Brilon. Thorsten Simon hat viele Laster. Der Briloner baut heimische Lkw nach. Was das Geheimnis seines Erfolges ist und warum er Kiesbomber besonder mag:

Jeder Mensch hat ein Laster. Thorsten Simon hat viele. Denn in unzähligen Stunden baut der Briloner Miniatur-Lastwagen. Und zwar mit Gebrauchsspuren, Beulen und Firmen-Logos - haargenau so, wie sie auf den Straßen des Sauerlandes und europaweit unterwegs sind. Zehn Jahre lang hat der gelernte Automobilverkäufer selbst auf dem Bock gesessen und Kiesbomber gefahren. Dann ereilt den heute 45-Jährigen in der Lkw-Kabine ein Herzinfarkt. Arbeitsunfähig. Seit 2020 steuert er in Richtung Rente. Hunderte von PS hat er seitdem nicht mehr unterm Hintern. „Zugegeben: Das Spielen auf den Originalen hat mehr Spaß gemacht“, vermisst Thorsten Simon seine alte Arbeit. Aber mit der Hand am Miniatur-Lenker bleibt er wenigstens seiner Passion treu.

Mit Gebrauchsspuren, Ecken und Kanten - so kennt man diese Containerwagen und so baut sie Thorsten Simon auch nach.
Mit Gebrauchsspuren, Ecken und Kanten - so kennt man diese Containerwagen und so baut sie Thorsten Simon auch nach. © WP | privat

Ein Faible für Modellbau

Für den Modellbau hat der Mini-Autobauer schon immer ein Faible gehabt. Anfangs noch im recht großen Maßstab 1:24 geriet er per Zufall an einen Modellbau-Stammtisch in Hagen. „Da war meine Begeisterung geweckt. Und danach wurden die Fahrzeuge immer kleiner.“ Maßstab H0. Seitdem haben Pinsel, Lupen, Zahnstocher, Spritzennadeln und Pinzetten bei ihm zu Hause das Sagen: „Je besser das Werkzeug, desto besser auch das Ergebnis. Oft landet irgendein Fitzel-Teilchen auf dem Teppich. Und wenn meine Frau oder ich dann sauber machen, kann es sein, dass wieder fünf Euro zwischen den Flusen im Staubsaugerrohr verschwinden.“ Überhaupt muss seine bessere Hälfte das Hobby ihres Mannes zumindest tolerieren: „Überall liegen hier kleine Teile zum Trocknen herum.“

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Modellbau kann (fast) jeder. Was aber Thorsten Simon macht, grenzt schon an Detail-Versessenheit. Schließlich baut er nicht irgendwelche Lastwagen, Zugmaschinen, Radlader oder Müllfahrzeuge nach. Es sind exakt die Fahrzeuge von Stratmann, Witteler oder Kerber, die hier bei Speditionen und Unternehmen zum Einsatz kommen. Während viele Bastler zum Beispiel mit schwarzem Filzstift einfach die Löcher der Felgen aufmalen, bohrt Simon jedes 0,3-mm-Mini-Löchlein von Hand. „So ein Bohrer kostet vier bis acht Euro und nach sechs Felgen bricht er ab.“

Eigener Blog

Auf Facebook hat Thorsten Simon einen eigenen Blog: TS - Modellbau in 1/87 H0

Wie war es, als der Modellbauer seinen ersten Lkw aus der Hand gegeben hat? „Da hatte ich echt Tränen in den Augen.“

Fast einen ganzen Fuhrpark nachgebaut

Sein früherer Arbeitgeber im Lipperland hat inzwischen einen Fuhrpark mit 17 Lkw. 15 davon, die Simon auch in seiner aktiven Zeit selbst fuhr, hat der 45-Jährige nachgebaut. Und wenn er in den Firmen seine Modelle vorstellt, schaffen die es in der Regel nicht mehr bis nach Hause. „Die Speditionen kaufen so etwas sehr gern. Oder auch die Lkw-Fahrer in Erinnerung an ihr Schätzchen, mit dem sie so viele Jahre unterwegs und eins waren.“

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Modell oder Original? Thorsten Simon ist bei seiner Arbeit sehr detailverliebt.
Modell oder Original? Thorsten Simon ist bei seiner Arbeit sehr detailverliebt. © WP | privat

Thorsten Simon betreibt kein Geschäft mit seinem Hobby. Meistens gibt er die Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis ab. „Wenn ich zwei Stoßstangen brauche, habe ich die oft im Vierer- oder Achter-Set bestellt und kann sie dann vielleicht für ein anderes Modell wieder gebrauchen. Davon profitiere ich halt dann. Aber den meisten Spaß habe ich, wenn die Leute Freude daran haben und sie an exponierter Stelle in ihrem Betrieb aufstellen und sie wertschätzen.“ Hin und wieder werden die „Simon-Laster“ auch bei Charity-Veranstaltungen versteigert. Mit der „Aktion Wünschewagen“ - es geht darum, schwerstkranken Menschen in ihrer letzten Lebensphase einen besonderen Wunsch zu erfüllen – steht er in engem Kontakt.

Bis der Modellbauer zu Hause den Küchentisch zu „Hebebühne“ und „Grube“ umfunktioniert und daher manchmal die Küche kalt bleibt, sind jede Menge Vorarbeiten nötig. Zunächst fragt Thorsten Simon höflich an, ob er zum Beispiel den neuen „Mercedes Actros“ bei einer Firma in Madfeld nachbauen darf. Dann macht er Fotos vom Original aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Beschriftungen müssen speziell im 90-Grad-Winkel fotografiert werden, denn die Bilder gehen zu einem Grafiker nach Dresden. „Der Kumpel hat gut zu tun, aber der macht mir Nass-Schiebefolien vom Feinsten.“ Fahrer-Kabinen, Chassis oder Kipper mancher Lkw-Typen gibt es nicht immer von der Modellbau-Stange; dann müssen andere Fertigteile gekürzt oder verlängert werden. Spätestens bei der Innengestaltung der Lkw-Kabine streichen die meisten die Segel. Hier wird es für den Briloner erst richtig spannend. „Ich war einer der Ersten, der in diesem Maßstab Orinal Tönungsfolien wie beim echten Fahrzeug eingeklebt hat .“

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Mit Liebe und Hingabe zum Detail

Aber auch individuelle Sticker an den Rückwänden, Namensschilder oder Traumfänger baut er maßstabsgerecht nach. Und damit der Kiesbomber im Modell nicht nach Leerfahrt aussieht, bekommt er 0,02 Millimeter feinen Schotter auf die Ladefläche.

„Ich freue mich einfach, wenn die Fahrzeuge bis ins kleinste Detail wie ihre großen Vorbilder aussehen und wenn ich anderen damit eine Freude machen kann. Und: Ich möchte damit ein wenig um Rücksichtnahme für Lkw-Fahrer im Straßenverkehr bitten. Das ist kein leichter Job.“

Vom Original nicht zu unterscheiden.
Vom Original nicht zu unterscheiden. © WP | Privat