Hochsauerlandkreis. Der sinkende Inzidenzwert im HSK sorgt für neue Lockerungen. Einige davon sorgen bei den Gastronomen aber für großes Unverständnis.
Franco Fullone setzt das Maßband an einer Stuhlkante an und macht zwei Schritte zurück. Nach 1,50 Meter legt er das Maßband wieder an einen Stuhl an. Der Tisch, über den das Maßband verläuft, muss verschwinden. So wie 50 Prozent der Sitzplätze in seinem Restaurant in Brilon. Wieso das sein muss, versteht er nicht – ähnlich wie viele Gastronomen im Hochsauerlandkreis hinterfragt Fullone den Mindestabstand für Gäste, die ohne getestet, genesen oder geimpft sind.
Mindestens 1,50 Meter müssen laut der aktuellen Corona-Schutzverordnung zwischen den Tischen im Innenraum der Gastronomie liegen. Bis vor wenigen Tagen waren sogar zwei Meter zwischen den jeweiligen Tischen vorgeschrieben – entsprechend größer wäre der Wegfall an Plätzen in den Restaurants gewesen.
Kein Risiko, trotzdem verschärfte Regeln
Dabei geht von den Gästen, die derzeit Restaurants oder Kneipen besuchen können, ein geringes Ansteckungsrisiko aus. Nur wer einen negativen Corona-Test, einen Immunitätsnachweis oder die vollständige Corona-Schutzimpfung vorweisen kann, darf rein. „Ich verstehe nicht, warum die Gäste dann noch soviel Abstand halten müssen. Das ist doch widersprüchlich“, sagt Patricia Fullone.
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Ähnlich sieht das auch Eike von Rüden vom Deutschen Haus in Marsberg. In ihrem Restaurantbereich fehlen aufgrund der landesweiten Verordnung rund die Hälfte der Sitzplätze. „Wir freuen uns, dass wir überhaupt öffnen dürfen. Manches aber ist schwierig zu verstehen“, sagt von Rüden. Als Beispiel führt sie einen Stammtisch auf, den sie unter Berücksichtigung der geltenden Schutzverordnung nicht zusammen sitzen lassen darf. „Wenn da vier Männer aus vier Haushalten sitzen, ist das verboten“, sagt sie. Und das obwohl von den Gästen nachweislich kein Risiko ausgeht.
Immer wieder Diskussionen
Sie wappnet sich tagtäglich für neue Diskussionen mit den Gästen. „Die meisten zeigen Verständnis dafür, dass wir auf die Einhaltung der Regeln gelten“, sagt sie. Und dennoch muss sie unter Betrachtung der aktuellen Inzidenzwerte Gäste wenn nötig auseinandersetzen, wenn diese beispielsweise aus drei Haushalten kommen und zusammen an einem Tisch sitzen. „Die Abstandsregel ist nachvollziehbar. Aber die Regel mit den Hausständen müsste fallen“, so von Rüden.
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Denn viele Gäste schreckt das derzeit noch von einem Besuch in einem Restaurant oder einer Kneipe ab. „Es geht ja vor allem um Geselligkeit“, sagt Patricia Fullone. Wenn diese aufgrund der geltenden Corona-Regeln nicht möglich ist, lohnt für viele der Besuch auch nicht. Bleiben die Gäste trotz geöffneter Türen fern, lohne eine Öffnung finanziell nicht.
Eine unrentable Öffnung
„Da könnte ich auch geschlossen halten“, sagt Franco Fullone. So wie in den vorherigen Monaten, als der Staat, wenn auch mit etwas Verzögerung, die Fixkosten für den Betrieb des Restaurants übernahmen und das „to-go-Geschäft“ ansprechend lief. Die fixen Kosten wie Miete oder Strom muss er nach Ende der staatlichen Hilfen im Juni nun aber wieder selbst tragen. „Wir sind dankbar, dass der Staat unsere Fixkosten bezahlt hat. Aber das hat ja jetzt ein Ende“, sagt er.
Das Umsatz-Soll, das er an einem Tag an Umsatz generieren muss damit sich der Betrieb lohne, erreiche er laut eigener Aussage unter den aktuell geltenden Voraussetzungen nicht. „Das ist derzeit weniger als die Hälfte von dem, was ich einnehmen muss“, klagt der Restaurantbetreiber. Gewinne dürften unter den aktuellen Voraussetzungen nur die wenigsten Gastronomen machen. Wenn es nach Patricia Fullone geht, ist das aber noch nicht einmal maßgeblich in ihrem Job. „Ich würde mich freuen, wenn die Menschen wieder unbeschwerter zu uns kommen könnten.“