Brilon. Brilon findet mit seiner Empfehlung, die in der Kernstadt benötigten Kita-Plätze auf zwei Träger zu verteilen, kein Gehör. Wo jetzt gebaut wird:

Bei der Inbetriebnahme im Jahr 2023 spielten für den Kreisjugendhilfeausschuss drei Monate früher oder später keine Rolle, bei der Entscheidung über die Empfehlung der Stadt Brilon aber schon: Mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von neun Stimmen beschloss der Ausschuss am Montag, den neuen Kindergarten von der Step Kids Kita gGmbH - kurz: Stepke - im künftigen Nolte-Quartier im Sintfeldweg errichten zu lassen. Damit ist der Ausschuss auf die Empfehlung der Stadt Brilon, die in der Kernstadt benötigten rund 120 Betreuungsplätze auf zwei Träger und zwei Standorte aufzuteilen, nicht eingegangen. Zwischen den beiden Trägern, so der HSK, habe in dieser Frage „kein Einvernehmen“ erzielt werden können.

Diese beiden Standorte hatte der Briloner Sozialausschuss empfohlen: oben die Stepke-Kita am Sintfeldweg, unten der Standort der Kath. Kita Hochsauerland-Waldecl an der Oststraße.
Diese beiden Standorte hatte der Briloner Sozialausschuss empfohlen: oben die Stepke-Kita am Sintfeldweg, unten der Standort der Kath. Kita Hochsauerland-Waldecl an der Oststraße. © Diana Leboch/Geoservice

Gut drei Stunden Zeit nahm sich am frühen Montagabend der Ausschuss in Meschede für seine Entscheidung. Wie schon im Briloner Sozialausschuss in der vergangenen Woche hatte jeder der vier Träger rund 20 Minuten Zeit, sein pädagogisches Konzept und seinen Standort vorzustellen.

„Dynamische Entwicklung wie bei Corona“

Seit dem Briloner Votum am Donnerstagabend habe es, so der für das HSK-Jugendamt zuständige Fachbereichsleiter Ulrich Müller-Thüsing, in der Angelegenheit eine Entwicklung gegeben, die „so dynamisch wie bei Corona“ sei. Am Montagmorgen habe der Kreis formell die Empfehlung des Briloner Ausschusses erhalten, statt der ausgeschriebenen 6-Gruppen-Einrichtung eine mit vier und eine mit fünf Gruppen zu vergeben. Hintergrund: Der Ausschuss hatte mit der Aufteilung auch der Kath. Kita Hochsauerland-Waldeck gGmbH entgegenkommen wollen.

Die muss sich in den kommenden Jahren nach einem neuen Standort für den in dem maroden Fachwerkhaus neben der Propsteikirche untergebrachten dreigruppigen Kindergarten St. Petrus und Andreas umsehen. Vor diesem Hintergrund hatte sich der katholische Träger nicht nur um die ausgeschriebene Sechs-Gruppen-Einrichtung beworben, sondern auch um eine mit neun Gruppen. Als sich im Laufe des Montags abzeichnete, dass neun Gruppen für Brilon wohl nicht realisierbar seien, schickte die Stadtverwaltung unmittelbar vor der Sitzung per Mail noch die Empfehlung nach Meschede, dann die sechs Gruppen doch wenigstens 1 plus 5 auf die Kath. Kita und die Stepke-Kita aufzuteilen.

Caritas-Verband plante übers Wochenende um

Infolge der Briloner Splitting-Empfehlung hatte der Caritas-Verband Brilon alternativ zu seinem in der Xaverius-Straße geplanten Sechs-Gruppen-Standort kurzfristig für Montag auch noch Pläne für eine Vier-Gruppen-Einrichtung neben seinem St. Elisabeth-Wohnhaus in der Scharfenberger Straße skizziert.

Hier im Sintfeldweg würde die Ste Kids Kita gGmbH ihre Einrichtung in Brilon bauen lassen.
Hier im Sintfeldweg würde die Ste Kids Kita gGmbH ihre Einrichtung in Brilon bauen lassen. © Jürgen Hendrichs

Der Caritas-Verband erhielt aber ebenso wie das Projekt des DRK am Montag keine einzige Stimme. Das DRK wollte, wie berichtet, die neue Einrichtung neben seine im Bereich der Brilon Arkaden bestehende Kita bauen. Eine derartige Konzentration von zwölf Gruppen empfand der Ausschuss angesichts des Bring- und Abhol-Verkehrs und - darauf wies Dietmar Schwalm von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) hin - generell der zu erwartenden Unruhe als zu groß. Die beiden Briloner Mitglieder des Kreisjugendwohlfahrtsausschusses, Michael Hilkenbach (CDU) und Ludger Böddeker (SPD), appellierten vergebens an Kreisverwaltung und Ausschuss, der Splitting-Empfehlung aus Brilon zu folgen.

Kita Teil eines großen Investoren-Projektes auf Möbel Nolte-Gelände

Prophylaktisch hatte der Briloner Ausschuss auch eine Ersatz-Empfehlung formuliert: Falls nur ein Träger zum Zuge kommen sollte, möge das doch die Stepke-Kita sein, und das vor allem wegen dem - so Ludger Böddeker - „Charme“ des Standortes. Bekanntlich will der Eigentümer des rund 50.000 qm großen ehemaligen Möbel Nolte-Geländes, die Briloner SQ Holding, dort ein Quartiers-Konzept aus Wohnen, Leben und Freizeit realisieren. Die Holding ist auch Investor der neuen Kita; konzipiert und schlüsselfertig errichtet wird sie von der AL Kita Bau in Madfeld.

Günstigeres Angebot

Zudem erwartet die Step Kids Kita gGmbH die Übernahme von nur 4,8 Prozent der Betriebskosten durch den Kreis, bei den anderen Trägern sind dies die üblichen 7,8 Prozent. Marcel Tillmann (CDU), sagte, dass seine Fraktion trotz des günstigeren Stepke-Angebots empfehle, die Trägerschaft der Kath. Kita gGmbH zukommen zu lassen, letztlich aber auch eine andere Entscheidung mittragen werde.

„Innovatives Konzept“

Die Step Kids Kita gGmbH unterhält in Arnsberg zwei Kitas, für die allerdings nicht das HSK-Jugendamt zuständig ist, sondern das der Stadt Arnsberg.

Zum - so Ausschussvorsitzende Nathalie Evers-Stumpf (SPD) - „innovativen Konzept“ der Stepke-Kitas gehören u.a. täglich in der internen Küche von einem eigenen Koch frisch zubereitetes Essen, Wassergewöhnung als Vorbereitung auf das Schwimmen lernen sowie der spielerische Einstieg in Englisch sowie Natur- und Waldprojekte.

Alle vier Träger hatten Investoren-Modelle vorgestellt, d.h. dass der Kreis auf 20 oder 25 Jahre eine Mietübernahmegarantie ausspricht.

Diese Beträge werden über die Kreisjugendamtsumlage auf die Kommunen umgelegt.

SBL-Ausschussmitglied Dietmar Schwalm wollte vom Kath. Kita-Vertreter wissen, ob man dort auch als Nicht-Katholik arbeiten könne. Was, sofern grundsätzliche ethische Werte eingehalten werden, der Fall sei. Beim Stepke-Träger bekrittelte er die Nähe zur börsennotierten, profitorientierten Konzernmutter AcadeMedia AG und sich daraus möglicherweise ergebende Nachteile für die Belegschaften, außerdem vermisste er die regionale Verbundenheit. Die für NRW zuständige Regionalvertretung der in Berlin ansässigen Gesellschaft befindet sich in Wuppertal.

SBL: Kritik am Kreis und am Procedere

Und generell kritisierte die SBL das Procedere, mit dem der Kreis das Interessenbekundungsverfahren durchgezogen habe. Denn am Montag lag noch nicht einmal das Protokoll der Kreisjugendhilfeausschusssitzung vom 11. Oktober vor, in der der HSK den Kita-Bedarf für die Briloner Kernstadt mündlich vorgetragen habe. Die zugrunde gelegten Daten sind nach SBL-Ansicht bis heute nicht nachprüfbar und angesichts der aktuellen demographischen Entwicklung möglicherweise schon obsolet.

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Nebenbei: Als sich abzeichnete, dass die Kreisverwaltung und der Ausschuss die Splitting-Empfehlung der Stadt Brilon nicht mittragen würde, sagte Michael Hilkenbach, in Brilon Vorsitzender des Sozialausschusses, dass er sich bei der Abstimmung enthalten werde.