Olsberg. „Krass. Krass. Wirklich krass.“ Den Brand im Aqua Olsberg wird Leni nie vergessen. Sie erzählt von den Flammen, dem langen Warten und ihrer Angst
Mit der Freundin ins Solebad. Ein bisschen vom stressigen Arbeitsalltag erholen. Leni* (32) kommt aus Meschede, ist mit ihrer Freundin im Aqua Olsberg, als das Feuer ausbricht. Das Schwimmbad in Olsberg wird lange brennen und einen immensen Schaden hinterlassen. Leni schildert ein Erlebnis, das sich ihr einprägen wird. Und sie erzählt von Einsatzkräften, die einfühlsam, fürsorglich und sehr entschieden die verängstigten Menschen umsorgt haben.
Brand im Aqua Olsberg: Leni reagiert erst irritiert auf die Sirene
Es ist sechs Uhr, als Leni mit ihrer Freundin im Solebad liegt. Draußen ist es den beiden zu kalt, deswegen sind sie lieber wieder ins Aqua zurück. Lenis Freundin hört es als erstes. Ein Klackern. Dann die Sirene. „Sehr geehrte Damen und Herren, wegen einer technischen Störung in unserem Hause, bitten wir Sie, das Gebäude zu ihrer eigenen Sicherheit zügig zu verlassen.“ Leni reagiert irritiert. „Meine Freundin und ich haben uns angeguckt und einfach nur gefragt: Was ist denn jetzt los?“ Ein Bademeister sei augenblicklich im Solebad erschienen. „Er war sehr freundlich und ruhig und hat uns gebeten, aus dem Wasser zu kommen. Die ersten, die schon aus dem Wasser raus waren, hat er sich gepackt und nach draußen gebracht.“ Leni und ihre Freundin holen ihre kleine Tasche, ein Tütchen mit den Handys, und ein Frotteehandtuch.
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Feuer im Aqua Olsberg: Mit nassem Badekleid auf der Wiese
Draußen versammeln sich die Menschen auf der Wiese, an der Notfallsammelstelle unter dem grünen Schild. „Ich hatte nur ein Badekleid an. Das war natürlich klatschnass und mein Handtuch hat sich immer mehr vollgesogen.“ Manche haben kein Handtuch, nur den Bikini oder die Badehose an. Manche kommen Barfuß aus dem brennenden Schwimmbad. Leni trägt Badelatschen, trotzdem läuft der Matsch zwischen ihre Zehen, alles ist verklebt und dreckig.
Auf den ersten Blick sieht sie nur leichten Rauch. Durch ein Seitenfenster erkennt sie Glutnester auf der Saunaseite. „Wie Fackeln sind da die Flammen rausgebrochen.“ Sie muss an ihre Dokumente denken. Ihr Portemonnaie, das noch in dem Spind in der Umkleidekabine liegt. Der Autoschlüssel. Ausweis. Bankkarte. Geld.
Brand im Aqua Olsberg: „Alle waren sehr ruhig“
„Irgendjemand von der Polizei oder der Feuerwehr, ich kann es nicht mehr zuordnen, hat uns erzählt, was los ist. Alle waren sehr ruhig. Wir wurden dann in die Turnhalle neben dem Aqua gebracht mit der Maßgabe, dass wir vielleicht auch dort evakuiert werden müssen, weil die Gesamtlage nicht ganz klar war“, sagt Leni. Überall ist Blaulicht, sie sieht eine Drehleiter. Feuerwehrleute.
In der Turnhalle können sich die Menschen setzen. Notarzt und Sanitäter treffen ein. „Es wurde gefragt, wer Rauch eingeatmet hat. Diejenigen sollten in eine Ecke kommen, um untersucht zu werden“, erinnert sich Leni. „Wir alle wurden gefragt, ob es uns gut geht.“ Sie hat nicht mitbekommen, ob jemand medizinisch versorgt werden musste, glaubt es aber nicht. „Wir wurden sehr gut evakuiert. Dadurch ist niemandem etwas passiert.“
Feuer im Aqua Olsberg: DRK umsorgt die Badegäste mit Decken
Das DRK bringt silberne Decken, um die frierenden Badegäste zu versorgen. Irgendwann werden Bademäntel herumgereicht, Wolldecken. „Immer wieder wurde uns erklärt, was gerade passiert. Alle waren sehr einfühlsam und ruhig. Besonders den Kindern gegenüber.“ Badelatschen werden in der Turnhalle verteilt. Getränke auch. Eine Windel für ein Kleinkind wird gereicht, aus einer der Erste-Hilfe-Taschen. Immer wieder werden die Menschen gefragt, ob es ihnen gut geht. Der Bürgermeister spricht irgendwann laut zu den Wartenden. Eine Frau, Leni kann sie nicht zuordnen, sucht das Gespräch mit den Menschen. „Vielleicht gehörte sie zum Aqua Olsberg oder kam mit dem Bürgermeister. Immer wieder wurde gesagt, dass die Bademeister vorbildlich reagiert hätten.“
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Trotzdem herrscht irgendwie Panik innerlich, sagt Leni. Sie fühlt sich erschrocken, ängstlich. „Man wusste ja nichts. Ich habe mich so verloren gefühlt in dieser Situation.“ Sie hat Angst um ihren Ausweis. Als Portugiesin braucht sie lange, bis sie ihre Dokumente ersetzen kann. „Ich nehme immer ein kleines Portemonnaie mit meinen Sachen mit. Gerade heute habe ich es im Schrank gelassen.“ Sie ruft ihre Mutter an, das Handy hat sie dabei. Die soll eine Tasche mit Kleidung packen, sich bereit machen, die beiden abzuholen.
Feuer im Aqua Olsberg: Noch einmal ins Bad um die Sachen zu holen
Mit einer kleinen Familie setzen sich die Frauen zusammen, versuchen Späße zu machen um die Situation zu entspannen. „Zu überstehen“, sagt Leni.
Irgendwann, kurz vor 9 Uhr, ganz genau weiß Leni es nicht mehr, die Ansage, dass man mit Begleitpersonen in die Umkleidekabine darf. Immer einer, alle nacheinander. Leni hat eine Maske dabei. Wegen Corona. „Der Rauch und die Partikel in der Luft waren penetrant. Trotz Maske. Überall standen Feuerwehrleute mit Belüftungsgeräten um den Rauch zu verteilen, damit wir schnell unsere Sachen holen konnten.“ In der Kabine der Turnhalle zieht sie die Sachen über den durchgefrorenen und nassen Körper. Mit ihrer Freundin hinterlässt sie ihre Daten bei der Polizei, dann darf sie gehen.
Sie schläft schlecht in dieser Nacht. Sie friert, trotz heißer Dusche und Heizung. Ihre Freundin wacht mit Husten wieder auf. Der Abend geht ihr nicht aus dem Kopf. „Ich habe irgendwann Bilder gesehen, von der Seitenansicht. Wo alles verbrannt ist.“ Wie fühlt sich das an: „Krass. Krass. Wirklich krass.“
Brand im Aqua Olsberg: Einfühlsam und konzentrierte Evakuierung
Leni lobt die Einsatzkräfte. Feuerwehr, Polizei, Sanitäter, DRK. Die Bademeister und alle Angestellten. „Das waren super Reaktionen von den Leuten vor Ort. Sie waren einfühlsam und konzentriert und haben gut erklärt was Sache ist.“ Mit ihrer Freundin spricht sie an dem Tag nach dem Brand ebenfalls. Lässt alles noch einmal vor dem inneren Auge ablaufen. „Eigentlich wollten wir einen entspannten Abend. Jetzt bleibt der Abend ein Teil unserer Geschichte.“
*Leni möchte nur mit ihrem Vornamen genannt werden. Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt.