Brilon/Sé. Tobias Schindler zieht der Liebe wegen von Scharfenberg nach Ungarn. Weil ihm das Bier dort nicht schmeckt, fängt er an, sein eigenes zu brauen.
Es ist immer schön, auch mal was neues auszuprobieren. Manchmal aber, schmeckt einem das nicht. Dann muss man auf Altbewährtes zurückgreifen. Oder selbst kreativ werden. Tobias Schindler hat das gemacht. Weil er das Bier in seiner neuen Heimat in Ungarn nicht mochte, hat der Exil-Briloner einfach angefangen, sein eigenes Bier zu brauen. Irgendwann würde er damit auch gerne mal nebenberuflich sein Geld verdienen.
Seit 25 Jahren wohnt Tobias Schindler nun in der Nähe der ungarischen Stadt Szombathely. „Das Dörchen Sé wo ich wohne ist ein wenig wie mein Heimatdorf Scharfenberg“, sagt der 53-Jährige. Der Liebe wegen zieht es den Scharfenberger 1996 nach Ungarn, eine, wie er findet, „klassische Urlaubsliebe“ lässt er seitdem nicht mehr aus den Augen. Bei einer Reise an den Balaton lernt er die Frau kennen, die ihn zu einem Umzug an die ungarisch-österreichische Grenze bewegt und mit der er zwei Söhne und eine Tochter hat.
Heimisches Bier immer im Kofferraum
Tobias Schindler fühlt sich sehr wohl in seiner neuen Heimat. Eines aber fehlt ihm, seitdem er in Ungarn heimisch geworden ist immer: Das gute Bier aus dem Sauerland. Immer wenn er seine Mutter oder alte Freunde in Brilon besucht, packt er sich eine Kiste ins Auto und nimmt sie mit auf die knapp 1000 Kilometer lange Heimreise. Als die Corona-Pandemie auf den Plan tritt, ist das aber lange nicht möglich.
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Nur gut, dass Tobias Schindler bereits 2019 mit dem Bierbrauen begonnen hatte. „Ungarn ist ein Weinland. Es gibt hier kein vernünftiges Bier“, sagt er. Im Internet bestellt er sich alles was es braucht, um selbst Bier herzustellen. Schindler liest ein Buch über die Kunst des Brauens, eignet sich das notwendige Wissen selbst an und spricht immer wieder mit Freunden aus der Heimat. Freunde wie Franz Mast. Der ist Braumeister im Willinger Brauhaus, Schindler erhält entsprechende Tipps also direkt vom Profi.
Immer streng nach Reinheitsgebot
Langsam aber sicher wird aus dem Experiment eine Leidenschaft. Mit jedem Mal schmeckt das Bier besser, teilweise sind es nur geringe Veränderungen die seine Eigenmarke „Schindel Bräu“ anders schmecken lässt. Die Zutaten dafür bezieht Schindler inzwischen aus Deutschland. „Was ich brauche, bekomme ich hier nicht.“ Mal eine andere Hopfensorte, mal eine andere Mischung der Zutaten – aber immer streng nach dem deutschen Reinheitsgebot.
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Bis jetzt braut Schindler immer in einem 20 Liter-Kessel, in absehbarer Zukunft aber will er sich einen größeren Braukessel zulegen. „Inzwischen wollen die Freunde und Nachbarn auch immer wieder ein Fläschen haben. Da bleibt immer weniger für mich“, sagt Tobias Schindler. Finanziell rentiere sich das Brauen für ihn noch lange nicht, das sei aber auch nie der Ansporn gewesen. „Bisher war das eigentlich immer nur für den Eigengebrauch gedacht“, sagt er.
Bald mehr als nur ein Hobby?
In Zukunft aber kann er sich aber vorstellen, größere Mengen zu produzieren. Inzwischen denkt er sogar darüber nach, neben seinem Beruf als selbstständiger Verkäufer für Maschinen für textile Zuschnitte auch eine Ausbildung zum Bierbrauer zu machen. Wie diese genau aussieht, ist aber noch offen. Um sein Bier in Ungarn verkaufen zu können, braucht er eine Lizenz. „Wortwörtlich übersetzt heißt die Ausbildung hier Bierhersteller“, sagt er. Ein Wochenendkurs wäre dafür notwendig.
In Deutschland hingegen wird es die Braukünste von Tobias Schindler in absehbarer Zeit nicht im Supermarkt geben. Die ein oder andere Flasche dürfte er aber bei seiner nächsten Reise ins Hochsauerland sicher wieder dabei haben. Eine Kiste des heimischen Gerstensaftes wird Schindler auf der Rückreise aber auch dabei haben.