Brilon. Die Sorge vor einer extremen Verknappung von Gas wächst auch bei Unternehmen im HSK. Manche haben einen hohen Gasverbrauch. Die Krisen-Szenarien:
Mit Blick auf die Gaskrise und steigende Energiepreise wächst die Sorge, dass Unternehmen und Stadtwerke ernsthaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten - und damit die Versorgungssicherheit gefährdet wäre. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnt ebenso vor einer „Preisexplosion“ beim Gas. Er bezieht sich dabei auf einen möglichen Totalausfall bei den russischen Gaslieferungen. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch die Leitung. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.
Auch die IHK Arnsberg blickt mit Sorge auf die Entwicklung rund um einen drohenden Gas-Notstand. Michael Beringhoff, Diplom-Ingenieur und tätig bei der IHK Arnsberg, betont mit Blick auf die heimischen Betriebe: „Alle Unternehmen beschäftigen sich natürlich damit.“ Beringhoff weiß, dass es einige Lösungsansätze für einen Gasmangel gibt, die Unternehmen entlasten könnten.
Substitution eine Möglichkeit? IHK Arnsberg betont, das sei nicht immer möglich
„Unternehmen nehmen in den Blick, in welchen Bereichen Gas substituiert und durch andere Brennstoffe ersetzt werden kann“, erklärt Michael Beringhoff. Ganz einfach sei eine Substitution allerdings nicht. „Das bedarf neuer Betriebsgenehmigungsverfahren und die werden aktuell nicht schnell genug genehmigt“, erklärt er. Die IHK versuche gerade, die Unternehmen auf eine Substitution vorzubereiten, möglich ist das aber nicht in jedem Unternehmen. „Nehmen wir mal das Beispiel von Ritzenhoff. Hier kann nicht substituiert werden und das Abschalten bestimmter Produktionsbereiche ist ebenfalls nicht möglich.“ Mit über 430 Mitarbeitern verarbeitet die Ritzenhoff AG an vier parallel laufenden Glasproduktionslinien täglich bis zu 65 Tonnen flüssiges Rohglas zu 160.000 Gläsern (wir berichteten). Allein 100 Gigawatt Erdgas im Jahr wird für die Hightech-Produktion verbraucht. Das Erdgas hält bei 1.500 Grad Celsius die Glassuppe in den zwei Schmelzwannen am Kochen. Fehlt das Gas, müssen die Öfen ausgeschaltet werden, die Produktion stände still. Drohender Totalschaden, wie es der stellv. Betriebsleiter schon im April gegenüber der Westfalenpost ausdrückte.
Abschalten bestimmter Produktionsbereiche? Auswirkungen auch für HSK unklar
„Mit dem Abschalten bestimmter Produktionsbereiche tun sich sowohl Bund, Bundesnetzagentur und Gasbetriebe schwer, denn über die Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette gibt es nicht genügend Transparenz“, so Beringhoff. Die IHK hofft auf eine preisinduzierte Lösung statt einer staatlichen Regelung, die Verbote vorsehen würde. Wird das Gas also zu teuer, um die Produktionskosten an den Kunden weiterzugeben, könnten Unternehmen entscheiden, die Produktion vorübergehend einzustellen. Keine Ideallösung.
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Daher sei die IHK stets in Kontakt mit den heimischen Unternehmen, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. „Wo man Gas einsparen kann, ist immer eine individuelle Unternehmensentscheidung. Natürlich kann man Büros zwei Grad kälter fahren, um Kilowattstunden zu sparen. Wenn jeder das tut, macht das in der Gesamtmenge sicherlich etwas aus.“ Michael Beringhoff glaubt außerdem, dass eine Prämie ein Anreiz sein könnte, sowohl für Unternehmen als auch Privathaushalte, den Energieverbrauch nachweislich zu reduzieren. „Das ist auch administrativ gut kontrollierbar, da der Verbrauch vergleichbar ist.“
Man müsse das Worst-Case-Szenario ins Auge fassen, egal wie unberechenbar die Situation derzeit sei. „Keiner kann sagen, in welche Richtung es geht, wenn die Wartung von Nord Stream 1 abgeschlossen ist“, sagt Beringhoff. Es sei schlicht nicht kalkulierbar, was komme.