Hochsauerlandkreis. Zugausfälle und Verspätungen auf der Oberen Ruhrtalbahn (RE 17 und RE 57). Liegt alles im „betriebsüblichen Rahmen“ oder ist das Netz marode?

Zugausfälle und Verspätungen auf der Oberen Ruhrtalbahn (RE 17 und RE 57) - das ist aus Sicht der Sauerländer Bürgerliste im Hochsauerland ein Dauerproblem. Deshalb stand auf Antrag der SBL das Thema jetzt im zuständigen Ausschuss des HSK auf der Tagesordnung. Zur Begründung hieß es dort: Es sei völlig inakzeptabel, dass mittlerweile jeder 4. Zug der Sauerlandlinie RE 57 mindestens sechs Minuten Verspätung habe.

Obere Ruhrtalbahn: „Sehr frustrierend, wenn man auf dem Bahnhof steht“

Reinhard Loos ist Sprecher der SBL-Kreistagsfraktion, Mitglied im Wirtschafts- und Strukturausschuss des HSK und aktives Mitglied im VCD HSK. Der Verkehrsclub Deutschland setzt sich nach eigenen Angaben „als Umwelt- und Verbraucherverband für die ökologische und sozialverträgliche Mobilität aller Verkehrsteilnehmer ein.“ Reinhard Loos ist selbst häufig mit der Bahn unterwegs. Er schildert seine persönliche Erfahrungen: „Wenn man von Brilon Wald aus in Richtung Warburg fahren möchte, kommt es oft vor, dass man wegen Verspätung in Warburg keinen Anschluss bekommt. Außerdem kommen immer wieder Züge, die aus Richtung Dortmund über Meschede kommen, in Brilon-Stadt gar nicht an. Das ist dann schon sehr frustrierend, wenn man auf dem Bahnhof steht.“

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Das Kreistagsmitglied aus Brilon betont, dass diese Einschätzung leider nicht nur seine persönlichen Einzel-Erlebnisse seien, sondern auch die Erfahrungen anderer VCD-Mitgliedern im HSK, mit denen ein regelmäßiger Austausch stattfinde, widerspiegele. „Deutlich wird dabei, dass die Qualität der Bahn im Vergleich zu den vergangenen drei bis vier Jahren und zu anderen Regionen auf unseren Linien schlechter geworden ist“, so Reinhard Loos. Die Präsentation durch einen NWL-Vertreter im Ausschuss würde diese persönlichen Eindrücke und Erfahrungen voll und ganz bestätigen: „Es zeigt sich, dass die Leistung der Bahn unzureichend ist und dringend in die Infrastruktur der Oberen Ruhrtalbahn investiert werden muss“, so die Einschätzung von Reinhard Loos. Für eine erfolgreiche Verkehrswende sei die Zuverlässigkeit des Systems Bahn eine wesentliche Voraussetzung.

Obere Ruhrtalbahn: Blick auf die Pünktlichkeit

Der NWL hat im Ausschuss des Kreises mit Blick auf die Pünktlichkeit die Entwicklung seit Juni 2021 präsentiert und kommt für den RE 17 (Hagen-Warburg) auf eine Quote, die sich zwischen 80 und 90 Prozent bewegt. Das Niveau sei aber deutlich höher als im Zeitraum von 2017 bis 2019, wo der Durchschnittswert offenbar nur bei 75 Prozent lag. Der RE 57 (Dortmund-Brilon/Stadt) schneidet demnach schlechter ab: Im Juni 2021 waren etwas mehr als 80 Prozent der Züge pünktlich. Aber vor allem seit Februar 2022 sinkt diese Quote deutlich und im Mai dieses Jahres lag sie sogar nur noch bei knapp 70 Prozent. Dazu muss man wissen, dass ein Zug erst ab der vierten Verspätungsminute als unpünktlich gilt. Als Problem wird seitens des NWL u.a. eine Großbaustelle angeführt, wodurch die Einfahrt in den Dortmunder Hauptbahnhof überlastet sei. Allein im laufenden Jahr 2022 kam es auf der RE-57-Strecke demnach zu 4.713 Minuten baubedingten Verspätungen. 2021 waren es 3.126 Minuten, 2020 waren es dagegen lediglich 66 Minuten.

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Obere Ruhrtalbahn: fremdverschuldet und eigenverschuldet

Nach Angaben des NWL sind 58,6 Prozent der nicht vorhersehbaren Zugausfälle fremdverschuldet (Unwetter, Streik, externe Einflüsse etc.) - die Anzahl der eigenverschuldeten Ausfälle liege im „betriebsüblichen Rahmen“. Im August/September 2021 werden als Ursachen zum Beispiel der GDL-Streik und für den Februar 2022 diverse Sturmtiefs genannt. Interessant ist der Blick in den NRW-Qualitätsmonitor. Vergleicht man beispielsweise alle Linien des Schienen-Personalverkehrs in NRW kommt der RE 17 auf Platz 32 und der RE 57 auf Platz 78 von insgesamt 96 Plätzen. Nach Angaben des NWL hat sich der RE 17 im NRW-Vergleich 2021 verbessert, der RE 57 allerdings verschlechtert.

Für die SBL macht Reinhard Loos deutlich, dass es dringenden Handlungsbedarf gebe. Eine Forderung sei es, die Strecke Brilon-Warburg wieder zweigleisig zu machen, da bei dem jetzigen eingleisigen System die Züge aufeinander warten müssten. „Dadurch schaukeln sich Verspätungen auf“, so seine Einschätzung. Wichtig sei es auch, für ausreichend Personal auf den Strecken zu sorgen, um Zugausfälle zu vermeiden. „Es kann nicht sein, dass Züge, die in Dortmund losfahren, teilweise in Brilon-Stadt gar nicht ankommen, sondern ihre Fahrt unplanmäßig schon in Bestwig endet.“ Um die Situation dauerhaft zu verbessern sei es notwendig, regelmäßig die Entwicklung im Auge zu behalten und den NWL aufzufordern, für Verbesserungen zu sorgen.

Als kurzfristige Maßnahme zur Qualitätssteigerung und Stabilisierung des Sauerland-Netzes weist der NWL auf die Fertigung eines weiteren PESA-Dreiteilers im August 2022 hin, der vorrangig auf der RE 17 zum Einsatz kommen soll.