Hesborn/Hallenberg. Die beiden ersten Ehrenamtskarten der Stadt Hallenberg werden für Engagement in der Flüchtlingshilfe vergeben.

„Ein Gedankenaustausch mit unserem neuen Bürgermeister über die Flüchtlingsarbeit.“ - Mit der Erwartung an einen solchen Termin kamen Renate Mörchen und Ursula Wuttke kürzlich ins Rathaus der Stadt Hallenberg im Hochsauerland. Bürgermeister Enrico Eppner wollte sich tatsächlich bei einer Tasse Kaffee mit den beiden über ihre Arbeit austauschen. Aber er wollte auch noch etwas anderes – nämlich den beiden Hesbornerinnen die ersten Ehrenamtskarten der Stadt Hallenberg überreichen.

„Irgendwie so reingerutscht“

Die vom Land NRW ausgegebenen Ehrenamtskarten sind eine offizielle Anerkennung für besonderes privates Engagement. Seit über sechs Jahren setzen sich Ursula Wuttke und Renate Mörchen für Flüchtlinge ein. In dieses Ehrenamt sind sie „irgendwie so reingerutscht“, wie sie es selber nennen.

Angefangen hat es im Jahr 2015 mit „nur mal eben den neuen Mietern Hallo sagen“. Dabei stellte sich heraus, dass die neuen Nachbarn Flüchtlinge aus Syrien waren, die traumatisiert von ihren Erlebnissen, ohne Kenntnisse von Sprache und Kultur, Kleidung, Möbel oder persönliche Verbindungen der Stadt Hallenberg zugeteilt, in freistehende Wohnungen in Hesborn untergebracht worden waren und nun nicht wussten, wie sie mit dem Leben in Deutschland nun klarkommen sollten.

Beschluss des Hallenberger Rates

Die landesweit gültige Ehrenamtskarte ist ein symbolisches Dankeschön; ihre Einführung wurde im Juni vom Hallenberger Stadtrat beschlossen.

Inhaber dieser Karten können Vergünstigungen bei Eintritten oder Einkäufen bei teilnehmenden Organisationen bekommen.

Als Rahmenbedingung gelten folgende Richtlinien: Mindestens fünf Stunden pro Woche bzw. 250 Stunden pro Jahr ehrenamtliche Tätigkeit (auch bei unterschiedlichen Trägern); seit wenigstens zwei Jahren ehrenamtliche Tätigkeit ohne Vergütung oder pauschale Aufwandsentschädigung.

Die ehrenamtlichen Tätigkeiten müssen im Stadtgebiet Hallenberg erbracht werden.

Im näheren Umkreis stellen u.a. Medebach, Winterberg, Brilon oder Bad Berleburg die Ehrenamtskarten aus.

Weitere Informationen gibt es unter https://www.engagiert-in-nrw.de/ehrensachenrw oder bei der Stadt Hallenberg.

Von der Anleitung, dass man Eierbecher nicht als Kaffeetassen benutzt, über Sprachübungen, Hausaufgabenhilfe, Unterstützung bei Behördengängen bis hin zur Begleitung bei Geburten haben Renate Mörchen und Ursula Wuttke seitdem so viel geholfen, dass sie ganze Bücher über ihre Erlebnisse schreiben könnten.

Durch die Pandemie ist die Flüchtlingshilfe zwar aus dem öffentlichen Fokus weg und in den Hintergrund gerückt, doch sie ist nach wie vor wichtig. Durch die Kontaktbeschränkungen kommen Sprachkurse ins Stocken, im Lockdown haben besonders Kinder den Anschluss an den Schulunterricht oder Freizeitbeschäftigungen verloren, regelmäßige Treffen mit anderen Flüchtlingen und Einheimischen können kaum noch stattfinden. Dadurch leidet vor allem die Sprache als wichtigstes Mittel zur Integration.

Elf Asylbewerber erwartet

In den Tagen vor und nach dem Jahreswechsel kommen insgesamt elf Asylbewerber - meistens aus dem Irak – ins Hallenberger Stadtgebiet, wie Bürgermeister Eppner berichtet. Viel neue Arbeit also für die beiden Ehrenamtskarten-Inhaberinnen aus Hesborn. Vor allem die Bürokratie und die manchmal sehr umständlichen Behörden-Abläufe kosten Zeit und Nerven.

Unterstützung bekommen sie aber mittlerweile auch von ihren ehemaligen Schützlingen, die sich inzwischen gut integriert und Arbeit gefunden haben und die sich nun für die Hilfe, die sie selbst vor einigen Jahren bekommen haben, tatkräftig revanchieren wollen.

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Aber dennoch: „Wir könnten noch deutlich mehr Leute sein, die helfen“, wünschen sich Renate Mörchen und Ursula Wuttke. Es koste viel Zeit, aber man bekomme eine tiefe Freundschaft der Menschen zurück, die den Einsatz aufwiege.

Bürgermeister Eppner und Stefanie Emde von der Verwaltung dankten den beiden Helferinnen herzlich: „Sie sind das internationale Gesicht unserer Stadt. Ohne Ihre Arbeit würde in der Flüchtlingshilfe vieles auf der Strecke bleiben. Die Ehrenamtskarte soll eine öffentliche Wertschätzung für Ihr überdurchschnittliches Engagement sein.“