Hochsauerlandkreis. Das Gendersternchen ist umstritten, die Debatte hitzig. Wie machen es Brilon, Winterberg und Co im Schriftwechsel? Eine Stadt gab das Gendern auf

Wenn es um das Thema Gendern geht, wird die Diskussion schnell emotional. Auch im HSK birgt das Thema Zündstoff. Die einen sehen in dem Gendersternchen* den richtigen Schritt zu noch mehr Gleichberechtigung, die anderen kritisieren es als „Wortpanscherei“. Einige Behörden, wie beispielsweise die Bezirksregierung in Arnsberg gendern; jüngst scheiterten die Grünen im Stadtrat in Lippstadt mit ihrer Forderung, eine gendergerechte Sprache bei öffentlichen Texten und dem Schriftverkehr des Rathauses einzuführen. Alleine die Forderung der Partei hatte dort für große Debatten und wütenden Protest bei den lokalen Medien geführt. Wie wird es inBrilon, Olsberg, Marsberg, Winterberg, Medebach und Hallenberg gehandhabt?

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Brilon: Debatte ums Gendern taucht immer wieder auf

Der Bürgermeister der Stadt Brilon, Christof Bartsch, sagt: „Selbstverständlich behandeln wir geschlechtsunabhängig alle gleich – dazu zählt natürlich auch eine geschlechtsspezifische Ansprache.“ Die Stadt verstehe es als „Gebot der Höflichkeit“, nicht nur ein Geschlecht anzusprechen, schreibt die Pressestelle des Rathauses. Im Dienstrecht der Stadt Brilon sei die Verpflichtung zur gendergerechten Sprache im Kundenverkehr noch nicht festgeschrieben. Hier habe sich, das Vertrauen in das Fingerspitzengefühl unserer Belegschaft bewährt, heißt es. Zudem stelle sich die Frage, ob die rein sprachliche Anpassung in diesem Themenbereich nicht zu kurz greife und dem Anspruch an die Sache tatsächlich hinreichend gerecht werde.

Bürgermeister Christof Bartsch sagt, dass die Stadt es als Gebot der Höflichkeit verstehe, nicht nur ein Geschlecht anzusprechen.
Bürgermeister Christof Bartsch sagt, dass die Stadt es als Gebot der Höflichkeit verstehe, nicht nur ein Geschlecht anzusprechen. © Jürgen Hendrichs

Gesetzliche Grundlagen fänden sich im Landesgleichstellungsgesetz, in dem nur die männliche und weibliche Schreibweise zwingend vorgegeben sei. Außerdem können man sich laut Personenstandsrecht auch als „divers“ eintragen oder die Option ganz streichen. Über diese Vorgabe hinaus seien Kommunen derzeit an keine weiteren Vorgaben gebunden. Die Verwendung des Gender-Sternchens sei nicht verbindlich.

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Trotzdem, so die Pressestelle, tauche die Debatte über das Gendern immer wieder auf. Jede Kommune müsse deshalb für sich den besten Weg finden, das nicht immer einfach verständliche Behördendeutsch in eine nicht-diskriminierende Sprache zu gießen. In einigen Dokumenten der Stadt Brilon, insbesondere dem Ortsrecht, sei noch der einleitende Verweis zu finden, dass aus Vereinfachungsgründen nur die männliche Schreibweise genutzt werde, der Text jedoch ausdrücklich geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

Deshalb verbannte Winterberg das Gendersternchen

Diese würden aber bei anstehenden inhaltlichen Änderungen nach und nach mit aufgegriffen und angepasst. Im Allgemeinen sei bereits dazu übergegangen worden, geschlechtergerechte Alternativen zu nutzen. So wie beispielsweise Mitarbeitende statt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ansprechperson statt Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner oder antragstellende Person statt Antragstellerin und Antragsteller. Auf höherer Ebene fänden derzeit Ausarbeitungen statt. Die Kommunen würden demnächst eine Handreichung für die gendersensible Sprache erhalten.

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Die Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen, weist darauf hin, dass in der Ratssitzung im Oktober mehrheitlich dafür ausgesprochen wurde, „dass wir im Schriftverkehr, bei Pressemitteilungen und in Verwaltungsvorlagen kein „Genderstern“ mehr verwenden, da dieser nicht den aktuellen Regeln der deutschen Rechtschreibung entspricht“. Eine respektvolle Anrede wie Bürgerinnen und Bürger oder Schülerinnen und Schüler sei der Behörde jedoch wichtig. Deshalb nutze Winterberg die Anrede in den Schriftverkehren oder auch in Pressemitteilungen.

Hallenberg setzt auf Selbstverpflichtung der Mitarbeiter

Der Leiter des Haupt- und Personalamtes Marsberg, Klaus Rosenkranz, verweist auf die Vorgaben des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männer für das Land NRW. Deshalb sei bereits vor einigen Jahren ein Gleichstellungsplan durch den Rat der Stadt Marsberg beschlossen worden. In diesem Plan sei unter anderem geregelt, dass geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden sind oder die männliche und weibliche Form zu wählen ist.

Hallenbergs Bürgermeister Enrico Eppner setzt auf die Selbstverpflichtung der Mitarbeiter.
Hallenbergs Bürgermeister Enrico Eppner setzt auf die Selbstverpflichtung der Mitarbeiter. © Rita Maurer | Rita Maurer

Die Stadt Hallenberg setzt im Hinblick auf diese Frage nicht auf eine Pflicht, sondern auf die Selbstverpflichtung der Mitarbeiter. Alle Individuen in unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt müssten gleiche Chancen bekommen, so der Bürgermeister Enrico Eppner. „In unserer Verwaltung setzen wir darauf, dass alle die passenden Rahmenbedingungen vorfinden, um das eigene Potenzial vollumfänglich zu entfalten. Mit diesem Grundsatz und dem Arbeiten auf Vertrauensbasis finden alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Verwaltung eine kompetente Ansprache auf Augenhöhe“, sagt er.

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Aus eigener Überzeugung diskriminierungsfrei handeln

Die Pressesprecherin der Stadt Olsberg, Angelika Beuter-Sielemann, weist darauf hin, dass man auf das Gendersternchen verzichte. Beispielsweise würde man mit der Bezeichnung Besucherinnen und Besucher alle gleichermaßen ansprechen.

Negative Rückmeldungen zum Thema Gendern wurde an den Bürgermeister der Stadt Medebach bisher weder von Bürgern noch aus der Politik herangetragen. „Gleichberechtigung, Respekt und Toleranz drücken sich natürlich auch durch Sprachgebrauch aus. Persönlich nehme ich für mich in Anspruch, dies auch schon vor der Diskussion zu gendergerechter Sprache gelebt zu haben. Die Kolleginnen und Kollegen im Rathaus teilen diese Philosophie“, sagt Thomas Grosche. Er sei der Meinung, dass es wichtiger sei, diese Haltung und Überzeugung zu leben, als sie in irgendwelchen bürokratischen Dienstanweisungen vorzuschreiben. Dann habe man zwar in städtischen Briefen vielleicht das Gender-Sternchen einheitlich an der richtigen Stelle, dem eigentlichen Ziel sei damit aus seiner Sicht aber deutlich weniger gedient, als wenn man aus innerer Überzeugung diskriminierungsfrei handeln würde.