Essentho. Wilfried Limpinsel hat 90 Turmfalkenküken in diesem Jahr in der Vogelpflegestation in der Essenthoer Mühle gesund gepflegt. Auch zwei Wildkatzen
Turmfalken über Turmfalken. So viele wie noch nie hat die Familie Limpinsel in diesem Jahr in ihrer Vogelpflegestation in der Essenthoer Mühle gesund gepflegt. Etwa 90 Turmfalken, der Großteil Jungtiere, haben sie wieder gesund und munter zurück in die Natur entlassen können. In den Jahren zuvor waren es höchstens so um die 30 Turmfalken, die im Vogelkrankenhaus behandelt wurden. In diesem Jahr waren beziehungsweise sind auch noch ganz andere Tierpatienten von der Familie Limpinsel aufgepäppelt worden. Wildkatzen haben zwar nichts in einer Vogelpflegestation zu suchen, aber wenn sie Hilfe brauchen, sagt die Familie Limpinsel nicht nein.
Wilfried und Mathilde Limpinsel kümmern sich seit rund 42 Jahren um verletzte Greifvögel. In ihrer Enkelin Anna Reichel haben sie jetzt tatkräftige Unterstützung. Sie ist mit in die Tierpflege eingestiegen.
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Bis zu 120 Vogelpatienten gleichzeitig in den weiträumigen Volieren der Station
Jetzt zum Frühherbst ist wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt in den vielen Volieren. Die meisten verletzten Greifvögel haben das Vogelkrankenhaus inzwischen wieder verlassen. In den Stoßzeiten im Sommer waren es mitunter 120 Vögel gleichzeitig, die die Familie Limpinsel liebevoll umhegte. Jetzt sind es noch rund 20 Vogelpatienten, die in den weiträumigen Volieren behandelt werden. Ein Schwarzmilan ist so weit gesund, dass er ausgewildert werden kann, kleine Waldohreulen, Käutze und ein junger Uhu müssen wohl noch länger warten, bis sie vollständig gesund sind.
Die Turmfalkenpatienten sind jedenfalls alle wieder in die Freiheit zurückgekehrt. „Das muss auch so sein“, so Wilfried Limpinsel. Denn die fliegen im Spätsommer zu ihren Winterquartieren.
Auf den Weg hat sich sicherlich auch das verletzte Turmfalken-Küken gemacht, das Wilfried Rampe aus Olsberg Ende Juni quasi vor der Haustür des Vorsitzenden des Naturschutzvereins Sundern, Karl-Heinz Tillmann, aufgefunden hat.
Ein Turmfalke brütet dort in der Nähe und das Küken ist vermutlich aus dem Nest gefallen. Die Tillmanns weilten derzeit im Urlaub, die Kinder informierten sie über den Fund. Wilfried Rampe ist selber im Verein für Umwelt- und Naturschutz Hochsauerland (VUNH) aktiv. Als ihn der Sunderaner Tillmann aus seinem Urlaub anrief und bat, das verletzte Turmfalkenküken zu bergen, brauchte Rampe nicht lange zu überlegen, wie der passionierte Umwelt- und Naturschützer im Gespräch mit der WP sagt.
Er brachte das Küken in die Essenthoer Mühle. „Die Turmfalkenküken haben keine Überlebenschance, wenn sie aus ihrem Nest gefallen sind“, weiß Vogeldoktor Wilfried Limpinsel. „Sie liegen auf der Erde und sind nicht flugfähig.“ Und deshalb eine leichte Beute für Nachbars Katze, Hund oder Mader.
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Vogelpatienten kommen aus dem weiten Umkreis
In diesem Jahr seien ungewöhnlich viele verletzten Turmfalkenküken zu ihm gebracht worden. Sie kommen aus dem weiten Umkreis, aus Nordwaldeck bis Hofgeismar, dem Paderborner und Soester Raum. Eine große Erleichterung sei es, so der Vogeldoktor weiter, dass er nicht mehr die Tiere selber abholen muss, sondern sie tatsächlich zu ihm gebracht werden.
So wie Samstagnacht vor zwei Wochen. Die Polizei rief bei ihm an In Altastenberg ist ein Uhu angefahren und verletzt aufgefunden worden. Der Uhu saß auf einem vorher schon totgefahrenen Hasen als er ebenfalls von einem Pkw erwischt worden war. Ein Flügel war gebrochen. Wilfried Limpinsel sieht gute Heilungschancen. In einigen Wochen wird er sicherlich wieder zurück in die Freiheit können.
Die kleinen Turmfalken verlassen das Vogelkrankenhaus erst wieder, wenn sie komplett flugfähig sind. Das Küken aus Sundern hatte es nach zwei Wochen geschafft. Dessen Auswilderung im Beisein von Natur- und Vogelschützern sollte eigentlich am Fundort in Sundern geschehen. Doch der Termin verzögerte sich, so kam ein genesenes „Ersatzküken“ jetzt frisch beringt in den Genuss.
Bei der Auswilderung brachte Wilfried Limpinsel gleich zwei weitere Vögel mit. Einen Schwarz- und einen Rotmilan. Der Schwarze wurde verletzt in der Nähe von Beverungen aufgefunden. Der Rote stammt aus der Nähe der Edermühle. Wieso er die in Sundern ausgewildert hat? „Weil dort nicht so viele hohe Windräder stehen“, so die spontane Antwort des Vogeldoktors.
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Deshalb fallen Turmfalkenküken aus dem Nest
Und wieso fallen Küken eigentlich aus dem Nest? „Nun ja, wenn die Altvögel mit einer Maus ankommen, muss man als Küken sehen, wo man bleibt. Dann wird auch mal gedrängelt und geschupst. Und dabei kann man auch schon mal aus dem Nest fallen.“ Hinzu komme, dass die Population dieses Jahr sehr gut gewesen sei. Wilfried Limpinsel: „Das liegt an den vielen Mäusen“.
Normalerweise würden Turmfalken drei bis vier Junge gleichzeitig großziehen. Wenn der Futtertisch mit Mäusen aber so reich gedeckt sei, würden es auch schon mal zu sieben Jungen kommen. Und dann wird es eng. „Turmfalken bauen keine Nest“, klärt Wilfried Limpinsel auf. Als Brutplatz werden gerne Nischen in Kirchtürmen, alten Bauwerken und Bauernhöfen genutzt.
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Auch zwei junge Wildkatzen haben die Limpinsels in ihrem Vogelkrankenhaus aufgenommen
„Eine Wildkatze ist eigentlich nicht der natürliche Patient in einem Vogelkrankenhaus“, lacht Wilfried Limpinsel. Aber wenn ein Tier krank ist und Leiden ausgesetzt ist, kann die Familie Limpinsel nicht Nein sagen. Ein Tierarzt aus Meschede hatte die kleine Wildkatze aufgefunden und in den Vogelpflegestation in die Essenthoer Mühle gebracht. Wilfried Limpinsel: „Sie war total geschwächt und hatte den Kontakt zu ihren Eltern verloren.“
Er hat eine Voliere artgerecht umgebaut zu einem Krankenzimmer für die kleine Wildkatze mit Kletterbäumen und Versteckmöglichkeiten. „Diese Wildkatze ist so vital“, so Limpinsel weiter, dass die wohl in etwa zwei Monaten allein in der Freiheit überleben kann.
Anders als die auf dem Foto ausgewilderte Wildkatze. Limpinsel: „Sie war sehr, sehr krank.“ Und deshalb lange in der Obhut der Station. Aber mit artgerechtem Futter kam sie schließlich wieder auf ihre Samtpfoten. Mäuse und Eintagsküken gehören zu ihrer Lieblingsspeise. Und da sehen die Limpinsels ein Problem auf sie zukommen: Wenn nämlich 2022 das Töten von Eintagsküken verboten wird.