Hallenberg. Viel weniger Zuschauerplätze, aber endlich wieder Theater. Vieles ist anders. An der Freilichtbühne Hallenberg spielt Hygiene eine Hauptrolle.
Menschen strömen von zwei Seiten zum Kassenhäuschen. Grüppchen bilden sich vor dem Eingangsportal. Wenn die Fanfare erklingt, strömen die Besucher in Scharen in den Zuschauerraum. Man trifft Freunde, Bekannte, umarmt sich. Und kurz vor der Pause breitet sich der Duft von Waffeln und Würstchen aus. Das ist die Atmosphäre auf der Freilichtbühne Hallenberg. Doch coronabedingt ist diesmal alles anders. Am Samstag um 15.30 Uhr feiert „Der gestiefelte Kater“ Premiere.
Ungewohnt: Sich bewusst aus dem Weg gehen
„Der Vorstand hat eigens eine Hygienebeauftragte benannt. Das ist Manuela Senger. Sie hat in Absprache mit der Stadt Hallenberg die Regeln für Proben, Auftritte und Lenkung der Besucher aufgestellt“, sagt Bühnensprecher Georg Glade. Vor jeder Probe haben sich die Akteure in den vergangenen Wochen testen lassen und in Listen eingetragen. Die Lieder wurden draußen mit großen räumlichen Abständen eingeübt. Bei den Kostümproben innen galt Maskenpflicht. Inzwischen wurde am oberen Parkplatz der Bühne ein mobiles Testzentrum aufgebaut, das Vereinsmitglieder, aber auch jeder andere nutzen kann. Eine Test-Pflicht vor dem Theaterbesuch besteht für die Besucher allerdings nicht. Sie müssen auch keinen Nachweis über Impfung oder Genesung vorlegen. Die maximal 30 Spieler, die je Inszenierung auf der Bühne stehen, sowie die Ordner, Techniker und Helfer aller drei Stücke gehen sich bewusst aus dem Weg. Dem Virus soll keine Angriffsmöglichkeit gegeben werden.
Schon beim Kartenvorverkauf ist der Ablauf anders als sonst. „Einen festen Platz buchen kann man nicht. Wir müssen darauf achten, dass zwischen den Besuchern ein Mindestabstand von 1,50 Meter eingehalten wird. Familien dürfen natürlich zusammensitzen“, sagt Georg Glade. Wer online bucht, dessen Daten werden automatisch erfasst. Generell gilt: Jeder Besucher muss seine personenbezogenen Daten angeben – also Name, Adresse, Telefon oder Mail sowie die Zeiten der An- und Abreise. Im Zuge der besonderen Rückverfolgbarkeit muss die Bühne den Sitzplan der jeweiligen Aufführung dokumentieren und aufbewahren“, erklärt Manuela Senger. Die Obergrenze der Zuschauer liegt um die 500. Das ist ein knappes Drittel des sonst üblichen Fassungsvermögens. „Wir behalten da bewusst etwas Spielraum – je nachdem, wie sich die Inzidenz entwickelt.“ Auch das Konzept muss gegebenenfalls immer wieder der neuen Corona-Situation angepasst werden.
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Viel mehr Helfer als sonst nötig
In dieser Spielzeit werden vermutlich mehr Vereinsmitglieder hinter den Kulissen als auf der Bühne tätig sein. Das geht schon mit dem Einbahn-System los. Während man nach wie vor von oben und unten zum Kassenhäuschen laufen kann, dürfen sich die Besucher nur von einer Seite an der Kasse anstellen. Alle Wartebereiche sind abgeteilt und mit Bodenmarkierungen gekennzeichnet, die Laufrichtung ist vorgegeben. Ordner weisen den Besuchern den Weg vom Parkplatz zur Kasse. Vom Auto bis zum Sitzplatz gilt Maskenpflicht. Im Ticket-Schalter sitzen nur noch zwei, statt drei Bühnenmitglieder hinter Plexiglas. Die Zahl der Ordner, die auch als solche erkennbar sind, wurde aufgestockt. „Wichtig ist, dass die Leute die ihnen zugeteilten Plätze einnehmen und nicht doch noch auf einen anderen, vermeintlich freien Platz umswitchen. Das ist diesmal nicht möglich. Auch am Ende bitten wir via Durchsage darum, den Zuschauerraum blockweise zu räumen“, betont Glade.
Pause oder nicht? Die Frage wurde auf der Bühne lange diskutiert. Aber ohne Pause würde gerade bei Kindern die Konzentration schnell nachlassen. Also wird pausiert. Kaffeetrinken oder in großer Runde im Heimstudio speisen – das ist leider auch nicht möglich. „Unser neuer Caterer Julian Dielenhein hat einige gute Ideen für drei Außenverkaufsstellen, die wir einrichten werden und an denen es abgepackte Snacks geben wird.“, erklärt Glade. Auch dort wird peinlich darauf geachtet, dass kein Begegnungsverkehr zwischen den Zuschauern stattfindet. Das gilt auch für die Toiletten. Die im Heimstudio bleiben geschlossen. Zu eng. Begegnungsverkehr. Auch auf den Wegen und vor den Toiletten gibt es gekennzeichnete Wartebereiche und es gilt Maskenpflicht.
Keine Autogrammstunde für Kinder
Vor allem im Kinderstück waren die Darsteller am Schluss immer von Kindern mit Autogrammwünschen umringt. In der Pause huschten auch schon mal Bekannte oder Freunde hinter die Bühne, um „Hallo!“ zu sagen oder „Toi, toi, toi!“ zu wünschen. Auch das wird es diesmal nicht geben. „Niemand, der nicht zum Ensemble gehört, darf hinter die Bühne. Selbst Charley’s Tante darf nicht zum Gestiefelten Kater oder umgekehrt. Auch hinter die Bühne dürfen immer nur die Helfer des jeweiligen Vorstellungstages: Maske, Ordner oder Technik – und die sind alle getestet“, sagt Manuela Senger.
Erstmals drei Inszenierungen pro Saison
„Der gestiefelte Kater“ eröffnet an diesem Samstag um 15.30 Uhr die Spielzeit auf der Freilichtbühne Hallenberg. Es ist eine besondere Saison, denn die Bühne wird 75 Jahre alt. Es ist aber auch in anderer Hinsicht eine außergewöhnliche Theater-Zeit. Denn nach der Komplett-Absage 2020 ist die Bühne froh, dass überhaupt ein Spielbetrieb möglich ist. Der wird anders als sonst sein. Es gibt drei Stücke, und alle drei Inszenierungen gehen nacheinander über die Bühne: 3. bis 18. Juli „Der gestiefelte Kater“, 24. Juli bis 15. August „Charleys Tante“ und 20. August bis 5. September „Die Drei von der Tankstelle). Weitere Informationen und Karten für alle Stücke unter www.freilichtbuehne-hallenberg.de
Die Spieler müssen sich an zahlreiche Regeln halten. Auf den Sitzbänken hinter der Bühne sind Abstandshalter aufgeklebt. Mehr als sechs Personen dürfen nicht in die Umkleide, maximal sieben in die Kantine und wer wann in die Maske zum Schminken darf, das wird vorher genau festgelegt. Uta Paffe, die dort das Sagen hat, ist froh, dass eigens eine neue Waschmaschine angeschafft wurde. Denn für jeden Spieler/jede Spielerin gibt es ein Schwämmchen, mit dem die Schminke aufgetragen wird und jedes Schwämmchen kommt hinter in den Waschgang.
Eine Waschmaschine für die Schmink-Schwämmchen
In Sachen Technik hat die Bühne so aufgesattelt, dass jeder Spieler sein eigenes Mikrofon bekommt, das während der Vorführung auch nicht noch mal getauscht wird. Es gibt keine Premierenfeier auf der Bühne, es gibt keine Ehrengäste, die die Spielzeit eröffnen. Für Oktober ist an eine Feierstunde zum 75-jährigen Bestehen des Theaters gedacht. Wie die genau aussehen wird, das muss sich zeigen und hängt von der Corona-Entwicklung ab.
In jedem Fall ist die Bühne aber froh, endlich wieder spielen zu können. Drei Stücke pro Saison – das hat es noch nie gegeben. Und mit dem Märchenstück in neuem Gewand, der herrlichen Komödie mit Mann in Frauenkleidung oder dem musikalischen Stück um die „Drei von der Tankstelle“ hat sich die Bühne trotz Pandemie breit aufgestellt. Mögen die Spiele beginnen…
Übrigens: Auch für die Premiere am Samstag gibt es noch Karten: www.freilichtbuehne-hallenberg.de