Marsberg. Schon 1976 gab es Pläne, das St.-Marien-Hospital Marsberg zu schließen. Die Politik konnte das noch abwehren. Friedrich Kies erinnert sich

Die Struktur der Krankenhäuser landauf landab liefert schon seit Jahren reichlich Diskussionsstoff. Kleinen Krankenhäuser hängt nicht erst seit Gestern das Schwert der Schließung über den Dächern. Im Sommer 2019 hatte die Studie zur Krankenhausdichte in Deutschland für Wirbel gesorgt. Darin wurde vorgeschlagen, die Zahl der Kliniken auf unter 600 zu reduzieren. 700 Standorten drohte das Aus.

Krankenhäuser in Olsberg und Büren wurden geschlossen

Ärztevertreter und Kliniken hatten mit massiver Kritik reagiert. Besonders die Standorte auf dem Land fürchteten um ihre Existenz und tun es immer noch. Auch die Krankenhäuser in der direkten Nachbarschaft von Marsberg wie Brilon und Winterberg können ein Lied davon singen. Die Krankenhäuser in Olsberg und Büren wurden schon vor rund 20 Jahren geschlossen.

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Von Überlebensängsten kann auch das St.-Marienhospital Marsberg in seiner jetzt 161-jährigen Geschichte berichten. Eröffnet wurde es am 11. November 1860 an seinem ersten Standort in der oberen Hauptstraße. Der Neubau am jetzigen Standort am Heidenberg wurde am 4. November 1967 eröffnet. Das, was das Marsberger Krankenhaus von anderen unterschied, war die Trägerschaft. Ein Krankenhausverein mit dem jeweiligen Propst an der Spitze leitete die Geschicke des Hauses.

Ganz eng damit verbunden ist der Marsberger Rechtsanwalt im Ruhestand Friedrich Kies (82). Seit Ende der 1960-iger Jahre ist er Mitglied im Krankenhausverein. 1990 wurde er Geschäftsführer des Vereins und des Krankenhauses. Er setzte sich maßgeblich für den Trägerwechsel ein und machte so das Haus schon vor 25 Jahren zukunftstauglich. Der Verein war bis 1998 Träger des Krankenhauses. Ab 1999 traten die Barmherzigen Brüder Trier (BBT e.V.) an seine Stelle. Der Verein ist heute Förderverein des Krankenhauses. Auch heute noch verfolgt Friedrich Kies mit Argusaugen und Wohlwollen die Geschehnisse rund um das Krankenhaus.

Starker Gegenwind schon 1976 für das Marsberger Krankenhaus

Schon Mitte der 1970-er Jahre wehte dem Krankenhaus mit seinem Trägerverein starker Gegenwind ins

Niemals genug Intensivbetten

Die Bündelung von Ärzten und Pflegepersonal sowie Geräten in weniger Krankenhäusern würde zu einer höheren Versorgungsqualität führen, hatten die Autoren der Studie zur Krankenhausdichte in Deutschland argumentiert. Jedes dritte Krankenhaus in Deutschland sei überflüssig urteilte auch der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundeausschusses (G-BA): Weniger wäre für die Patienten dabei sogar oft mehr, so seine Meinung.In Zeiten von Corona hat sich allerdings gezeigt, dass es niemals genug Intensivbetten geben kann.

Haus. Gegenüber der WP erinnert sich Friedrich Kies sehr gut. Er war zu der Zeit für die CDU im Stadtrat. Eine Zielplankonferenz für das Krankenhauswesen des HSK hatte in 1976 getagt. Vertreter des Landesverbandes der Ortskrankenkassen sahen „keine zwingenden Gründe zur Beibehaltung des St.-Marien-Hospitals“, lautete ein Ergebnis der Zielplankonferenz. Von 205 Betten sollten 25 aus der Förderung gestrichen werden. „Dadurch wären dem Krankenhaus 60.000 DM an Einnahmen jährlich verloren gegangen“, so Kies.

Friedrich Kies
Friedrich Kies © Annette Dülme | Annette Dülme

Begründung der Maßnahmen

Die Maßnahme wurde damit begründet, dass das Marsberger Krankenhaus in den Daten von 1975 eine schlechte Belegung aufwies. Kies: „In dem Bericht der Zielplankonferenz fanden die zahlreichen potenziellen Patienten des südlichen Paderborner Kreises (Wünnenberg/Fürstenberg) und Nordhessens (Hesperinghausen/Vasbeck) keine Berücksichtigung. Dabei, so Kies weiter, hätte der damalige Landesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und die Krankenkassenverbände dem Marien-Hospital noch zusätzlich 5000 Einwohner aus dem Fürstenberger Raum und Hessen zugeschrieben. Dieses sei damals als Beweis für die schlechte Situation Marsbergs als fernöstliches Randgebiet des HSK gewertet worden. An der medizinisch-technischen Versorgung des Hauses hätte es nicht liegen können, so die damalige Meinung, da sie als überdurchschnittlich gut bezeichnet worden sei.

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Der Landesminister machte also den Vorschlag, die Bettenzahl um 25 zu verringern. Und der Vertreter des Landesverbandes der Ortskrankenkassen hatte keine grundsätzlichen Bedenken dem Vorschlag zu folgen. In der amtlichen Niederschrift ist nachzulesen, dass er sich dafür aussprach, alsbald eine Lösung für die leistungsfähige Abteilung für Frauenheilkunde/Geburtshilfe zu finden, indem die Versorgung in diesem Fachgebiet allein in Brilon sichergestellt werden sollte.

Die Marsberger Politik konnte vor 40 Jahren die Planvorstellungen noch erfolgreich abwenden. Die Gynakologie blieb zunächst erhalten. Allerdings vor etwa 15 Jahren wurde sie dennoch geschlossen.