Brilon-Alme. Glocken läuten und Kerzen anzünden? Von wegen! Für den Küsterdienst gibt es eine Ausbildung. Monika Hillebrand aus Alme verrät, was gefragt wird.
Was wäre der Pastor, was wären die Gemeinden im Hochsauerland ohne den Küster oder die Küsterin? Mit einem Augenzwinkern wird manchmal behauptet, dass er oder sie sogar kleine Sünden vergeben könnten. Ob das stimmt?
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1250 Kirchen und Kapellen im Erzbistum
Allein im Erzbistum Paderborn jedenfalls benötigen 1250 Kirchen und Kapellen deren helfenden Hände und Herzen. Was viele nicht wissen: Einmal im Jahr bietet das Bistum eine Ausbildung an, die zur Übernahme dieses Dienstes befähigt. Es gibt sogar eine Abschlussprüfung. 21 Männer und Frauen haben zuletzt diesen Kursus absolviert – darunter auch vier aus Brilon und Marsberg. Eine von ihnen ist Monika Hillebrand, die in der Almer St.-Ludgerus-Kirche dafür sorgt, dass die Glocken läuten, die Kerzen brennen, die Portale geöffnet sind - dass Messen gefeiert werden können.
Es gibt eine Warteliste
Domvikar Monsignore Gregor Tuszynski, Leiter des Fachbereichs Liturgische Grundsatzfragen im Erzbischöflichen Generalvikariat, hat den Ausbildungskurs geleitet. „Wir haben jährlich reichlich Anmeldungen für die freien 22 Ausbildungsplätze, so dass wir sogar eine Warteliste anlegen können“, freut sich der Monsignore über den Zuspruch zum Küsteramt. Und Bedarf sei auch vorhanden. Da es auch immer mal Wechsel gebe oder Menschen aus Altersgründen aufhörten, seien neue Interessenten herzlich willkommen, so Tuszynski.
Nicht nur die Tätigkeit, die haupt-, neben- oder ehrenamtlich ausgeübt wird, bietet viel Abwechslung, schon die Ausbildung beinhaltet vielseitige Themenbereiche. Einmal im Jahr bietet das Erzbistum Paderborn den Ausbildungskurs für Küsterinnen und Küster an. Nach erfolgreicher Prüfung können die Frauen und Männer dann an einem Weiterbildungskurs teilnehmen. Dieser Lehrgang findet einmal jährlich an vier Tagen mit einem nochmals erweiterten Themenangebot statt.
Das Erzbistum Paderborn gliedert sich in 19 Dekanate mit 617 Pfarrgemeinden in 108 Seelsorgeeinheiten (Pastorale Räume/Pastoralverbünde/Gesamtpfarreien).
Rund 4,8 Millionen Menschen leben im Erzbistum Paderborn, davon sind mehr als 1,4 Millionen katholisch. In den Einrichtungen des Erzbistums sind annähernd 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.
Monika Hillebrand macht die Deckenlampen aus, löscht die Kerzen am Altar. Die Messe ist gelesen. Heute war es sehr voll. Einschulungsgottesdienst mit vielen Kindern. Die Liedzettel sammelt sie gleich ein. Brennen auch nicht zu viele Kerzen vor der Mutter Gottes? Die Sonnenblumen im Chorraum brauchen Wasser und statt Weihwasser aufzufüllen, wirft sie nochmal einen Blick auf die Flaschen mit Desinfektionsspray am Eingang. Noch voll. Corona. Freitagabend ist die nächste Messe und dann wieder am Sonntag. Ein rascher Blick in den Tabernakel. Ja, die Hostien reichen noch aus.
Zeitaufwändige Aufgabe
Die 50-jährige Verkäuferin im Lebensmittel-Einzelhandel ist schon seit Jahren Pfarrgemeinderatsvorsitzende und Kommunionhelferin in Alme. Als der langjährige Küster Josef Schütte aus Altersgründen verabschiedet wurde, ging die Suche los: „Ich habe mich bereit erklärt, den Posten zu übernehmen, nachdem ich mit Nicole Wendeler aus Nehden jemanden gefunden habe, mit dem ich mir die Aufgaben teilen kann“, sagt die „diplomierte“ Küsterin, die den Dienst schon zwei Jahre lang ohne Abschluss übernommen hatte.
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„Man wächst da so rein und der Pastor hilft einem ja auch dabei. Aber der Austausch jetzt mit den anderen hat gutgetan. Es gibt auch Fortbildungen, an denen ich gerne teilnehmen möchte.“ Kaum ein Außenstehender macht sich Gedanken darüber, wie viele Aufgaben mit dem Küsterdienst verbunden sind. Wie viel Freizeit geopfert werden muss und dass der Sonntag zumindest stundenweise ein Arbeitstag und Ausschlafen tabu ist. „Mir ist es aber wichtig, dass Kirche funktioniert und dass das Gemeindeleben weitergeht. Während der Messe finde ich Ruhe für mich; mir gibt das etwas“, sagt sie.
Der fünftägige Grundkurs, der mit einer mündlichen Prüfung endet, und der viertägige Aufbaukurs bilden zusammen eine Einheit und müssen vollständig absolviert werden. Am Ende stehen dann schriftliche und praktische Prüfung. Inhaltlich geht es bei der Vorbereitung auf das „Küster-Abitur“ um Themenbereiche wie Glaubenslehre, Liturgie, Bibelkunde, Aufbau der Messfeier, Überblick über die Feste im Kirchenjahr, Informationen zum Glocken-Läuten, Vorträge über Kunstgegenstände, Floristik, Arbeitssicherheit, Arbeitsrecht und manches andere. „Neben der Theorie gibt es aber auch praktische Aspekte. Wie wird das Messgewand ausgelegt, wie das Messbuch aufgeschlagen, denn die Lesung richtet sich ja immer nach einer vorgegebenen Reihenfolge“, erklärt Monika Hillebrand. Wasser und Wein für die Wandlung müssen bereitgestellt werden. Zwar trägt jeder Pastor die Gewänder, die in der Kirche vorhanden sind. Aber jeder hat seine eigene Albe (das ist das weiße Untergewand), die auch von der Küsterin regelmäßig gewaschen wird – so wie das Altartuch oder die weißen Handtücher, die bei jeder Wandlung zum Einsatz kommen. Auch das Putzen der Kirche gehört in Alme zu den Aufgaben der Küsterin.
Praktikum in Bad Wünnenberg
Für den praktischen Teil der Ausbildung war die 50-Jährige in Bad Wünnenberg. Dabei sollten in der Regel fünf unterschiedliche Arten von Gottesdiensten vorbereitet werden. Es geht dann u.a. um Beerdigungen, Hochzeiten oder Taufen. „Man muss sich ja schließlich auskennen mit Taufwasser, Chrisam-Öl, Weihrauch, der Bank für das Brautpaar und allem, was dazugehört.“ Gerne hätte sie in ihrem praktischen Teil mal eine Prozession mitgemacht. Denn das ist für die Küster/innen noch mal eine besondere Herausforderung. Aber coronabedingt fiel die ins Wasser – wie auch ein Großteil der Ausbildung in Präsenzform. „Vieles haben wir leider online machen müssen.“
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Immer zur Stelle sein
Wer den Dienst übernimmt, um reich zu werden, der sollte lieber die Finger davon lassen. „Es gibt eine stundenweise Entlohnung. Bei uns hier in Alme fallen etwa 25 bis 30 Stunden im Monat an“, sagt Monika Hillebrand. Aber dafür ist die Küsterin auch immer zur Stelle. Morgens und abends muss die Kirche auf- und wieder verschlossen werden. Bei Sterbefällen wird drei Tage nacheinander für fünf Minuten das Totengeläut angestimmt. Wenn Beerdigungen sind, muss der Küster auch wochentags da sein - und, und, und. „Es reizt mich schon, mit anzupacken. Und weil wir uns die Stelle teilen, hat man ja auch schon etwas mehr Freiraum“, sagt die Almerin.
Küster bzw. Küsterin zu sein, heißt auch, den Menschen in freudigen und traurigen Situationen zu begegnen. Seelsorger ist und bleibt natürlich der Pfarrer. Aber manchmal sind es die kleinen, menschlichen Begegnungen am Rande, bei denen der Küster nicht nur „Wächter“ wie das Wort übersetzt hießt, ist, sondern auch wachsamer Christ.