Brilon. Mit Haarteilen ihrer Oma wollte sich eine Frau (30) etwas hinzuverdienen. Doch das ging schief. Schuld sein sollte aber die Großmutter.

Die Extensions bot sie mal für 50 und mal für 30 Euro im Internet an. Die preiswerteste Perücke war für 85 Euro zu haben, für die teuerste wollte sie 200 Euro haben. Für insgesamt acht Haarteile aus zweiter Hand überwiesen Frauen aus den verschiedensten Ecken Deutschlands zwischen Herbst 2020 und Juli vergangenen Jahres Geld ins Hochsauerland.

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Aber mit dem Liefern nahm es die 30-Jährige nicht so genau. Mal versandte sie statt der eleganten Langhaar-Perücke aus Echthaar einen eher einem Wischmop ähnelnden Kopfbezug aus dem Karnevalsfundus, und mehrfach beließ sie es beim Kassieren und verschickte gar nichts. Wegen gewerbsmäßigen Betrugs in insgesamt acht Fällen hatte sich die junge Hausfrau jetzt vor dem Amtsgericht Brilon zu verantworten.

Schuld auf Oma geschoben

Sie habe lediglich ihrer Oma geholfen, die Sachen ins Internet zu stellen, erzählte die Angeklagte. Mit dem Verpacken und Verschicken habe sie nichts zu tun gehabt, das habe alles ihre Oma erledigt - „Sie war im Kopf völlig klar.“ Später habe die Oma sich sogar noch ein Tablet zugelegt und angefangen, selbst Sachen zu verkaufen - „Das fing an, ihr Spaß zu machen.“ Allerdings habe sich der Gesundheitszustand der Oma dann verschlechtert, sie habe manchmal Passworte vergessen, sich neue Accounts zugelegt und wohl auch mal das Verschicken der verkauften Ware vergessen, erzählte die Angeklagte.

Verteidiger: Auf das Geld nicht angewiesen

Auch für die verschiedenen Adressen, die bei den Kleinanzeigen als Verkäufer angegeben waren, tischte sie eine Begründung auf: Die Oma habe vier verschiedene Haushalte gehabt, auch einen in den USA. Das Bezahlen sei ebenfalls über Konten der Oma erfolgt; auf die habe sie aber gar nicht zugreifen können.

Auf das Geld aus den Verkäufen sei sie gar nicht angewiesen, sagte sie. Eigene Einkünfte habe sie als Hausfrau zwar nicht, aber als Gattin eines gut verdienenden Mann („Er ist in der IT-Branche.“) sei sie überhaupt nicht auf das Geld angewiesen gewesen, meinte ihr Verteidiger, Rechtsanwalt Oliver Brock (Brilon). Die Oma kann zur Aufklärung nichts mehr beitragen, sie lebt nicht mehr. „Wollen Sie nicht doch noch einmal nachdenken?“, fragte Staatsanwältin Nicole Kuni in Richtung Anklagebank, der die Einlassungen der 30-Jährigen arg windig vorkamen. Es gehe schließlich um den Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs, da sei auch eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung denkbar.

Hohe Geldstrafe

Nachdem sich Verteidiger und Angeklagte zu einer Beratung zurückgezogen und danach Anwalt, Staatsanwältin und Richterin unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Rechtsgespräch geführt hatten, gab Anwalt Brock eine Erklärung ab.

Seine Mandantin räume die Vorwürfe „vollumfänglich“ ein. Motiv sei „reine Langeweile“ gewesen. An das Konto der Oma sei die 30-Jährige tatsächlich nicht herangekommen, allerdings sei ihr Vater verfügungsberechtigt gewesen und habe ihr auch immer wieder mal davon Taschengeld zukommen lassen. Insofern habe seine Mandantin auch von dem Betrug profitiert. Um von einem „gewerbsmäßigen“ Betrug zu sprechen, seien die Beträge aber doch wohl zu gering gewesen.

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Angesichts des Geständnisses und der ersparten „Beweisaufnahme de luxe“ forderte die Staatsanwältin für verbleibende sechs Anklagepunkte eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 45 Euro. Der Verteidiger hielt 80 Tagessätze zu je 40 Euro für angemessen. Richterin Lücke-von Rüden wertete das Geständnis als strafmildernd, hielt der Angeklagten aber den langen Tatzeitraum und das systematische Verschleiern ihrer Identität bei den Verkäufen vor. Sie gehe aber davon aus, dass bei der bisher nicht vorbestraften 30-Jährigen „noch keine Haft erforderlich“ sei und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 45 Euro.

Der Gatte wird’s schon richten.