Hallenberg. Ein schwach radioaktives Objekt wird am Dienstag bei Hallenberg im HSK gefunden. Viele Fragen blieben offen. Jetzt gibt es die ersten Antworten.

Einen Tag nach dem Großeinsatz wegen eines radioaktiven Gegenstands an der Braunshauser Mühle bei Hallenberg im Hochsauerlandkreis ist noch keine Ruhe in der Bevölkerung eingekehrt. Die Polizei prüft im Fall des am Dienstag gefundenen schwach radioaktiven Gegenstands, ob eine Strafbarkeit vorliegt. Das bestätigte Polizeisprecher Holger Glaremin am Mittwoch der WP. Der Fund hatte am Dienstag einen Großeinsatz im Grenzgebiet zwischen Hessen und NRW ausgelöst.

ABC-Züge der Feuerwehren aus Winterberg und Marsberg – Spezialeinheiten für atomare, chemische und biologische Gefahrstoffe – wurden angefordert. Nach dreieinhalb Stunden gaben sie Entwarnung: Der landwirtschaftliche Gegenstand, bei dem es sich laut Angaben der Stadt um ein älteres Maschinenbauteil handeln soll, sendet ein sehr schwache Gamma-Strahlung im Nanobereich aus. Er befindet sich im Umfeld einer Scheune, die in der Nähe der Wohnhäuser an der Braunshauser Mühle liegt.

Weitere Messungen in dieser Woche

„Der während des Einsatzes ermittelte Dosiswert entspricht dem natürlichen Untergrund, so dass nach Auskunft der Fachbehörde in der aktuellen Situation keine Gefährdung für Mensch, Tier und Umwelt von diesem Gegenstand ausgeht“, teilt die Stadt Hallenberg am Mittwoch mit. Voraussichtlich noch in dieser Woche werden weitere Messungen das Landesinstitut an dem Gegenstand, in der Scheune und auf dem Grundstück vorgenommen. Anschließend soll eine fachgerechte Entsorgung erfolgen.

Der Großeinsatz wegen am Dienstagnahe des Dorfes Braunshausen bei Hallenberg: Verdacht, dass dort ein Gegenstand radioaktive Strahlung aussendet
Der Großeinsatz wegen am Dienstagnahe des Dorfes Braunshausen bei Hallenberg: Verdacht, dass dort ein Gegenstand radioaktive Strahlung aussendet © Rita Maurer

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Das Ordnungsamt der Stadt war am Montagvormittag von der Bezirksregierung Arnsberg über den Vorfall informiert worden. Hier hatte sich der Finder, der nach WP-Informationen aus einem hessischen Nachbarort kommen soll, zuerst gemeldet und erklärt, dass er mit seinem privaten Geigerzähler einen erhöhten Wert an einem landwirtschaftlichen Gerät auf seinem Scheunengelände festgestellt habe. Dieses Gerät habe er dann auf dem Grundstück vergraben. Die Höhe des gemessenen Wertes schien unbedenklich. Da man jedoch nicht auf private Angaben vertrauen wollte, schalteten die Mitarbeiter der Stadt nach Rücksprache mit Fachbehörden die Feuerwehr ein, um eine fachgerechte Messung vorzunehmen. Dadurch kam wiederum die für ABC-Einsätze vorgeschriebene Meldekette in Gang, die u.a. vorgibt, Gefahrenzonen ausreichend abzusichern und speziell geschulte Einsatzkräfte – in diesem Fall aus Winterberg und Marsberg - hinzuzuziehen.

Bürger in Sorge: Viel Raum für Spekulationen und Ängste

Bei vielen Hallenbergern herrschte währenddessen und auch danach Unruhe, weil durch die auswärtigen Feuerwehrfahrzeuge, Rettungswagen und Absperrungen offensichtlich war, dass eine größere Aktion stattfand, aber zunächst kaum Hintergründe bekannt waren. So kreisten Gerüchte, dass z.B. eine Granate aus dem Weltkrieg gefunden worden sei oder Gastanks explodiert wären. Andere befürchteten einen radioaktiven Zwischenfall, der gefährlich für Menschen und Tiere sein könnte, oder den Bau einer Bombe. Es kamen zudem Sorgen auf, ob das geerntete Grünfutter von den umliegenden Wiesen genutzt werden könne und ob man das Vieh umtreiben solle. Besonders belastend war der Einsatz für die direkten Bewohner der Braunshauser Mühle.

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Eine Anwohnerin schildert, dass gegen 11.30 Uhr plötzlich zahlreiche Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst an den vier Häusern vorgefahren seien und die Straßen gesperrt wurden. Auch die Schul- und Kindergartenbusse, mit denen um die Mittagszeit eigentlich die Kinder der Anwohner nach Hause kommen sollten, wurden nicht durchgelassen. In den Bussen kursierten teilweise Gerüchte von einem schweren Unfall oder einer Explosion. Auf Nachfrage konnte jedoch keiner der Einsatzkräfte etwas Genaueres sagen. Kurz darauf hieß es, dass nach einem radioaktiven Gegenstand gesucht würde und man Fenster und Türen geschlossen halten solle. „Es war schlimm, weil man keine Informationen bekam und nicht zu den Kindern konnte. Dadurch ergab sich viel Raum für Spekulationen und Ängste. Man ist mittendrin und weiß trotzdem nichts.“

Ein Feuerwehrwagen auf dem Weg zum Einsatzort.
Ein Feuerwehrwagen auf dem Weg zum Einsatzort. © Rita Maurer

„Übergeordnete Stellen hätten mit uns reden können“

Auch jetzt, nachdem die erlösende Nachricht kam, dass der Gegenstand gefunden und nicht gesundheitsgefährdend sei, frage man sich, woher dieses Gerät komme, wann es abgeholt werde und wie stark der umliegende Boden kontaminiert sei. „Wir machen den einheimischen Kräften keinen Vorwurf, sie haben nach ihren Vorschriften gehandelt. Aber vielleicht hätten übergeordnete Stellen mit uns reden können.“ Bürgermeister Enrico Eppner sprach allen Einsatzkräften ein großes Lob für die professionelle Abwicklung und die gute Zusammenarbeit untereinander aus. Die wichtigste Botschaft sei für ihn, dass weder vor, während oder auch jetzt nach dem Einsatz eine Gefahr durch radioaktive Strahlung für Menschen, Tiere und Umgebung bestanden hätte. Gleichzeitig äußerte er Empathie für die Situation der unmittelbaren Anwohner: „Das muss ein Schockmoment gewesen sein, ich kann die Angst absolut verstehen.“ Er bat um Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen.

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Die Kriminalpolizei hat bereits Ermittlungen aufgenommen, um die Hintergründe des gefundenen Gegenstandes und auch der Eigentumsverhältnisse aufzuklären.

Polizei prüft Strafbarkeit

An der Scheune selbst erinnert momentan nur ein weitläufig an der Zufahrt entlang gespanntes rotweißes Flatterband an den großen Einsatz. Das Gebäude mit seinen verschlossenen Holztoren wirkt relativ neu und gut in Schuss. Draußen rosten einige Geräte und ein kleiner Bus vor sich hin, mehrere Holzstapel sind ordentlich aufgeschichtet. In diesem Umfeld soll das radioaktiv strahlende Gerät vergraben worden sein. „Polizeibeamte werden vor Ort sein, wenn das Teil geborgen und abtransportiert wird“, sagte Glaremin. Dann werden die Ermittler den rätselhaften Gegenstand auch begutachten. Er soll eine Größe von circa einem Meter mal 50 Zentimeter haben. Vermutlich handele es sich um einen uraltes landwirtschaftliches Gerät. Davon geht jedenfalls die Feuerwehr aufgrund der Beschreibung und des Fundortes nahe der Scheune aus.

Weshalb der Gegenstand radioaktiv strahlt und seit wann er sich auf dem Grundstück befindet, ist bislang allerdings noch offen.