Winterberg. Das Projekt Modellregion des Landes liegt in Winterberg auf Eis. Kann es noch einen Anlauf geben oder gibt es einen anderen Weg für Lockerungen?

Um weniger Menschen in einem Raum zu versammeln, delegiert der Rat Winterberg weiterhin seine Themen an den Haupt- und Finanzausschuss. Am Donnerstag (29.4.) tagte dieser wieder in der Stadthalle – diesmal mit stündlicher Lüftungspause. Und auch thematisch nahm Corona breiten Raum ein. Viel Arbeit haben die als Modellkommunen ausgewählten Städte im HSK (Winterberg, Medebach, Hallenberg und Schmallenberg) in die Vorbereitung testweiser Öffnungsschritte gesteckt. Zum geplanten Start am vergangenen Montag war es aber nicht gekommen, weil der HSK weit jenseits der dafür vorgeschriebenen Sieben-Tages-Inzidenz von unter 100 liegt.

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Das Projekt werde nicht aufgegeben, sagte Bürgermeister Michael Beckmann. Aber zwei Überlegungen machen unwahrscheinlich, dass es im geplanten Rahmen noch umgesetzt werden kann. Denn einerseits werde es länger als ein paar Tage dauern, bis die Inzidenzwerte entsprechend sinken. Andererseits mehrten sich deutschlandweit die Stimmen, die von einem allgemeinen Neustart mit deutlichen Lockerungen Anfang Juli zum Ferienbeginn ausgingen. Dadurch könnte das Projekt obsolet werden.

Konzept erneut nachgeschärft

Hinzu kommt, dass die Rückmeldungen aus dem Wirtschaftsministerium sich offenbar zuletzt nicht mit den Winterberger Vorstellungen gedeckt hatten, weil sie deutlich weniger als die erhofften Öffnungsschritte beinhalteten. „Wenn das Wirtschaftsministerium die Vorstellung hat, eine Modellregion bedeute, dass in Winterberg eine Sommerrodelbahn öffnet, in Hallenberg die Freilichtbühne und in Schmallenberg ein Hotel, dann haben wir ganz klar zum Ausdruck gebracht: Das ist nicht, was wir wollen“, hatte Beckmann in der Sitzung gesagt.

Am Freitag, nach weiteren Telefonaten aller Beteiligten, klangen die Töne aus dem Winterberger Rathaus wieder optimistischer: Laut Auskunft von Pressesprecherin Rabea Kappen habe die Region noch einmal ihr Konzept nachgeschärft „und man hat sich angenähert. Wir hoffen, dass eine Lösung gefunden wird, mit der alle leben können.“ Das Problem der zu hohen Inzidenzwerte löst dies freilich nicht.

„Es ist nicht viel zum Ausgeben da“

Mehrheitlich abgelehnt wurde in der Sitzung der Vorschlag der FWG, Ordnungsgelder aus Corona-Regelverstößen für ein Ferienprogramm für Kinder zu verwenden. Grundsätzlich fanden alle Fraktionen die Idee lobenswert. Verschiedene Gründe sprächen aber dagegen, so Bürgermeister Beckmann. So stünden den Einnahmen von rund 6000 Euro coronabedingte Mehrausgaben von rund 70.000 Euro, u.a. für Security, Überstunden und Material entgegen. Zudem gebe es Einnahmenverluste durch den zeitweisen Verzicht zum Beispiel auf OGS-Elternbeiträge. Fazit: „Es ist nicht viel zum Ausgeben da.“ Als Alternative habe man mit den Schulen besprochen, ob diese Interesse hätten, ein Ferienangebot über das NRW-Förderprogramm „Extra-Zeit zum Lernen“ beantragen zu lassen. Dies hätten die Schulen aber mit Verweis auf fehlende Fachkräfte und Räume abgelehnt. Aus Sicht der Stadt gebühre daher den Kinder- und Jugendangeboten in den Vereinen der Vorrang, sobald diese wieder möglich seien.

Beckmann kündigte an, scharf auf andere Städte und Regionen zu schauen. Sinngemäß kündigte er an, umgehend bei den zuständigen Politikern und Ämtern auf der Matte zu stehen, sollte etwa irgendwo irgendeine Funsportanlage öffnen dürfen, die dort als Sport- und in Winterberg als Freizeitbetrieb eingestuft werde. Eine Ungleichbehandlung, an der sich auch Torben Firley (SPD) störte. Er wies darauf hin, dass der Bikepark in Willingen geöffnet ist, „sogar die Kabinenbahn“. Die immer noch fehlenden Perspektiven für die Winterberger Wirtschaft machten auch Timo Bundkirchen (CDU) zu schaffen. „Aber wir haben alles versucht.“

Gutschein-Unterstützung für betroffene Händler

Selbst wenn es mit dem Modellprojekt nichts werden sollte, meinte Beckmann, seien die umfangreichen Vorbereitungen nicht umsonst gewesen. „Das wird uns beim Neustart erheblich helfen.“ Gedanken, wie es danach weitergehen soll, gibt es ebenfalls:

Es werde ein Innenstadtkonzept aufgelegt, kündigte der Bürgermeister an. Mit Marketing und anderen Instrumenten wolle man alles daransetzen, die Läden im Zentrum wieder zu beleben – dafür werde man auch die Regeln zur Sondernutzung von Parkbuchten und für Verkaufs- und Gastronomieflächen vor den Unternehmen großzügig auslegen.

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Torben Firley regte an, auf dafür fällige Sondernutzungsgebühren 2021 und eventuell auch 2022 zu verzichten. Jedes Mittel müsse recht sein, um den Handel anzukurbeln. „Es wird Vorschläge geben“, versprach Beckmann. Zudem habe die Stadt einen Antrag gestellt, mögliche Laden-Leerstände in der Kernstadt, Züschen, Niedersfeld und Siedlinghausen mit Fördermitteln anmieten zu können, um sie günstig an Neugründungen und Start-ups weiterzuvermieten.

Ankurbeln will man die Kauflust auch mit erweiterten Winterberg-Gutscheinen: Bürger sollen diese demnächst im Wert von 25 Euro für 20 Euro kaufen können. Einzulösen wären sie später ausschließlich in Betrieben, die von den Schließungen betroffen waren. Die jeweils fünf Euro Zuschuss sollen aus einem Topf kommen, in dem Einnahmen von nicht eingelösten Gutscheinen verwahrt werden.