Brilon. Bisher hat der Rechtsstreit die Stadt Brilon 42.700 Euro gekostet - dabei bleibt es aber nicht. Jetzt wir die Geschäftsordnung geändert.

Sie haben es bis zum Oberverwaltungsgericht durchgezogen: Vier Jahre lang beschäftigten die fünf Stadtverordneten von Briloner Bürgerliste, FDP und Die Linke mit ihrer Rederechtsklage die Justiz. Am Donnerstag liegt die Anfang Dezember vor dem OVG mit Bürgermeister Dr. Bartsch getroffene Vereinbarung zur Redeordnung im Haupt- und Finanzausschuss auf dem Tisch. Dabei hätte man sich das ganze Verfahren sparen können - meinen zumindest unisono die Sprecher von CDU und SPD, Eberhard Fisch und Hubertus Weber. „Das Ganze ist kein wirkliches Problem mehr“, wie es Weber gegenüber der WP formuliert.

Grund: Mit der Kommunalwahl im Herbst 2020 ist zwar das Farbspektrum im Rat mit den Grünen größer geworden und die Zahl der Stadtverordneten jenseits der seit einigen Jahren in engem Schulterschluss agierenden CDU und SPD ist um drei auf acht Personen gewachsen, aber der Sitzungsalltag ist ein anderer.

Klage nach Bürgermeister-Zusage zurückgezogen

CDU-Sprecher Fisch macht keinen Hehl daraus, dass die 2017 auf Antrag seiner Fraktion gemeinsam mit der SPD erfolgte Einschränkung der Redezeiten vor allem dem damaligen BBL-Stadtrat Reinhard Loos und dessen - wie es damals hieß „Ermüdungsreden“ gegolten habe. Zwar sind mit den beiden FDP-Stadträten Torsten Klaholz und Dr. Alexander Prange sowie Reinhard Prange von den Linken drei der fünf Kläger weiterhin im Rat vertreten, doch bei der BBL hat es Veränderungen gegeben: Statt Reinhard Loos und Christiana Kretzschmar gehören nun Annette Loos und Frauke Müthing dem Rat an. Seitdem, so der CDU-Sprecher, habe es „keine einzige Situation mehr gegeben“, in der das Rederecht so strapaziert worden sei wie in der vergangenen Wahlperiode.

Verfahren beschleunigen

Der Haupt- und Finanzausschuss tagt am 27. Januar um 17.30 Uhr im Kolpinghaus.

Auf der Tagesordnung steht u. a. auch die Ermächtigung für den Bürgermeister, durch den Haushaltsplan abgedeckte Maßnahmen ohne weitere Einschaltung des Rates oder eines Ausschusses unabhängig von ihrem Kostenvolumen umsetzen zu dürfen.

Mit der Neufassung der Redeordnung von 2017 hatten CDU und SPD die Redezeit im Rat und in den Ausschüssen von drei zehnminütigen Wortmeldungen auf zwei fünfminütige reduziert. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hatte Ende 2019 die Beschränkung für den Rat zwar als rechtens angesehen, für die Ausschüsse aber mehr Zeit für den Austausch als erforderlich angesehen. Daraufhin hatte Bürgermeister Dr. Bartsch den Vorschlag gemacht, es im Rat bei den zehn Minuten Gesamtzeit zu belassen, in den Ausschüssen aber drei Wortmeldungen zu je sieben Minuten zuzulassen. Damit waren zwar die Kläger zufrieden gewesen, allerdings wollte die CDU eine Zustimmung von der Rücknahme der Klage abhängig machen. Dieses Faustpfand allerdings wollte sich das Quintett nicht aus der Hand nehmen lassen.

Erst als Anfang Dezember Bürgermeister Dr. Bartsch in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht zu Protokoll gab, seinen Vorschlag von Anfang 2020 erneut vorzulegen, nahmen die Kläger ihre Klage zurück. Beide Seiten machten so den Weg frei für die Einstellung des Verfahrens.

Datenschutz konkretisieren

Wie die Stadt Brilon auf Anfrage der WP mitteilte, sind für den Rechtsstreit bisher rund 42.700 Euro Kosten angefallen. Allerdings seien„noch nicht alle Posten abschließend abgerechnet“. Da es sich bei dem Verfahren um einen sogenannten Kommunalverfassungsstreit handelt, hat die Stadt auch die Kosten der Klägerseite zu tragen.

Die Neufassung der Redeordnung hat die Stadt zum Anlass genommen, die Geschäftsordnung generell zu überarbeiten. Das betrifft zum Beispiel das Gendern sowie einige Klarstellungen für Öffentlichkeit von Ratssitzungen.

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Während bisher die Themen, die ausschließlich hinter verschlossenen Türen beraten wurden - wie z.B Personalangelegenheiten, Liegenschaften, Auftragsvergaben oder Angelegenheiten der zivilen Verteidigung - konkret aufgeführt waren, soll es künftig nicht mehr bei dieser Liste zu bleiben. Dann kann die Öffentlichkeit auch ausgeschlossen werden, wenn im Rahmen der Beratung „rechtlich geschützte öffentliche oder private Vertraulichkeit erfordernde Belange“ zur Sprache kommen, „die das Interesse der Öffentlichkeit überwiegen“. Ein derartiger Passus findet sich in keiner anderen Rats-Geschäftsordnung der Altkreis-Kommunen. Dort ist, wie auch weiterhin in Brilon, lediglich vorgesehen, dass der Bürgermeister oder ein Ratsmitglied im Einzelfall den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen können.

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Ausgeweitet werden sollen auch die Datenschutzbestimmungen. Auch da orientiert sich die Stadt an der von anderen Kommunen bereits in ihre Geschäftsordnung aufgenommenen Mustersatzung. So sind Mandatsträger gehalten, vertrauliche Unterlagen „unverzüglich und dauerhaft zu vernichten bzw. zu löschen, wenn diese für die Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden“. Das geht ganz flott. Denn das sei „regelmäßig anzunehmen, wenn die Niederschrift über die Sitzung, in der der jeweilige Tagesordnungspunkt abschließend behandelt wurde, genehmigt ist“.

Und natürlich haben ausscheidende Mandatsträger ihre vertraulichen Unterlagen zu vernichten oder abzugeben. Und ihr Account für die digitalen Ratsinformationssysteme wird gesperrt.