Hochsauerlandkreis. Sie sind jung, kommen aus dem HSK und engagieren sich bei SPD, Grüne und FDP. Das erhoffen sie sich von einer möglichen Ampel-Koalition:
Auch wenn es bei den Verhandlungen in Berlin um eine mögliche Ampel-Koalition gerade wohl etwas knirscht, gehen die meisten politischen Beobachter davon aus, dass bald ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP stehen wird. Dieses Experiment beschäftigt natürlich auch den politischen Nachwuchs der Parteien im HSK. Die WP hat dazu mit drei Vertreten gesprochen.
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Kreisvorsitzende kommt aus Brilon
Die 23-jährige Louisa Frese aus Brilon ist die Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen (Julis) Hochsauerland. Sie beobachtet die Koalitionsverhandlungen genau, schließlich erhofft sie sich mit der neuen politischen Konstellation eine tiefgreifende „Erneuerung und Modernisierung des Staates“. Etwas Enttäuschung schwingt in ihrer Stimmer mit, wenn sie über eine Information spricht, die von den Gesprächen durchsickerte: „Ich fände es echt schade, wenn am Ende der Verhandlungen entschieden wird, dass es kein Digital-Ministerium gibt“, sagt sie. Besonders beim Thema Digitalisierung steche die FDP schließlich aus allen Parteien hervor und habe deshalb auch viele junge Wähler vom gelben Wahlprogramm begeistern können.
Sie selbst habe sich, wie viele andere Julis auch, im Wahlkampf für den heimischen Bundestagsabgeordneten Carl-Julius Cronenberg engagiert. Bereits 2017 trat sie den Liberalen bei und unterstützte den Landtagswahlkampf ihrer Partei. „Das optimistische Weltbild der FDP hat mich einfach am meisten angesprochen“, sagt die Channel-Managerin. Kritik, die Partei kümmere sich ausschließlich um die Belange von Besserverdienern, weist sie entschieden zurück. „Unsere Partei steht für das Aufstiegsversprechen. Das ist alles andere als unsozial“, sagt die Brilonerin.
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Vorbild: Helmut Schmidt
Jetzt schaue sie erst mal interessiert auf das, was bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin rumkomme. „Ich hätte es lieber gesehen, wenn man ein Bündnis mit der CDU eingehen könnte. Das wäre aber gegen den Willen der Wähler gewesen“, sagt Frese. Sie sei aber davon überzeugt, dass man mit einer Ampel wirklich etwas bewirken könne, um den Staat endlich zu modernisieren. Dafür müsse man nun aber die Ergebnisse abwarten. „Bisher ist ja wirklich nur wenig durchgesickert. Das ist meiner Meinung nach aber ein gutes Zeichen, anders als bei den Jamaika-Gesprächen, die ja dann gescheitert sind“, sagt sie.
Chris Hoffmann hat ein sozialdemokratisches Idol: Helmut Schmidt. Dieser habe gezeigt, dass ein Bündnis zwischen SPD und FDP funktionieren kann, sagt der 22-Jährige aus Meschede der im Vorstand der Jugendorganisation der SPD (Jusos) im HSK sitzt. Die Koalitionsgespräche verfolgen er und die Jusos mit großem Interessen. Dabei sieht er einen Punkt besonders kritisch: „Es wäre wohl besser gewesen, wenn sich die SPD und die Grünen mit ihren Steuerplänen gegen die FDP durchgesetzt hätten. So wird sich in dieser Hinsicht wenig verändern“, sagt er. Er hoffe aber, dass man andere Stellschrauben finde um einen Wandel voranzutreiben.
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Es sei jetzt um so wichtiger, und dafür stünden die Sozialdemokraten, den ökologischen Wandel sozial hinzubekommen, sagt er. Wie der aktuelle Stand der Verhandlungen aber aktuell sei, könne er nicht sagen, obwohl er sogar im Wahlkampfteam des SPD-Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese gewesen ist. „Von der Seite herrscht absolutes Stillschweigen. Das finde ich aber auch gut. Wir wissen ja, was damals aus den Jamaika-Verhandlungen alles durchgesickert ist“, sagt Hoffmann mit Blick auf das Scheitern des schwarz-grün-gelben Projektes.
Klimawandel und Diskriminierung im Fokus
Dass doch recht wenig junge Wähler ihr Kreuzchen bei der SPD machten, stimmt Hoffmann nachdenklich: „Das tut mir schon weh. Vor allem wenn man sieht, wie aktiv wir Jusos insgesamt sind in Deutschland“, sagt er. Er könne aber gut verstehen, dass viele junge Menschen sich für die Themen der Grünen interessierten und einsetzen. Aber dass sich junge Menschen nicht nur für Umweltthemen begeisterten, zeige das starke Ergebnis der FDP bei den Unter-30-Jährigen und Erstwählern. Hier seien die Themen Selbstständigkeit, Start-Ups und Digitalisierung besonders im Fokus und hier hätten die Liberalen am lautesten auf sich aufmerksam gemacht, obwohl das Thema Digitalisierung für die SPD auch sehr zentral sei, sagt Hoffmann.
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Amelie Bitter beobachtet die Koalitionsverhandlungen ganz genau. Dabei ist für sie das Thema Klimawandel der entscheidende Punkt bei den Gesprächen. Die 25-jährige Arnsbergerin ist seit zehn Jahren Mitglied der Grünen Jugend. Sie habe sich mit 16 für eine Mitgliedschaft bei den Grünen entschieden, da sie sich aktiv für einen „modernen und nachhaltigen Klima- und Tierschutz sowie eine offene Gesellschaft engagieren wollte.
Niemand solle aufgrund seines Geschlechts, seiner Sexualität, seiner Abstammung oder Realität diskriminiert werden, so Bitter. „Der Klimaschutz - und damit ein realer Plan der das 1,5 Grad Ziel nicht nur erträumt sondern auch in die Realität umsetzt - ist die Aufgabe der gegenwärtigen Politik“, sagt sie. Dies habe ihre Partei erkannt und verhalte sich dementsprechend. Auch wenn dies möglicherweise eine Verlängerung der Koalitionsverhandlungen bedeute.