Hesborn. Noch werden männliche Küken geschreddert. Andreas Stanka aus Hesborn hat sich eine Alternative überlegt und lebt mit den Konsequenzen.
„Warum sind denn Eure Eier teurer geworden?“ Diese Frage hat Andreas Stanka aus Hesborn in den vergangenen Wochen oft gehört. Seine Antwort: „Wir finanzieren über den Eierpreis die Bruderhähne mit.“ Andreas Stanka und seine Familie sind Nebenerwerbslandwirte und haben neben einigen Mutterkühen seit 2014 zwei mobile Hühnerställe. 250 Legehennen, einige stolze Hähne und neuerdings auch drei Zwergziegen, die erfolgreich die Habichte abschrecken, gehören zu jeweils einem Stallkomplex.
Nachdem das „Kükenschreddern“, bei dem männliche Küken nach dem Schlüpfen direkt aussortiert und getötet werden, immer mehr in den Medien diskutiert und ein Verbot ab 2022 erlassen wurde, haben sich auch die Stankas Gedanken über dieses Thema gemacht. Die Aufzucht der sogenannten Bruderhähne, also der besagten männlichen Küken, von denen bisher bundesweit jährlich 45 Millionen getötet werden, rückte in den Fokus. Das Integrieren in die eigene Bio-Hühnerhaltung in den Hesborner Wiesen schied erst einmal aus, denn dafür reichen der Platz und die vorhandenen Ställe nicht. Mit der „Bio-Kükenstube“ bei Paderborn, von der die Stankas auch ihre Legehennen beziehen, wurde dann eine Lösung gefunden: Die Bruderhähne werden dort aufgezogen und vermarktet.
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Rettung der Hähne kostet Geld
An den Kosten, die höher als die Erlöse sind, beteiligen sich alle Partnerbetriebe. Diese Zusatzkosten wiederum fängt die Familie Stanka durch eine Preiserhöhung von fünf Cent pro Ei auf. Langfristig kann sich Andreas Stanka durchaus vorstellen, auch selbst Bruderhähne zu halten. Mit der mobilen Haltung hat er sehr gute Erfahrungen gemacht und sich dem Biokreis eV angeschlossen, einem Verband für ökologischen Landbau und gesunde Ernährung aus Passau. Die Bio-Kriterien besagen, dass auf einen Quadratmeter Stallfläche sechs Hühner gerechnet werden dürfen. Bei der konventionellen Haltung wären es mit zwölf doppelt so viele.
Die beiden mobilen Ställe, die am Ortsrand von Hesborn gute hundert Meter voneinander entfernt stehen, sind mit allem ausgerüstet, was für die zertifizierte Bio-Haltung von Geflügel erforderlich ist: luftige Futter- und Legeplätze, Stangen, ein überdachter Bereich zum Scharren, außerdem eine große Wiese zum Picken und Laufen. Neben dem Gras dort darf nur genfreies Bio-Futter ohne beigemischte Zusatzstoffe oder Medikamente zugefüttert werden. Ein großer Teil des Getreides wird selbst angebaut. Die erforderliche Energie stammt aus Photovoltaik-Anlagen auf den Stalldächern. Nach zwei bis drei Wochen werden die Ställe auf eine andere Wiese umgesetzt. Das tut dem Boden gut, der dadurch nicht so stark abgeweidet wird oder verkeimt. Futter, Auslaufzeiten, Zustand der Tiere, Eierzahl, Wetter – alles rund ums Huhn muss täglich und ganz genau dokumentiert werden.
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Hesborner beschäftigen sich intensiv mit Hühnern
Die Einhaltung des Bio-Standards wird regelmäßig überprüft. Anderthalb bis zwei Stunden sind die Stankas jeden Tag mit ihren Hühnern beschäftigt, dazu kommen besondere Aufgaben wie das Stall-Umsetzen, Ernte oder ähnliches. Auch die beiden Kinder helfen schon kräftig mit. Die Eier werden täglich sortiert, verpackt und neben privaten Kontakten an mehrere Geschäfte in der Region sowie den Ökokisten-Lieferanten Boßhammersch Hof in Marburg ausgeliefert. Klar, dass solche Eier „made in Hesborn“ teurer sind als die Massenware aus den Niederlanden. Aber die Qualität und der Geschmack sind bekannt. Die Nachfrage der Kunden ist gut, ebenso wie die nach Bio-Rindfleisch und Suppenhühnern.
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Deshalb hofft Andreas Stanka auch, dass die neuen Eierpreise auf Akzeptanz stoßen: „Die Politik verbietet das Kükenschreddern, was wir absolut richtig finden. Aber bei der Lösung, was mit den Bruderhähnen passieren soll, ist jeder Landwirt auf sich allein gestellt und muss einen Weg finden. Letztlich entscheiden die Verbraucher über die Bruderhähne, indem sie zeigen, ob sie bereit sind, die Aufzucht über den Preis für die Eier zu finanzieren.“