Siedlinghausen/Brunskappel. Im Frühjahr gehen Kröten huckepack auf Wanderschaft - damit sie dabei nicht unter die Räder geraten, sind in Siedlinghausen Helfer im Einsatz.

Auf „gefährliche Liebschaften“ lassen sich Kröten im Frühjahr ein. Auf dem Weg zu ihrem Laichgewässer sind die Weibchen huckepack mit den Männchen unterwegs. Lebensgefährlich wird dieser Weg für die Amphibien, wenn sie eine Straße überqueren müssen, wie zum Beispiel auf der Strecke zwischen Brunskappel und Siedlinghausen. Doch zum Glück gibt es hier zwei Helfer, die den Tieren über die Straße helfen.

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Schutzzäune entlang der Straße

Yvonne Dollberg nimmt ein Huckepack-Pärchen auf die Hand und hält es in die Kamera. Die beiden Tiere sind in einem der Eimer gelandet, die hinter den Schutzzäunen entlang der Straße platziert sind. Gemeinsam mit Uwe Kemper kümmert sie sich schon seit einigen Jahren darum, dass die Kröten in diesem Bereich nicht überfahren werden, wenn sie auf Wanderschaft gehen. Zwei Mal pro Tag sind die beiden Helfer dann unterwegs und haben, wenn’s richtig losgeht, im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun.

Yvonne Dollberg engagiert sich auf der Strecke zwischen Brunskappel und Siedlinghausen als Krötenhelferin.
Yvonne Dollberg engagiert sich auf der Strecke zwischen Brunskappel und Siedlinghausen als Krötenhelferin. © Jutta Klute | Jutta Klute

Früher manchmal Hunderte tote Tiere

Ziel der Tiere ist der Stausee an der Landstraße 742. Dort werden die Eier abgelegt. Die zuständige Regionalniederlassung von Straßen.NRW hat hier zum Schutz der Amphibien auf beiden Straßenseiten grüne Schutz-Zäune installiert. Uwe Kemper erinnert sich noch gut, wie viele tote Tiere hier auf der Straße lagen, als noch kein Zaun die Tiere am Überqueren der Fahrbahn hinderte: „Das war ganz schrecklich. Früher lagen hier manchmal Hunderte überfahrene Tiere.“

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Deshalb beschloss der Niedersfelder vor einigen Jahren, aktiv zu werden und sich als Amphibien-Helfer zu engagieren. Er weiß: Besonders gefährlich sind für die Amphibien vor allem die oft recht kühlen Frühlingsnächte: Weil die Kröten wechselwarme Tiere sind, passen sie sich mit ihrer Körpertemperatur an die Umgebung an. Und wenn sie dann gerade auf der Straße unterwegs sind, können sie sich kaum oder nur sehr langsam fortbewegen.

Amphibien-Wanderung: Vorsichtig fahren!

Die Untere Naturschutzbehörde des Hochsauerlandkreises bittet alle Verkehrsteilnehmer, in den Bereichen, in denen „Krötenwanderungen“ stattfinden, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und die Geschwindigkeit deutlich herabzusetzen. Eine vorsichtige Fahrweise schützt nicht nur die Tiere, sondern auch die freiwilligen Helfer, die den Kröten beim Überqueren der Straße helfen.

Im Altkreis Brilon ist zum Beispiel auch auf folgenden Straßen Vorsicht geboten: L 549 Giershagen-Leitmar, K 66 Canstein-Udorf, K 47 Bruchhausen an den Steinen und in Brilon-Gudenhagen.

Die Untere Naturschutzbehörde macht darauf aufmerksam, dass durch die Zerstörung ihrer Lebensräume und die enorme Verkehrsdichte die Amphibienbestände bedrohlich geschrumpft sind. Seit vielen Jahren stehen Amphibien deshalb unter besonderem gesetzlichen Schutz.

Partnervermittlung

Yvonne Dollberg und Uwe Kemper sind Lehrer-Kollegen. „Wir sind beide sehr Naturverbunden und der Artenschutz liegt uns sehr am Herzen“, erzählt die Siedlinghauserin. Man merkt ihr an, mit wie viel Spaß sie bei der Sache ist. Schmunzelnd verrät sie: „Manchmal betätige ich mich auch als Partnervermittlerin.“ Wie das? Sie erzählt, dass manch ein Weibchen, nicht nur ein Männchen auf dem Rücken trägt - eine sehr schwere Last. Da das im Wasser tödlich enden könne, bringe sie dann den Kröten-Mann auch schonmal mit einer anderen Krötenfrau zusammen. Und manchmal betätigen sich die Helfer auch im Bereich der Wehranlage als Lebensretter. Immer mal wieder komme es vor, dass die Tiere hier in den Wasser-Strudel geraten und zu ertrinken drohen, erzählt Yvonne Dollerg.

Uwe Kemper hilft auf der Strecke zwischen Brunskappel und Siedlinghausen Kröten sicher über die Straße.
Uwe Kemper hilft auf der Strecke zwischen Brunskappel und Siedlinghausen Kröten sicher über die Straße. © Jutta Klute | Jutta Klute

Zwei Mal täglich auf Kontroll-Tour

Schon morgens früh um sechs ist Uwe Kemper auf der etwa 1,5 Kilometer langen Strecke an der Landstraße unterwegs; nachmittags erfolgt die zweite Kontrolle der Eimer. Sie sind mit Laub ausgelegt, um den Amphibien eine möglichst artgerechte Wartezeit zu bieten. „Es ist sehr wichtig, dass man wirklich zweimal täglich alle Eimer kontrolliert“, erklärt der ehrenamtliche Helfer. Denn: Allein kommen die Kröten nicht aus den Gefäßen heraus. Sie würden darin verenden, wenn ihnen niemand zur Hilfe käme.

Deshalb haben die beiden die Arbeit untereinander aufgeteilt. Yvonne Dollberg ist vor allem an den Wochenenden und in den Osterferien im Einsatz, Uwe Kemper in der Woche. So stellen sie sicher, dass die Tiere zwei Mal pro Tag sicher über die Straße kommen. Und natürlich auch wieder zurück. „Die Romanze hält nur kurze Zeit, den Rückweg tritt dann jeder allein an“, lacht Yvonne Dollberg.

Rückmeldung an den HSK

Sie berichtet, dass sich das Hilfs-Projekt etwa über einen Zeitraum von sechs Wochen erstreckt. Ihr Kollege ergänzt: Ideal seien für die Amphibien milde Temperaturen von etwa fünf bis sechs Grad und feuchte Witterung. An einem solchen Tag helfen die beiden bis zu 180 Tieren. In diesem Jahr hat der große Ansturm auf den kleinen Stausee noch nicht eingesetzt. Doch die Amphibienhelfer sind sicher, dass es richtig losgeht, sobald es Regen gibt.

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Ist die Saison beendet, gibt der Niedersfelder eine Rückmeldung an die Untere Landschaftsbehörde des Hochsauerlandkreises. Seine Erfahrung: Zwei Drittel der Tiere sind Kröten, aber immer wieder auch dabei sind Frösche und auch einige Molche. Da kommen insgesamt bis zu 1300 Amphibien zusammen, für die das alljährliche Liebesabenteuer am Ende definitiv gut ausgeht.