dieser Aufruf kam schon vor zwei Wochen über die sozialen Netzwerke von den Stadtwerken Medebach. 1500 Kubik gehen dort übrigens im Tagesschnitt durch das 160 km lange Leitungsnetz (ohne Hausanschlüsse). Die Stadt hat selbst einige Tiefenbrunnen und Quellen; sie gehört außerdem zwei Wasserverbänden (Hochsauerland und Eisenberg) an. Wenn es eng wird, kann Wasser sogar vom Sorpesee bis in die Hansestadt transportiert werden.
Stadtwerke im HSK: Kranenberger statt Mineralwasser trinken
Hochsauerland. „Kranenberger“ oder Mineralwasser aus der Flasche? Gerade in diesen hitzigen Tagen kommt diese Frage immer wieder auf. Was sagen heimische Stadtwerke dazu?
„Das Wasser aus dem Hahn kann man bedenkenlos trinken. Ich trinke es schon seit Jahren, fühle mich gesund und und habe keinerlei Mangelerscheinungen. Es hat natürlich einen leichten Chlorwert. Und wer empfindlich ist, wird das vielleicht schmecken. iIch habe damit kein Problem. Für mich ist das derzeit die günstigste Reaktion auf die Inflation und man muss keine schwern Kisten tragen“, sagt der Leiter der Stadtwerke Medebach, André Grebe“. Die Vorbehalte gegenüber Leitungswasser stammen seiner Ansicht nach noch aus längst vergangenen Zeiten, als jedes Dorf noch kleine Quellen oder Hochbehälter hatte.
Ständige Kontrollen
Leitungswasser gilt inzwischen als das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Die Ökobilanz ist positiv, weil Abfüllung, Verpackung und Transport entfallen. Laut Statistischem Bundesamt kostet ein Liter Leitungswasser in Deutschland durchschnittlich 0,2 Cent. Mineralwasser aus dem Supermarkt kostet zwischen 19 und 50 Cent/Liter. Für einen Euro bekommt man also rund 500 Liter Leitungswasser aber nur zwei bis fünf Flaschen Mineralwasser. International gesehen ist deutsches Leitungswasser gleichwohl teuer. Zum Vergleich: In den USA kostet der Liter nur 0,05 Cent und liegt damit um rund 75 Prozent unter dem deutschen Preis.
Christoph Höing, Leiter Kundenservice bei den Stadtwerken Brilon: „Das Trinkwasser der Stadtwerke wird regelmäßig überprüft und kann ohne Bedenken getrunken werden. Mit einem entsprechenden Gerät kann man mittlerweile ja auch bequem das eigene Mineralwasser herstellen, sodass man sich das Schleppen der Wasserkisten sparen kann.“
Henrik Weiß, Leiter der Stadtwerke Winterberg: „Sie können aus unserer Sicht jederzeit auf den Konsum von Mineralwasser verzichten und an dessen Stelle Trinkwasser aus unserem Versorgungssystem trinken, zu beachten ist, dass wir in Winterberg unser Trinkwasser aus mehr als 42 Quellen beziehen, diese im Verhältnis oberflächennah sind und wir somit weiches Wasser mit einem geringeren Mineralanteil in unser System einspeisen.“
Auf den Internetseiten vieler Stadtwerke kann man oft den Härtegrad und die Zusammensetzung des Wassers nachlesen.
Pools polarisieren
Als große Wasserschleuder sehen die Versorger die privaten Pools, die in immer mehr heimischen Gärten aufgestellt werden. „Das Bewässern von Blumen ist für jeden einzelnen eine Gewissensfrage. Aber die Pools sind wirklich problematisch“, sagt Christoph Höing von den Stadtwerken Brilon. Niemand wolle den Menschen den Spaß an ihrem Pool verderben, ergänzt André Grebe, Leiter der Stadtwerke Medebach. „Aber vielleicht sollten nicht alle ihre Pools zeitgleich befüllen und dann lieber an Tagen mit gemäßigteren Temperaturen“, sagt Grebe. Selbst kleine Pools fassen locker 3000 bis 5000 Liter Wasser, größere auch 15 Kubik. Und da kann man sich vorstellen, wie die Wasseruhren ins Rotieren kommen. Die Befüllung eines privaten Pools darf übrigens nicht über die Abzugszähler für die Gartenbewässerung abgerechnet werden. Gebrauchtes Poolwasser ist Abwasser.
Trockenperioden sind denkbar
Grundsätzlich, so Höing, seien aufgrund des Klimawandels größere Trockenperioden auch in unseren Regionen denkbar. „Eine längere Trockenperiode hatten wir beispielsweise in den Jahren 2017 bis 2019. In diesem Zeitraum gab es zu wenig Niederschlag, wodurch sich der Grundwasserspiegel auch abgesenkt hat – dieser hat sich in den letzten beiden Jahren jedoch wieder einigermaßen erholt.“
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In Sachen Wasserversorgung haben die Briloner Stadtwerke einige interessante Zahlen parat. Jeder Einwohner verbraucht pro Tag im Durchschnitt 129 Liter Wasser. Das ist ein bundesweiter Durchschnitt und das sind immerhin 13 Putzeimer voll. Das meiste geht durch die Toilettenspülung. Der 16. August 2012 muss ein besonders hitziger Tag in Brilon gewesen sein. 7724 Kubikmeter (7,7 Millionen Liter) gingen da an einem Tag durch das Netz – das Siebenfache eines normalen Tages. Dieser Wert wurde seither noch nicht getoppt. In Brilon sind die größten Wasserreservoire im sogenannten Briloner Kalkmassiv mit den Tiefbrunnen Alme sowie die Schmala in Brilon-Wald. Damit das Wasser in jedem Haushalt fließt, ist ein Leitungsnetz in Betrieb, das 330 Kilometern lang ist; hinzu kommen 130 Kilometer für die Hausanschlüsse. Nur, um mal eine Vorstellung zu haben: Würde man die Leitungen auf einer Strecke ausrollen, käme man von Brilon bis nach Kiel oder in anderer Richtung bis nach Stuttgart.
Ähnlich sieht die Situation in Winterberg aus: Die Stadtwerke verfügen über ein 325 km langes Versorgungs- und Verbundnetz für die Trinkwasserversorgung. Davon entfallen 220 Kilometer auf die Hauptleitungen, 40 km auf die Transportleitungen und 65 km auf die Hausanschlüsse. Über dieses Verbundnetz werden alle Stadtteile der Stadt Winterberg mit Ausnahme von Altenfeld versorgt. Die Trinkwasserversorgung dort erfolgt als eigener kleiner Wasserverband durch die Wasserinteressengemeinschaft „Lansenberg“.
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Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im Versorgungsbereich der Stadtwerke Winterberg sind insgesamt 17 Hochbehälter zur Wasserspeicherung mit insgesamt 10.265 Kubik Speichervolumen vorhanden.
Dass die Situation um die Wasserversorgung bei anhaltender Hitze dramatisch ausfallen könnte, glaubt Henrik Weiß, Leiter der Stadtwerke Winterberg, nicht. „Grundsätzlich ist eine Wasserknappheit auch hier möglich.“ Die Wahrscheinlichkeit einer so großen Dürre wie aktuell in Italien erscheine zurzeit jedoch nicht sehr hoch. Die trockenen Sommer 2018 bis 2020 hätten allerdings auch in Winterberg Spuren hinterlassen, sodass die Bodenfeuchtigkeit immer noch nicht das Niveau von 2017 erreicht habe.