Winterberg/Brilon/Hochsauerlandkreis. Hotels und Außengastronomie dürfen bei stabiler Inzidenz unter 100 im HSK öffnen. Kommt der Sommer mit mehr Leichtigkeit? So sind die Erwartungen
NRW macht auf – jedenfalls, wenn die Corona-Inzidenz stabil unter 100 beziehungsweise unter 50 sinkt. Es gibt Lockerungsankündigungen ab dem 15. Maifür Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel Freizeit, Sport oder Kultur und Freibäder. Bei einer7-Tage-Inzidenz zwischen 100 und 50 mit negativem Testergebnis oder Impfung oder Genesungsnachweis darf demnach unter anderem die Außengastronomie geöffnet werden. Hotels und Campingplätze können wieder öffnen. Sie dürfen aber nur 60 Prozent der Gesamtkapazität belegen. Shoppen ohne Terminvergabe ist ebenfalls erlaubt. Bei einer Inzidenz unter 50 fällt unter anderem die Kapazitätsbegrenzung für Hotels und andere touristische Einrichtungen, Restaurants und Cafés dürfen auch ihren Innenbereich öffnen. Voraussetzung sind Abstandsregeln sowie ein negatives Testergebnis für Gäste und Mitarbeiter. Shoppen ohne Termin ist möglich, allerdings wird die Anzahl auf zehn Kunden pro Quadratmeter begrenzt. Die Stimmung in der Hotelbranche, in der Gastronomie und bei Touristikern imHochsauerlandkreis schwankt nach den Ankündigungen zwischen vorsichtigem Optimismus und Euphorie.
Die Zuversicht
Bürgermeister Michael Beckmann ist nicht so schnell zu beeindrucken. Aber als er am Mittag die Pressekonferenz mit den Ministern Laumann und Pinkwart live verfolgte „hatte ich Tränen in den Augen“. Das sei endlich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Ich freue mich für die Menschen in unserer Stadt. Das ist eine Perspektive, auf die wir seit November so sehnlich gewartet haben“, sagte Beckmann. Er gehe davon aus, dass das Infektionsgeschehen in der kommenden Woche das nötige Niveau erreiche, um die in Aussicht gestellten Lockerungen in Angriff zu nehmen und um Gastronomie, Beherbergung und Einkauf wieder möglich zu machen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in einen ähnlichen Sommer wie letztes Jahr rauschen. Aber diesmal werden wir besser aufgestellt sein und die Besucherströme vernünftig lenken.“ Mit großem Interesse habe man in Winterberg Lockerungen zum Beispiel in Nordfriesland verfolgt. „Da war uns klar, dass es auch bei uns bald losgehen würde. Wir werden alles daran setzen, um mit den neuen Möglichkeiten, die ein filigranes Konstrukt sind, verantwortungsbewusst umzugehen und wir werden uns um eine hohe Akzeptanz bei Bürgern und touristischen Betrieben bemühen.“ Auch wenn die Modellregion nicht zum Tragen komme, seien die Vorarbeiten nicht umsonst gewesen. „Diese Erfahrungen können wir jetzt umsetzen. Eine mögliche Öffnung von 60 Prozent des Bettenkontingents wäre mehr, als wir als Modell-Region gewagt hätten.“
Die Hoffnung
„Wir haben unsere ganze Hoffnung in diese Information gesetzt und jetzt ist sie da. Ich stehe entschieden dahinter. Es ist genau das Richtige“, sagt Winfried Borgmann, Tourismusmanager von Winterberg. Er glaubt zwar, dass der Feiertag an Christi Himmelfahrt eventuell ein kleiner Bremsklotz für die sinkende 7-Tage-Inzidenz sein kann, aber dennoch zählt er die Tage bis die ersten Betriebe wieder öffnen können. „Ich denke, das Interesse der Urlauber ist da und zum Teil gibt es auch Buchungen für Pfingsten. Dieses Urlaubsgefühl wird uns dann sicher auch persönlich erreichen“, so Borgmann weiter. Er hörte in der Tourismusbranche zuletzt vor allem eine Frage: Wann geht es endlich los? Jetzt gibt es zumindest einen groben Zeitplan und der Tourismusmanager wartet nur noch auf die Corona-Schutzverordnung, um die Rahmenbedingungen auch schriftlich vorliegen zu haben.
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Die Psyche
Als „gut für die Moral und die Psyche“ bezeichnet Florian Gartner die Nachricht. Eigentlich hatte sich der Inhaber des Hotels Rech in Brilon auf eine Wiederaufnahme des regulären Betriebs frühestens im Juni eingerichtet. Dass dies bei entsprechenden Rahmenbedingungen schon früher möglich ist, findet er „großartig“. Seit Beginn der Pandemie und den Lockdowns im März vergangenen Jahres hat das 27 Zimmer-Haus am Derker Tor mit seinen 60 Betten lediglich drei Monate normal laufen können. Dank der in Brilon zahlreichen Business-Gäste sei sein Betrieb jedoch „mit einem blauen Auge davongekommen“. Die Umsatzausfälle hätte seine Investitionsplanung „um zwei bis drei Jahre zurück geworfen“. Jetzt blickt er nach vorne und freut sich auf die touristischen Gäste, allerdings: „Das Buchungsbuch ist noch leer.“
Der Realismus
Anders sieht es bei Jörg Templin aus. Er ist Geschäftsführer des Romantik-Berghotels Astenkrone. Er führt das 4-Sterne-Hotel in Altastenberg gemeinsam mit seiner Frau Melanie. Über Pfingsten und auch Fronleichnam zeigen potenzielle Gäste ihr Interesse an einem Aufenthalt im Hotel an. Viele schauen aber auch auf der Webseite nach, informieren sich und buchen dann doch nicht. „Ich habe hier Buchungen von Kunden, die bereits fünf Mal versucht haben, uns zu besuchen, aber es klappte nie“, sagt Jörg Templin. Er bezeichnet sich gerne als Optimisten, möchte aber in dieser Angelegenheit auch gerne realistisch sein. Eine zeitnahe Öffnung wäre schön, allerdings rechnet er noch nicht bis zum Pfingstwochenende damit. „Vielleicht am Wochenende danach. Aber lohnt sich das auch, wenn noch nicht alles vorbereitet ist? Lebensmittel fehlen zum Beispiel, schließlich haben wir Getränke wegkippen müssen. Wichtig ist, dass wir alle vernünftig öffnen und nicht überstürzt.“ Er stellt aber auch in Frage, ob die Teststellen für den erhöhten Aufwand ausgestattet sind oder ob eine Stelle im Hotel eröffnet werden muss, um dem Andrang gerecht werden zu können.
Die Zweifel
Andreas Piorek. Inhaber des Jägerhofs in Brilon, ist hingegen zwiegespalten. Er freut sich, dass endlich eine Tendenz zu erkennen ist, aber er sieht ebenso, dass die 7-Tage-Inzidenz noch nicht unter 100 ist. „Noch profitieren wir nicht, aber dennoch fände ich es super, wenn wir öffnen können. Es wäre einen Versuch wert, aber wir müssen abwarten, inwiefern das ein Knaller wird“, sagt Piorek. Zwar kann er im Bereich der Außengastronomie Platz für 80 bis 90 Gäste schaffen, aber wie viele kommen dann tatsächlich? „30 Gäste sind noch nicht viele. Es ist auch schwer abzuschätzen, wie die Gäste das finden. Holen sie einen negativen Test, um dann ein Bier trinken zu gehen? Da müssen wir uns erstmal mühsam herantasten.“ Er ist auch unsicher, wie die Kontrollen funktionieren sollen und inwiefern das derzeit nicht einladende Wetter eine Rolle spielt. Mit Sonnenschirmen kann er nicht jeden Gast trocken halten. Aber das größte Problem sieht er woanders: „Ich hole die Angestellten dann aus der Kurzarbeit, zahle die vollen Gehälter, hole mehr Waren und bin direkt wieder mitten im vollen Risiko. Ich bin freudig gestimmt über die Nachricht, aber es ist alles noch sehr wackelig.“
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Die Sehnsucht
Die Lockerungen sehnt auch Florian Hoffmann, Leiter der Jugendherberge Brilon, herbei. 20 Familien hatten das lange Christi-Himmelfahrts-Wochenende auf dem Hölsterloh verbringen wollen. Diese Kurzurlaube mussten ebenso ins Wasser fallen wie so manche Klassenfahrt. Das rundum renovierte Haus mit seinen 175 Betten ist eine gefragte Location. Sogar für 2023 lägen die ersten Reservierungen vor, sagt Hoffmann. Immer wenn in den Medien von Lockerungen die Rede sei, kämen die „schubweise“ rein. Für Klassenfahrten sehen die Corona-Regelungen die Bildung von Zehner-Kohorten vor, dass also immer die gleichen Schülergruppen bei Unternehmungen oder den Mahlzeiten zusammen sind. Und auch in Zimmern dürfen nur Gäste aus einer Kohorte zusammen sein.
Die spannende Frage
Für Rüdiger Strenger, Chef der Brilon Olsberg Touristik, ist die spannende Frage: „Schaffen wir die Fünf-Tage-Inzidenz bis Pfingsten?“ Das zweite von den drei langen Frühlings-Kurzurlaubs-Wochenenden steht ja unmittelbar bevor: „Das sind jetzt ganz wichtige Wochen.“ Auch Strenger sagt, dass nach jeder Nachricht über Lockerungen die Anfragen „hoch knallen“. Der Touristiker weiß aber auch, dass die Betriebe nach dem langen Lockdown einen gewissen organisatorischen Vorlauf brauchen. Eine für ihn „spannende Frage“ ist, wie die für die Branche so wichtigen Corona-Tests für die Besucher abgewickelt werden. Allein Brilon verfügt über rund 2500 Gästebetten.