Hochsauerlandkreis. Kampfhubschrauber des Typs „Tiger“ fliegen bei Tag extrem tief über das Sauerland. Drei HSK-Städte liegen laut Bundeswehr im Tieffluggebiet.

Beim Stichwort „Militärische Übungsflüge“ wird man im Sauerland hellhörig. Sofort denken viele an den Absturz eines Learjets am 23. Juni 2014 in Elpe. Bei einer Abfang-Übung war das Flugzeug mit einem Eurofighter der Bundeswehr kollidiert. Die beiden Insassen des Learjets kamen dabei ums Leben. Nächtliche Übungsflüge hat die Bundeswehr für diese Woche in Nordhessen angekündigt. Bis nach Korbach – und unter Umständen auch im angrenzenden Westfalen – werden die Piloten des Kampfhubschrauberregiments 36 Fritzlar für den Ernstfall üben. Daher kann es in den Nächten lauter werden, teilt die Bundeswehr mit.

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Solche Übungsflüge sind generell auch im Hochsauerland keine Seltenheit. Erst im Dezember kreisten Kampfhubschrauber des Typs „Tiger“ bei Tag zum Teil sehr tief über das Sauerland. Aus Medelon und aus Deifeld gab es konkrete Beobachtungen von Hubschraubern, denen man fast an die Räder fassen konnte. Wem so ein Fluggerät unmittelbar über den Kopf rauscht, den überkommt schon ein mulmiges Gefühl. Was gefährlich oder besonders tief aussieht, ist aber offenbar erlaubt.

Flüge tagesaktuell geplant

„Die Bereiche Marsberg, Medebach und Brilon liegen innerhalb des Hubschrauberflug-Koordinierungsgebietes (HFCA) Fritzlar. Innerhalb des HFCA dürfen Hubschrauber je nach Ausbildungsauftrag auch unterhalb einer Flughöhe von 100 Fuß - das sind etwa 30 Meter - über Grund fliegen und Übungen durchführen, die als ,kurzzeitiges taktisches Aufsetzen‘ bezeichnet werden“, sagte ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr auf Nachfrage unserer Zeitung. Militärischer Übungsflugbetrieb sei von verschiedenen Faktoren, wie z.B. den Ausbildungsvorhaben und Trainingserfordernissen der fliegenden Verbände, der technischen Verfügbarkeit der Luftfahrzeuge sowie den vorherrschenden Wetterverhältnissen abhängig. Daher würden diese Flüge teilweise tagesaktuell geplant und durchgeführt.

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Die Bundeswehr hat übrigens eigens ein Bürgertelefon eingerichtet, das man unter 0800 8620730 kontaktieren kann, sofern einem ungewöhnliche militärische Flugbelastungen auffallen. Wie oft diese Hotline in Anspruch genommen wird und wie oft tatsächlich Flughöhen unterschritten werden, dazu konnte der Sprecher keine Angaben machen. Eine Statistik werde nicht geführt.

Stichwort Tiefflug

Tiefflug mit sogenannten Düsenjägern bedeutet Flug mit Kampf- und Transportflugzeugen unter 1500 Fuß (ca. 500 Meter). Er ist grundsätzlich überall in Deutschland zulässig an Werktagen von 8 bis 17 Uhr mit einer Mindesthöhe von 1000 Fuß (ca. 300 Meter) über Grund.Beim Überflug von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern ist für Kampfflugzeuge eine Mindesthöhe von 2000 Fuß (ca. 600 Meter über Grund) einzuhalten. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Kampfflugzeuge beträgt hierbei etwa 800 km/h.Die Bundeswehr hat ein Bürgertelefon eingerichtet, das man bei ungewöhnlicher Flugbelastung unter 0800 8620730 kontaktieren kann.

Es ist allerdings möglich, jeden Flug nachzuverfolgen. Erreicht das Luftfahrtbundesamt der Bundeswehr eine Anfrage zu einer konkreten Flugbeobachtung, können dort die gespeicherten Radardaten untersucht werden. Flugroute, Flughöhe und Geschwindigkeit der betreffenden Luftfahrzeuge werden genau auf einem elektronischen Kartenhintergrund rekonstruiert. Dabei werden auch die dazugehörigen Informationen aus dem Flugplan, die vorherrschenden Wetterbedingungen und die allgemeine Luftraumstruktur berücksichtigt. Die Fachleute sprechen von „Tracing“ (to trace = „nachspüren, ausfindig machen“).

Bürgertelefon

Die Hauptaufgabe dieser Abteilung liegt in der Nachverfolgung militärischer Flugbewegungen. Alle diese Daten werden zusammengetragen, bewertet und vor dem Hintergrund geltender Vorschriften beurteilt. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und schriftlich der Person oder Institution erläutert, die zur Flugbeobachtung eine Anfrage gestellt hat.

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Sollte bei der Auswertung festgestellt werden, dass geltende Regeln oder Vorschriften durch die Luftfahrzeugbesatzungen nicht beachtet wurden, wird dieser mutmaßliche Verstoß weitergehend untersucht.

Zurück zu den aktuellen Übungsflügen: Welche Routen die „Tiger“ fliegen, hängt u.a. auch vom Wetter ab. „Das Kampfhubschrauber Regiment versucht immer, möglichst unterschiedliche Strecken abzufliegen, um eine Konzentration des Lärms zu vermeiden. Jedoch sind wir durch unterschiedlichste Auflagen an gewisse Abläufe gebunden. Zu den größeren Ortschaften in Hessen und unserer Umgebung gehören Korbach, Frankenberg, Marburg, Hofgeismar und Göttingen“, teilt das Kampfhubschrauberregiment 36 in Fritzlar auf Anfrage unserer Zeitung mit. Die „Tiger“ - zum Einsatz kommen zwei bis vier Hubschrauber, die jeweils mit zwei Piloten besetzt sind - fliegen zwischen 18 und 24 Uhr.

Nachweis für Fluglizenz

Solche Übungsflüge, so die Bundeswehr, seien nötig, damit die Piloten ihre Fluglizenz erhalten. Dafür müssen sie eine gewisse Anzahl an Flugstunden nachweisen; deren Anzahl variiere je nach Ausbildungsstand. „Wir achten darauf, immer wieder unterschiedliche Strecken zu fliegen und auch größere Ortschaften möglichst weit zu umfliegen. Wir unterliegen jedoch gewissen Auflagen wie Überflugverboten oder auch Naturschutzauflagen. Desweiteren müssen wir auch in der heutigen Zeit Windkraftanlagen in unserer Streckenführung berücksichtigen“, so der Fachmann.

Dass es wegen des Lärms hin und wieder zu Beschwerden komme, lasse sich nicht vermeiden. In einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland ist die Vermeidung von Fluglärm nicht komplett möglich. Man könne nur um Verständnis bitten.